Schaltbau nimmt zunehmen Fahrt auf. Jüngst stellte der Münchner Spezialist für Bahntechnik eine ambitionierte Agenda für Wachstum und die Weiterentwicklung des Traditionsunternehmens bis 2026 vor. So soll der Umsatz mit jährlichen Steigerungen von durchschnittlich acht Prozent während der nächsten fünf Jahre von 502 Millionen Euro für 2020 auf 750 bis 800 Millionen Euro zulegen.
Schaltbaus Börsenwert im Prime Standard der Deutschen Börse entspricht rund 60 Prozent des Umsatzes für 2020. Seit Oktober legte die Aktie um etwa 45 Prozent zu. Bleibt Schaltbau bei seinen Zielen auf Kurs, sollte sich dieser Trend fortsetzen.
Die jahrzehntelange Erfahrung mit Gleichstrom ist für den Hersteller von elektromechanischen Komponenten für Züge im Fern- und Nahverkehr, für U- und S-Bahnen sowie von Signaltechnik zur Steuerung und Ortung der Züge auch der Schlüssel in neue, zusätzliche Märkte. Denn Gleichstrom fließt auch durch die Komponenten, die in der nächsten Generation von Batteriepacks im Premiumsegment von Elektroautos eingesetzt werden, ebenso wie in E-Fahrzeugen in kommunalen Betrieben, in stationären Ladestationen sowie in Anlagen für Solar- und Windenergie.
Auch die Kompetenz der Münchner für robuste Schalter, die hohe Ströme und große Temperaturschwankungen zuverlässig meistern, sowie entsprechendes Zubehör ist ein Wettbewerbsvorteil: "Die Produkte asiatischer Wettbewerber sind bisher nicht auch für höhere Ströme ausgelegt, sie sind weniger robust und ihre Energieeffizienz ist geringer", sagt Chef Jürgen Brandes im Gespräch mit €uro am Sonntag.
Traditionelle Konkurrenten der Bayern aus der Bahntechnik seien in den Märkten für erneuerbare Energien, Schnellladetechnik und Energiespeicherung nicht präsent, berichtet der promovierte Ingenieur.
Wachstum in neuen Märkten
Brandes führt Schaltbau offiziell seit Jahresbeginn. Zusammen mit Finanzvorstand Steffen Munz, der vom Batteriespezialisten Varta nach München wechselte, will Brandes Schaltbau bis 2026 deutlich profitabler aufstellen. "Der Fokus liegt nicht nur auf Wachstum, sondern vor allem auf der Verbesserung der Profitabilität, der Kapitalrendite sowie der Mittelzuflüsse aus dem Geschäft, um das zukünftige Wachstum zu finanzieren", sagt Finanzvorstand Munz. Das Produktspektrum, die Logistik und das Netzwerk an Lieferanten sollen optimiert und die Wertschöpfung erweitert werden. Die operative Rendite (Ebit) von 4,3 Prozent im Jahr 2020 soll 2026 "prozentual hoch einstellig" sein. Die Erlöse aus den neuen Märkten sollen dann 40 Prozent des Gesamtumsatzes liefern. Aktuell machen die Bayern 32 Prozent des Geschäfts außerhalb der Bahntechnik.
Schaltbau will aus eigener Kraft zulegen. Zum Beispiel mit Komponenten für Batteriemanagementsysteme in Elektroautos. Die nächste Batteriegeneration für Premiumautos mit Elektroantrieb werde für die Schnellladetechnik optimiert sein und aus einzelnen Packs bestehen, erläutert Ingenieur Brandes.
Bis zu 100 Euro pro E-Auto
Dafür werden im Batteriemanagement mehrere elektromechanische Schalter für Gleichstrom, sogenannte Schütze, verbaut. Der Wertanteil für diese Komponenten kann bis zu 100 Euro pro E-Auto betragen. Aktuell laufen die Qualifizierungen der Schaltbau-Komponenten für die verschiedenen Plattformen der Autohersteller. Die ersten nennenswerten Umsätze im Bereich E-Mobility Automotive erwartet Schaltbau frühestens ab 2024.
Die neue, weitgehend automatisierte Schaltbau-Fabrik Nextfactory im niederbayrischen Velden an der Vils, die voraussichtlich im Herbst 2022 die Produktion startet, läuft dann auf Hochtouren. Nextfactory soll Schaltbaus Erlöse mit Komponenten von 160 Millionen Euro bis 2026 nahezu verdoppeln.
Die Finanzierung des Standorts wurde mit der Kapitalerhöhung im Februar, die 60 Millionen Euro brachte, abgesichert. Die Fertigungstechnologie soll dem Digitalisierungsstandard Industrie 4.0 entsprechen. Die Fabrik soll auch den Nutzen von Schaltbaus Technologie demonstrieren. Die benötigte Energie und die Wärme werden deshalb mit Solarzellen, Kraft-Wärme-Kopplung und Stromspeichern weitgehend selbst erzeugt.
Antrieb: Seit Ende Oktober hat
die Aktie fast 50 Prozent zugelegt. Der Widerstand bei 35 Euro
sollte bald überwunden sein.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 43,00 Euro
Stoppkurs: 26,00 Euro