Plus 70 Prozent beim Ordereingang, gut die Hälfte mehr Umsatz, fast 80 Prozent Zuwachs beim operativen Gewinn - die Neunmonatszahlen des Biopharmazulieferers und Laborausrüsters Sartorius Ende Oktober überzeugten. Doch Joachim Kreuzburg bleibt auch angesichts glänzender Ergebnisse lieber etwas zurückhaltend. "2021 ist kein normales Jahr", sagt der Sartorius-Chef im Gespräch mit €uro am Sonntag.

Corona und Lieferengpässe seien auch Gründe, weshalb die Kunden der Göttinger gerade so intensiv bestellten. Biopharmaindustrie und medizinische Labore arbeiten auf Hochtouren, testen Tausende auf das Virus oder produzieren Impfstoffe in Massen. Rund 20 Prozentpunkte des Wachstums, rechnet Kreuzburg vor, seien pandemiebedingt. Übernahmen, zuletzt im Segment der Bioanalytik, kämen hinzu, aber auch das Basisgeschäft sei mit rund 30 Prozent außerordentlich stark gewachsen.

Der Neuling ist damit eines der dynamischsten Unternehmen im DAX. Expansion ist für die Göttinger dabei der Normalzustand. 2021 stellte der 1870 gegründete Konzern, der mit Präzisionswaagen groß wurde, über 2.300 Mitarbeiter ein. 13.000 arbeiten an etwa 60 Standorten in 30 Ländern weltweit. In Europa, der größten Region, aber auch in Amerika und Asien wächst das Geschäft rasant. Von 2010 bis 2020 kletterte der Umsatz von 660 Millionen auf gut 2,3 Milliarden Euro. Und Aktionäre machten binnen zehn Jahren aus 1.000 rund 70.000 Euro Kapital.

Beeindruckende Zahlen. Eine große Rolle spielt dabei die Gelegenheit, die Chef Kreuzburg 2019 beim Schopf packte. Die Niedersachsen erwarben damals große Teile des Biopharma- und Bioanalytik-Portfolios des US-Mischkonzerns Danaher. 750 Millionen Euro investierte Sartorius auf einen Schlag. Der Grund: Die Biopharmazie, die Impfstoffe sowie Arzneien gegen Krebs und andere Krankheiten entwickelt, gilt mit hohen einstelligen Zuwachsraten pro Jahr als wachstumsträchtigster Pharmabereich.

Die Perspektiven bleiben ausgezeichnet. "Die Biopharmazie wird von zahlreichen Innovationen beflügelt, der Fortschritt ist enorm. Zudem vergeht von der Forschung bis zum marktfähigen Produkt immer weniger Zeit. Das schlägt sich bei uns in hoher Nachfrage nieder", sagt Kreuzburg. In sogenannten Bioreaktoren von Sartorius werden etwa Zellkulturen gezüchtet, die Basis fast aller Biopharmazeutika. Sartorius war eines der ersten Unternehmen, das sich auf Einmalbehälter, sogenannte Bags, spezialisierte, die aufwendige Reinigung wie bei Edelstahlgefäßen obsolet machen.

Rund 80 Prozent des Konzernumsatzes liefert der Bereich Bioprocess Solutions, kurz BPS, er brachte zuletzt knapp 37 Prozent operative Marge (Ebitda). Die Laborausrüstungen der LPS (Labor Products and Services) sind mit 26 Prozent zwar nicht ganz so profitabel. Kreuzburg sieht hier aber großes Potenzial, insbesondere in der Bioanalytik. Pharmakunden analysieren zum Beispiel Wirkstoffkandidaten mit Sartorius-Ausrüstung. Einige Zukäufe unternahmen die Göttinger jüngst in der Bioanalytik, weitere dürften folgen. "Bei gleicher Größe kann LPS genauso profitabel wie BPS werden, die Bruttomargen liegen auf vergleichbarem Niveau", sagt der Chef.

Vorsichtige Prognose

Beim Blick nach vorn ist der studierte Maschinenbauer, der in Wirtschaftswissenschaften promovierte und 2005 an die Sartorius-Spitze aufstieg, dennoch vorsichtig. Fünf Milliarden Euro Umsatz erwartet Kreuzburg 2025. Da das Geschäft im laufenden Jahr um 45 Prozent zulegen soll, errechnen sich hieraus von 2022 bis 2025 im Schnitt rund zehn Prozent Umsatzplus. Ein moderateres Tempo, das sich auch in den Analystenschätzungen widerspiegelt. "Wir sehen 2021 Vorzieheffekte, weil Kunden auch wegen Lieferengpässen deutlich mehr und früher ordern", sagt Kreuzburg. Und ergänzt: "Unser Geschäft wächst nachhaltig. Wenn wir feststellen, dass wir die Mittelfristprognose anpassen müssen, werden wir das tun."

Nächste Woche: Symrise
 


INVESTOR-INFO

Sartorius Vz.

Biopharma-Boom treibt

Der Pharmaausrüster hat sich auf die boomende Biopharmaziebranche spezialisiert. Corona und Vorzieheffekte sind weitere Umsatztreiber. Nach dem Boomjahr 2021, in dem der Umsatz um rund 45 Prozent auf etwa 3,4 Milliarden Euro ansteigen soll, dürfte das Wachstumstempo spürbar nachlassen. Analysten rechnen für 2022 mit knapp zehn Prozent Plus. Der Langfristtrend bleibt klar positiv. An schwächeren Tagen kaufen.

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Kursziel: 650,00 Euro
Stoppkurs: 449,00 Euro