Die Vorbilder heißen Dänemark und Norwegen: Nun werden auch in Schweden seit Ende September fast alle Corona-Beschränkungen aufgehoben. So sind jetzt auch wieder Veranstaltungen wie Fußballspiele und Konzerte ohne Besucherlimit möglich. Ebenso größere private Feiern. Auch die Empfehlung zum Arbeiten aus dem Homeoffice entfällt. Was bleibt, ist allein der Ratschlag, bei Krankheitssymptomen zu Hause zu bleiben und sich testen zu lassen.
Man macht also konsequent weiter mit dem relativ lockeren und durchaus erfolgreichen Kurs, der auf Empfehlungen und Eigenverantwortung der Bürger setzt. So gab es etwa nie eine allgemeine Pflicht für einen Mundschutz. Und jetzt sei der richtige Zeitpunkt für die Öffnung, findet Staatsepidemiologe Anders Tegnell: "Immer mehr Menschen sind geimpft und immer weniger liegen in Krankenhäusern." Wie in Deutschland sind rund 64 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Parallel zu diesen Beschlüssen wurde bekannt, dass es bei den regierenden Sozialdemokraten zu einem Führungswechsel kommt. Im November soll Finanzministerin Magdalena Andersson den amtierenden schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven an der Parteispitze ersetzen. Der hatte überraschend im August seinen Rückzug angekündigt. Dass sie auch das Ministerpräsidentenamt beerben wird, gilt als ausgemacht, auch wenn das Parlament noch zustimmen muss.
Wachstum, Wachstum, Wachstum
Der Wirtschaft hat Schwedens Sonderweg während der Pandemie jedenfalls nicht geschadet. 2020 schrumpfte die Wirtschaftsleistung nur um 2,8 Prozent. Für dieses Jahr rechnet die OECD mit einem Plus von vier Prozent, das schwedische National Institute of Economic Research geht sogar von 4,7 Prozent aus, der IWF ist mit 3,1 Prozent vorsichtiger.
Die positiven Prognosen zeigen sich auch an der Börse: Der Leitindex OMX Stockholm 30 ist seit dem Höhepunkt der Pandemie im Frühjahr 2020 stark gestiegen. Geprägt wird der Index neben dem Schwergewicht Astrazeneca vor allem von Industriewerten wie ABB und Atlascopco, die insgesamt 36 Prozent vom Index ausmachen, gefolgt von Finanzunternehmen wie Investor AB und Nordea Bank mit 20 Prozent. Alles in allem sind viele der Unternehmen exportorientiert und sollten vom weiteren Anstieg der weltweiten Konjunktur profitieren.
Positiv wirkt zudem, dass Schwedens Währungshüter an ihrer Nullzinspolitik festhalten, und zwar noch lange: Der Leitzins werde bis mindestens zum dritten Quartal 2024 bei null Prozent verharren, kündigte die Riksbank im September an.
Drei Favoriten aus drei Branchen
Interessant ist auch, dass Schweden nach Südkorea weltweit über das am besten ausgebaute Glasfasernetz verfügt. Drei Viertel der Schweden surfen mit Highspeed im Internet. Dazu passt, dass mit dem Netzwerkausrüster Ericsson ein Unternehmen aus diesem Bereich auch im Leitindex enthalten ist. Allerdings tritt die Aktie auf der Stelle. Beim Bau von 5G-Rechenzentren für die Datenübertragung sowie dem 5G-Antennennetz hat man es mit schwergewichtigen Konkurrenten wie Huawei aus China und Nokia aus Finnland zu tun. Immerhin ist inzwischen klar, dass chinesische Zulieferer im Fall der Rechenzentren in Deutschland aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht zum Zuge kommen. Vodafone etwa gab vor Kurzem einen Vertrag für das sogenannte Kernnetz mit Ericsson bekannt, die Laufzeit beträgt fünf Jahre.
Spannend bleibt auch Nordea Bank, einer der größten Finanzdienstleister in Nordeuropa und den baltischen Staaten. Neben den traditionellen Bankgeschäften bietet man auch Vermögensverwaltung und Versicherungen an. Nordea profitiert wie die Branche insgesamt von den Änderungen in der Zinslandschaft. Die Analysten gegen daher von steigenden Gewinnen bis 2024 aus. Nordea glänzt zudem mit einer Dividendenrendite von aktuell 4,3 Prozent. Ab dem vierten Quartal sind umfangreiche Aktienrückkäufe geplant, was sich positiv auf den Gewinn pro Aktie auswirkt. Und das nicht zu knapp. In einer Analyse der Berenberg Bank heißt es: "Die Rückkäufe entsprechen 4,5 Milliarden Euro an Kapital."
Gut läuft es auch bei Hennes & Mauritz. Zwischen Juni und Ende August konnte der Konzern mit Marken wie Arket, COS sowie &OtherStories das operative Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln. Der Quartalsgewinn legte nach Steuern um das 2,6-Fache zu. Ausschlaggebend war, dass die Produkte wieder mit weniger Rabatt verkauft werden können und H & M die Kosten besser im Griff hat. Zudem profitierte der Konzern von zusätzlichen Öffnungen seiner Geschäfte. Auch das Segment Online-Shopping wächst weiter.