Der Göttinger Laborausrüster hat die typische Achterbahnfahrt des Pandemie-Gewinners hinter sich: Als sie entdeckten, dass die Produkte von Sartorius unter anderem beim Hochskalieren der Impfstoffproduktion auf Massenmaßstab eine wichtige Rolle spielen, zogen begeisterte Anleger den Aktienkurs in schwindelerregende Höhen. Doch mit dem Fortschritt der Impfkampagne, zunehmenden Lockerungen und nicht zuletzt einem für Wachstumsunternehmen herausfordernden Zins- und Inflationsumfeld büßte der Dauergewinner seinen Nimbus ein. Von ihrem Ende 2021 erreichten Allzeithoch hat die Aktie von Sartorius inzwischen rund ein Drittel an Wert verloren.
Umsatzplus von 50 Prozent
Für Anbieter bietet das Chancen, schließlich konnte das operative Geschäft zuletzt überzeugen. Noch wichtiger: Der Ausblick zeigt, dass Sartorius auch ohne Corona-Sondereffekte kräftig wachsen kann.
Sartorius erzielte 2021 ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von fast 50 Prozent, rund fünf Prozentpunkte davon gingen auf Akquisitionen zurück. Genau wie der Aktienkurs erlebte auch das operative Geschäft im vergangenen Jahr einen Sondereffekt durch die Pandemie: Der Vorstandsvorsitzende Joachim Kreuzburg führte rund 20 Prozentpunkte des Wachstums auf Pandemie-Effekte zurück. Auf der Jahreshauptversammlung sprach der CEO zu Recht von einem intensiven, aber ausgesprochen erfolgreichen Jahr.
Zu diesem trugen die zwei Geschäftsbereiche des Unternehmens unterschiedlich stark bei. Die Sparte Bioprocess Solutions (BPS) legte mit einem währungsbereinigten Umsatzplus von fast 55 Prozent deutlich zu. Sie umfasst das Produktportfolio für die Herstellung von Biopharmazeutika, dazu zählen beispielsweise Medien für Zellkulturen, Bioreaktoren sowie Lösungen zur Separation, Reinigung und Lagerung von biologischen Produkten. BPS ist zentraler Umsatztreiber bei Sartorius, im vergangenen Geschäftsjahr trug die Sparte etwa 79 Prozent zum Konzernumsatz bei und lieferte höhere Margen.
Deutlich höhere Margen
Der zweite Geschäftsbereich Lab Products & Services (LPS) erlöst entsprechend deutlich weniger. Umsatzseitig legte dieser dennoch um 32 Prozent zu. Die Sparte bündelt die Angebote an Labore und Forschungseinrichtungen. Zu diesen gehören zum Beispiel Lösungen zur Bioanalytik, aber auch die passende Ausstattung wie Laborwaagen oder Pipetten sowie Serviceleistungen.
Mit beiden Geschäftsbereichen will Sartorius weiter wachsen und strebt für das laufende Jahr ausgehend von den 3,45 Milliarden Euro aus 2021 ein Umsatzwachstum von 15 bis 19 Prozent an. Dabei rechnet das Unternehmen wie schon im Vorjahr mit Umsätzen aus pandemiebedingten Geschäften von rund 500 Millionen Euro.
Neben dem Umsatz stiegen auch die Margen bei den Göttingern zuletzt stärker als erwartet. Die Ebitda-Marge stieg 2021 auf rund 34 Prozent, ein Jahr zuvor lag diese noch unter 30 Prozent. Vorstandschef Kreuzburg weiß um die Besonderheit dieses Anstiegs, man habe in den zwei Jahren Margenanstiege gesehen, die sonst in vier Jahren erreicht worden wären. Entsprechend fällt die Zielsetzung für das laufende Geschäftsjahr vorsichtiger aus, die Ebitda-Marge soll etwa auf dem hohen Vorjahresniveau verbleiben.
Beim wichtigen Bereich der Bioprocess Solutions werden bei Umsatz und Ebitda-Marge jeweils höhere Zuwächse erwartet, wohingegen der Sparte Lab Products &Services mit sechs bis zehn Prozent Zuwachs ein deutlich niedrigerer Umsatzanstieg zugetraut wird.
Um die eigenen Wachstumsziele zu erreichen, richtet Sartorius seinen Fokus vor allem auf die USA und Asien. Kreuzburg sieht in den USA den "innovativsten Markt", während Asien ein hohes Wachstum aufweist. Besonders China entwickle sich zum Biopharma-Standort. Entsprechend will Sartorius in wichtigen Märkten seine Vertriebs- und Servicekapazitäten gezielt verstärken und lokale Produktionsnetzwerke ausbauen.
Serie von Akquisitionen
Neben organischen Zugewinnen spielen Zukäufe bei den Göttingern weiter eine wichtige Rolle. 2021 trugen Akquisitionen rund fünf Prozentpunkte zum Konzernwachstum bei. Im vergangenen Jahr übernahm Sartorius die Mehrheit am Freiburger Reagenzienhersteller CellGenix und akquirierte das Bielefelder Unternehmen Xell, einen Spezialisten für Zellkulturmedien. Die beiden Übernahmen stärkten das Unternehmen in den Bereichen Zell- und Gentherapien sowie Impfstoffe. Anfang 2022 erweiterte Sartorius das Bioanalytik- Portfolio mit dem Jenaer Labortechnologieunternehmen ALS Automated Lab Solutions. Aus dem Ausland kam das Chromatografie-Geschäft der französischen Novasep dazu. Zukäufe sollen im laufenden Geschäftsjahr etwa zwei Prozent nichtorganisches Wachstum beitragen.
Mit eigenem Wachstum und strategischen Zukäufen richtet sich der Konzern auch für die Erfüllung der mittelfristigen Ziele aus: Für den Zeitraum 2015 bis 2025 strebt das Unternehmen eine Verdopplung der Umsätze etwa alle fünf Jahre an, dafür bedarf es eines durchschnittlichen Wachstums von rund 15 Prozent im Jahr.
Das Konzernziel für das Jahr 2025 sieht einen Umsatz von fünf Milliarden Euro vor, der Großteil soll mit 3,8 Milliarden Euro aus dem Geschäftsbereich Bioprocess- Solutions stammen. Diese mittelfristigen Zielsetzungen gehen von keinem weiteren pandemiebedingten Geschäft aus. Bei der Profitabilität soll sich dagegen wenig tun, die Ebitda-Marge wird mit rund 34 Prozent etwa auf aktuellem Niveau erwartet.
Chance: Angesichts der Wachstumsperspektiven bietet das aktuelle Kursniveau eine attraktive Gelegenheit für langfristige Anlege.
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Kursziel: 470,00 Euro
Stoppkurs: 325,00 Euro