Das Projekt steht exemplarisch für die Aufbruchstimmung im Öl- und Gassektor. In den vergangenen Jahren zwang der dramatische Ausverkauf beim wichtigsten Energieträger die Branche mehr oder weniger dazu, sich neu zu erfinden. Die Multis stellten ihre Investitionspläne auf den Prüfstand, reduzierten die Kosten und konzentrierten sich auf lukrative Abbaustätten. Nachdem sich der Ölpreis erholt hat, laufen nicht nur die Förderpumpen wieder auf Hochtouren, auch der Gewinn- und Cashmotor des Sektors hat die Drehzahl deutlich erhöht.
Hohe Cashflows, üppige Dividenden
Das gilt auch und gerade für unseren Favoriten Total. Im zweiten Quartal förderte der französische Multi so viel Öl wie nie zuvor und verbuchte gleichzeitig einen Gewinnsprung von 44 Prozent. Mit 6,8 Milliarden Euro übertraf der operative Cashflow den Vorjahreswert um mehr als ein Fünftel. Trotz aller Erfolge hält Konzernchef Patrick Pouyanne am Sparkurs fest. Im Gesamtjahr sollen die Kosten um vier Milliarden Euro zurückgefahren werden. Auf diese Weise möchte Pouyanne den Break-even immer weiter drücken. Im zweiten Quartal hätte den Franzosen ein Ölpreis von weniger als 25 US-Dollar je Barrel gereicht, um sämtliche Ausgaben, abgesehen von der Dividende, zu decken. Tatsächlich notierte der Energieträger von April bis Juni bei durchschnittlich 74 Dollar je Fass.
Total bleibt also genügend Geld, um eine großzügige Ausschüttungspolitik zu verfolgen. Auf der einen Seite kauft das Unternehmen Aktien zurück, auf der anderen können sich die Anteilseigner auf stetig steigende Gewinnbeteiligungen verlassen: Seit mehr als drei Jahrzehnten hat Total die Ausschüttung nicht mehr gekürzt. Für 2018 bringt der Large Cap eine Dividendenrendite von 4,7 Prozent mit. Mit 5,3 Prozent fällt die Verzinsung bei Royal Dutch Shell noch üppiger aus. Obwohl der britisch-niederländische Konzern für das zweite Quartal ein Gewinnwachstum von 30 Prozent meldete, blieb er hinter den Erwartungen zurück.
Mit der Einlösung eines Versprechens half Unternehmenschef Ben van Beurden den Investoren über die Enttäuschung hinweg. Er kündigte den Start eines 25 Milliarden US-Dollar schweren Aktienrückkaufs an. Das Programm hatte Royal Dutch Shell 2016 im Zuge der Übernahme des Flüssiggasspezialisten BG Group in Aussicht gestellt. Um diesen Deal trotz der Krise am Ölmarkt zu stemmen, stieß van Beurden seither im großen Stil Vermögenswerte ab. Laut JP Morgan untermauern der Aktienrückkauf sowie der starke Cashflow im zweiten Quartal die herausragende Aktienrendite (Total Shareholder Return) von Royal Dutch Shell. Folgerichtig kürt das Analysehaus den europäischen Branchenkrösus zum Top Pick.
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Kursziel praktisch erreicht
Derweil ließ BP zuletzt mit einer Übernahme aufhorchen: Für umgerechnet neun Milliarden Euro kaufen die Briten die Schieferöl- und Gasaktivitäten des Bergbauriesen BHP Billiton. Durch den Deal weitet der Konzern seine inländischen Öl- und Gasreserven in den USA um mehr als die Hälfte aus. Da BP einen Bewertungsaufschlag gegenüber dem Sektor zeigt und zudem das von BÖRSE ONLINE (Ausgabe 6/2018) gesteckte Kursziel praktisch erreicht hat, stufen wir die Aktie dennoch auf "Beobachten" herab. Derweil spricht der Mix aus einem einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnis und einer Dividendenrendite von mehr als fünf Prozent dafür, dass Repsol den Ausbruch aus einem kurzfristigen Abwärtstrend schafft. Im zweiten Quartal hat der global aufgestellte spanische Branchenvertreter trotz eines Gewinnwachstums von 23 Prozent zwar die Erwartungen knapp verpasst, an der Zielsetzung für die Zeit bis 2020 ändert das allerdings nichts. Neben der Erhöhung der Ausschüttungen zählen dazu Investitionen in erneuerbare Energiequellen.
Übrigens: Anleger, die vor dem Kauf einzelner Aktien zurückscheuen, können sich via ETF diversifiziert positionieren. Ein ETF von Lyxor bildet den Stoxx Europe 600 Oil & Gas Index passiv ab.