Mit Diäten und Schönheitskuren kennen sich die Beiersdorf-Manager vermutlich aus. Kein Wunder, dass der Kosmetikkonzern eines der ersten Unternehmen war, die die eigenen Quartalsreports verschlankt haben. Auf drei Seiten wird die Umsatzentwicklung im ersten Quartal dargestellt, aufgesplittet nach "Regionen", "Consumer-Bereich" und "tesa". Über den Gewinn und das operative Ergebnis macht Beiersdorf keine Angaben.

Damit setzt Beiersdorf radikal die neue Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse um. Demnach müssen die börsennotierten Firmen künftig keine ausführlichen Berichte mehr veröffentlichen, sondern nur noch dünne Mitteilungen zum ersten und dritten Quartal. Die Quartalsmitteilungen müssen lediglich Informationen enthalten, die darlegen, "wie sich die Geschäftstätigkeit des Emittenten im Mitteilungszeitraum entwickelt hat", heißt es bei der Deutschen Börse.

Weder eine Bilanz noch eine Gewinn- und Verlustrechnung sind nötig. Theoretisch reichen für die Quartalsmitteilungen Angaben zum Umsatz und Auftragseingang. "Künftig gibt es keine Quartalsfinanzberichtspflicht mehr, sondern nur noch Wahlrechte", sagt Professor Dirk Schiereck von der Technischen Universität Darmstadt. Für Firmen aus dem Prime Standard besteht nur noch die Pflicht, einen Halbjahresbericht und den Jahresabschluss vorzulegen. Im weniger streng regulierten General Standard sind nicht einmal mehr Quartalsmitteilungen vorgeschrieben.

Noch sind die Unternehmen recht zaghaft bei der Umsetzung der neuen Börsenregeln. Laut einer Umfrage des Deutschen Investor-Relations-Kreises (DIRK) haben bislang erst 40 Prozent der börsennotierten Firmen auf Quartalsmitteilungen umgestellt. Im DAX lag der Anteil im ersten Quartal sogar lediglich bei 24 Prozent - nur jeder vierte Konzern entschied sich also für eine Mitteilung statt eines Berichts. Weitaus größer waren die Veränderungen im TecDAX. Dort wählte im ersten Quartal über die Hälfte der Firmen (54 Prozent) die neue Form der Quartalsmitteilung.

Am meisten hat sich in optischer Hinsicht getan. "Der Umfang der Berichte ist um durchschnittlich 29 Prozent gesunken", erklärte Experte Schiereck auf der Jahrestagung des DIRK in Frankfurt. Am meisten speckte die Allianz ab. Der Versicherungsriese verzichtete weitgehend auf Diagramme und Tabellen und beschränkte sich auf sechs Seiten. "Der Umfang schrumpfte um 94 Prozent", so Schiereck. SAP hat ebenfalls vom Quartalsfinanzbericht auf eine Mitteilung umgestellt und den Umfang deutlich reduziert, aber keine Zahlen weggelassen.

Neue Formate für mehr Verständlichkeit



Auf seiner Jahrestagung berichtete der DIRK über ganz neue Formate beim Quartalsreporting. So präsentierte das Photovoltaikunternehmen Phoenix Solar seine jüngste Quartalsmitteilung im Magazinformat - mit vielen Grafiken, verkürzter Bilanz sowie der Erläuterung von besonderen Ereignissen und Daten. Der verstärkte Einsatz von Grafiken führe "zu einer höheren Informationsdichte bei geringerem Aufwand", begründet Investor-Relations-Chef Joachim Fleïng die Umstellung. Das Format solle dem Kapitalmarkt helfen, Phoenix besser zu verstehen. Einen anderen Weg ging Osram. Der Leuchtmittelspezialist aus dem MDAX veröffentlichte seinen Quartalsbericht in Form von Folien als Powerpoint-Präsentation. Damit orientierte sich Osram ganz an den Bedürfnissen der Investoren.

Noch sind Beiersdorf, Allianz, Osram und Phoenix Solar eher die Ausnahmen. Aber die meisten Investor-Relations-Experten wie Kay Bommer, Geschäftsführer des DIRK, sind überzeugt, dass die Zahl der Firmen zunehmen wird, die ihre Berichterstattung reformieren und auf Quartalsmitteilungen umstellen. "Noch warten viele ab."

Viele Unternehmen müssten mit der neuen Freiheit erst noch umzugehen lernen, meint Schiereck. Laut einer gemeinsamen Studie der Unternehmensberatung EY (früher Ernst & Young) und DIRK will gut die Hälfte der börsennotierten Firmen ihr Quartalsreporting ändern. Die meisten Aktionäre und Analysten können mit den abgespeckten Quartalsmitteilungen leben. Die ausführlichen Zahlen zum Halbjahr und zum Jahresabschluss würden reichen, sagen viele. Bei den Aktionären stammt die Mehrheit aus dem Ausland. "Die sind ohnehin andere Formate gewöhnt", sagt Schiereck.

Die Aktionärsschützer begrüßen ebenfalls die Verschlankung der Berichte, warnen aber vor einem Verzicht auf wichtige Kennzahlen. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fordert die Unternehmen auf, weiterhin eine Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen. Anleger brauchten Grundinformationen.

Tatsächlich dürfte für viele Privatanleger die Revolution in der Quartalsberichterstattung eher Vor- als Nachteile bringen. Die abgespeckten Quartalsberichte sind lesbarer und optisch anregender als die bisherigen dicken Berichte. Wer liest denn schon 60-seitige Quartalswälzer? Weniger ist mehr!