Auf anderen Wegen" lautet ein melancholischer Abschiedsgesang von Andreas Bourani auf eine gescheiterte Liebe. Übertragen auf Schweden symbolisiert der Titel aber einen Aufbruch in eine verheißungsvolle Zukunft. Im Umgang mit dem Coronavirus setzten die Nordlichter nämlich anders als der Rest der Welt weniger auf harte Restriktionen, sondern vielmehr auf die Vernunft des Einzelnen. Laut dem dänischen Epidemiologen Kim Sneppen mit Erfolg: "Es gibt Anzeichen dafür, dass Schweden eine Art Immunität gegen die Krankheit erlangt hat", so der Wissenschaftler des Niels-Bohr-Instituts in Kopenhagen.

Ob das tatsächlich schon der Fall ist, wird sich zwar erst zeigen. Eines ist aber bereits heute gewiss: Der durchaus umstrittene Sonderweg der größten skandinavischen Nation zahlte sich bis dato aus, zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht. Das Bruttoinlandsprodukt brach im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal zwar um 8,6 Prozent ein, schnitt damit aber klar besser ab als die EU mit einem Minus von 11,7 Prozent.

Die robustere Wirtschaft sorgt an den Finanzmärkten für Optimismus. Der OMX Stockholm 30 konnte in diesem Jahr zahlreiche europäische Indizes hinter sich lassen. Auch wenn noch lange kein selbsttragender Aufschwung garantiert ist, sorgt eine anziehende Konjunktur außerhalb der Landesgrenzen für eine gute Stimmung. Ein wichtiger Punkt, denn die OMX-30-Mitglieder sind stark vom Geschäft im Ausland abhängig, insbesondere von dem in Europa. "Nur zwölf Prozent ihrer Umsätze erwirtschaften sie in Schweden", erklärt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank.

Die Regierung in Stockholm verlässt sich aber nicht nur auf das Ausland, sondern greift der heimischen Wirtschaft auch selbst unter die Arme. So hat Magdalena Andersson soeben ein milliardenschweres Konjunkturpaket angekündigt: "Die Wirtschaftspolitik geht in eine neue Phase", meint die Finanzministerin. Mit 105 Milliarden Kronen (rund 10,1 Milliarden Euro) sollen unter anderem Steuern gesenkt und Jobs geschaffen werden. Letzteres ist für eine positive Zukunfts­erwartung entscheidend, liegt die Arbeits­losenquote mit 9,4 Prozent doch klar über dem EU-Schnitt von 7,2 Prozent.

Noch Luft nach oben


Mehr staatliche Ausgaben sollen also für mehr private Ausgaben sorgen, wovon wiederum Unternehmen wie H & M profitieren. Auch wenn das Geschäft in der Heimat nur für knapp vier Prozent der weltweiten Umsätze verantwortlich ist, kommt die Entwicklung dem Moderiesen entgegen. Aktuell befindet sich der Konzern klar auf Turnaroundkurs und konnte im vergangenen Quartal bei Umsatz und Gewinn positiv überraschen. Aufgrund eines verbesserten Produktangebots, einer höheren Flexibilität in der Lieferkette sowie der digitalen Neuausrichtung sehen wir weiteres Erholungspotenzial.

Ebenso wie die H & M-Aktie sahen wir bei Ericsson in unserem vorangegangenen Länderreport zu Schweden (siehe Ausgabe 15/2020) eine Kaufchance. Der Titel gewann seither mehr als ein Viertel an Wert, das volle Potenzial ist aber längst noch nicht ausgeschöpft. Der Netzwerkausrüster profitiert besonders von dem derzeitigen Aufbau des neuen Mobilfunknetzes 5G. Diesbezüglich verstärkte sich Ericsson gerade mit der milliardenschweren Übernahme von Cradlepoint aussichtsreich. Der US-Konzern zielt mit seinen 5G-Routern und IoT-Gateways auf Unternehmensnetze ab.

Dieser Markt verspricht Potenzial: Das Analysehaus Fortune Business prognostiziert, dass bis 2022 knapp ein Viertel der IoT-Verbindungen in den USA auf 5G basieren werden. Im Jahr 2025 sollen es sogar 46 Prozent sein. Bestens entwickelt hat sich auch unsere dritte Empfehlung Spotify, dessen Kurs sich zwischenzeitlich gar verdoppelte. Die weltweite Nummer 1 im Musikstreaminggeschäft kam überraschend gut durch die Corona-Krise. Die Zahl der Abokunden legte von April bis Juni von 130 auf 138 Millionen zu, der Umsatz um 13 Prozent auf 1,89 Milliarden Euro. Das Wachstum soll anhalten: Denn dank neuer Angebote wie der jüngsten Podcastoffensive rechnet Spotify für Ende 2020 mit bis zu 153 Millionen Abokunden, zehn Prozent mehr als nach der ersten Jahreshälfte. Mit Hexagon und Getinge haben wir zwei neue potenzielle schwedische Kursraketen ausfindig gemacht. Erstgenanntem kommt das neue Konjunkturprogramm entgegen, denn dieses sieht die Förderung einer klimafreundlicheren Wirtschaft vor. Der Automatisierungsspezialist sorgt mit seinen smarten Produkten für ein Höchstmaß an Effizienz in der Industrie. Dass die Sensoren- und Softwarelösungen gefragt sind, lässt sich an den Geschäftszahlen ablesen. In dem von Covid-19 geprägten Quartal von April bis Juni wies Hexagon nur ein Umsatzminus von acht Prozent sowie einen Ergebnisrückgang von fünf Prozent aus.

Auf eine hoffnungsvolle Zukunft blickt Getinge. Der Konzern zählt zu den weltweit größten Herstellern von medizinischen Beatmungsgeräten, die wegen der Pandemie stark nachgefragt werden. Der operative Gewinn schoss im abgelaufenen Geschäftsviertel ums Doppelte empor. Auch von der Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen und -Medikamenten profitiert der Medizintechnikspezialist. Hier bietet er Geräte zur aseptischen Abfüllung von Ampullen.