Die Aktien von Schaeffler stürzten am frühen Nachmittag um 10,67 Prozent auf 12,81 Euro ab. In der ersten Schockwelle zu Handelsbeginn fiel Schaeffler sogar um fast 14 Prozent. Ebenso unter die Räder kamen die Branchenkollegen Continental und Leoni, die zuletzt um gut 3 Prozent beziehungsweise gut 2,7 Prozent nachgaben.
Europaweit wurden am Morgen auch die Aktien des französischen Unternehmens Faurecia und die der britischen GKN besonders deutlich nach unten gezogen. Der Stoxx 600 Automobiles & Parts war zeitweise der schwächste Sektor in Europa. Die Autohersteller hielten sich dabei noch vergleichsweise gut.
PREISDRUCK RÜCKT NUN BEI ALLEN ZULIEFERERN IN VORDERGRUND
Nach Meinung von Analyst Ashik Kurian von Jefferies werden die aktuellen Konsensschätzungen für Schaeffler für den Gewinn vor Zinsen und Steuern zwischen vier und zwölf Prozent reduziert. Das Thema Preisdruck werde nun bei allen Autozulieferern bei den nächsten Kapitalmarkt-Veranstaltungen in den Fokus rücken.
Schaeffler hatte am Montagabend die Ergebnisprognose für das laufende Jahr wegen einer deutlich schwächeren Entwicklung im zweiten Quartal gesenkt. Die operative Marge (Ebit-Marge) vor Sondereffekten dürfte 2017 bei 11 bis 12 Prozent liegen, teilte der Konzern nach Börsenschluss mit. Bisher hatte Schaeffler 12 bis 13 Prozent angepeilt. Der freie Mittelzufluss dürfte zudem nicht bei rund 600 Millionen, sondern nur bei 500 Millionen Euro liegen. Die Umsatzprognose für 2017 bestätigte Schaeffler. Dieser dürfte währungsbereinigt weiterhin um 4 bis 5 Prozent wachsen.
SPARTE AUTOMOTIVE-ERSTAUSRÜSTER IST SORGENKIND
Die zuletzt schwächelnde Industriesparte, die bereits im ersten Quartal zulegen konnte, habe sich im zweiten Quartal erwartungsgemäß entwickelt. Das aktuelle Sorgenkind ist das Automotive-Erstausrüstungsgeschäft: Hier führten erhöhter Preisdruck bei gleichzeitig zunehmenden Kosten für Neuanläufe zu Belastungen. Zudem seien höhere Entwicklungsaufwendungen und Vorleistungen aufgrund zusätzlicher Projekte im Bereich der E-Mobilität angefallen. Es sei darüber hinaus zu temporären Lieferengpässen gekommen. Bereits mit den Zahlen zum ersten Quartal hatte Schaeffler über einen unerwarteten Rückgang der Auto-Rendite berichtet.
Aus heutiger Sicht seien für die ersten sechs Monate 2017 ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von rund 4 Prozent und eine Ebit-Marge vor Sondereffekten von rund 11 Prozent zu erwarten, hieß es weiter. Im ersten Quartal wies Schaeffler noch eine bereinigte Rendite von 13,1 Prozent aus. Schaeffler werde Mitte Juli über die vorläufigen Ergebnisse des ersten Halbjahres berichten.
Auf der Telefonkonferenz für Analysten erklärte sich das Unternehmen am Montag genauer. Nach Angaben der Experten der LBBW habe Unternehmenschef Klaus Rosenfeld zum Preisdruck gesagt, dass dies an sich nichts neues sei. Es sei Schaeffler nur nicht gelungen, im Gegenzug für entsprechende Kompensation auf der Kostenseite zu sorgen. Dies wolle das Unternehmen nun in der zweiten Jahreshälfte erreichen. Bei den genannten Lieferausfällen im margenstarken Ersatzteil-Geschäft verwies Schaeffler laut LBBW auf Schwierigkeiten in einem von Dritten betriebenen neuen Logistikcenter.
CONTI: PREISDRUCK HAT NICHT ÜBERPROPORTIONAL ZUGENOMMEN
Der Reifenhersteller und Autozulieferer Continental teilte auf Anfrage mit, der Preisdruck sei nicht überproportional gestiegen. Beim Licht- und Elektronikspezialisten Hella hieß es, bei dem seit Jahren hohen Preisdruck habe man in den letzten Monaten keine Veränderung festgestellt.
Schaeffler mit Sitz in Herzogenaurach bei Nürnberg beschäftigt in Deutschland rund 30 000 Mitarbeiter und baut vor allem Teile für Motoren, Getriebe und Fahrwerke. Daneben produziert die Firma Wälzlager für die Industrie. Gut 75 Prozent der Aktien gehören der Familie Schaeffler. Die Dachgesellschaft Schaeffler Holding ist auch Hauptaktionärin von Continental.
dpa-AFX