Keine Frage, es gibt im Bereich der Small- und Mid-Caps genügend Werte auf dem heimischen Kurszettel, die eine attraktivere Kursentwicklung zeigen als die Papiere von Schweizer Electronic. Das vergangene Jahr war eine Nullnummer, die Aktien pendelten zwischen 17,50 bis 26 Euro und schlossen nahezu unverändert bei gut 20 Euro. Immerhin, im längerfristigen Zeithorizont seit Mitte 2013 hat sich der Kurs zeitweise mehr als verdoppelt. Grundsätzlich scheint die Börse aber das enorme Wachstumspotenzial noch längst nicht ausreichend eingepreist zu haben. Hier eröffnen sich für Anleger gute Möglichkeiten, sehr früh in einen Wachstumswert einzusteigen, bevor die Aktie mit einer Rally für Aufsehen sorgt.

Aufhorchen lässt bereits jetzt der Einstieg von Infineon. Wenn große Konzerne bei hochspezialisierten Nischenanbietern Anteile erwerben, sollten Anleger immer genau hinschauen. Aufgrund der hervorragenden Branchenkenntnisse erweisen sich die Beteiligungen nicht selten als cleverer Zukauf zu einem Zeitpunkt, wenn Investoren die langfristigen Wachstumsaussichten noch nicht richtig abschätzen können.

Mit der vor wenigen Wochen erfolgten Beteiligung über 9,4 Prozent baut Infineon die bereits seit Jahren bestehende Kooperation mit Schweizer Electronic weiter aus. "Die Systemgrenzen zwischen Leiterplatten und Halbleitern werden sich verändern und damit auch neue Geschäftsmodelle erfordern. Wir erwarten hier großes Wachstumspotenzial in einigen Jahren. Infineon ist bei Leistungshalbleitern technologisch führend und Schweizer führender Hersteller für Hochleistungs-Leiterplatten im Automobil- und Industriebereich. Dank ihrer hervorragenden Marktpositionen und guten Kundenbeziehungen passen unsere beiden Unternehmen sehr gut zusammen", fasste Marc Schweizer, Vorstandschef bei Schweizer Electronic, den Deal zusammen.

Auf Seite 2: Vorstoß in neue Dimensionen



Vorstoß in neue Dimensionen

Mit der strategischen Partnerschaft wollen beide Unternehmen vor allem im Bereich der Embedding-Lösungen vorankommen. In der Automobilbranche nimmt die Bedeutung von Elektronikbauteilen stetig zu. Elektronische Einparkhilfen, Spurwechselassistent oder Toter-Winkel-Assistent, adaptive Geschwindigkeitssteuerung sowie auch die laufenden Verbesserungen der Kraftstoffeffizienz und Neuentwicklungen wie hybride und elektronische Antriebssysteme sind nur einige Beispiele. Zugleich wird der Platz für den Einbau geringer, auch der Energieverbrauch sollte möglichst klein ausfallen. Sogenannte Embedding-Lösungen sind daher sehr gefragt. Anstelle der Bestückung durch Halbleiterchips nur an der Außenseite von Leiterplatten werden hier die Leistungshalbleiter in der Leiterplatte integriert. Dies weist eine Reihe von Vorteilen auf wie geringere Größe und verbesserte Kühlung, schreibt Montega-Analyst Thomas Umlauft.

Für die Schwaben könnten sich nun ganz neue Perspektiven eröffnen. Im dritten Quartal gingen bei Schweizer 28 Mio. Euro an Umsatz durch die Bücher, dabei entfielen 20,6 Mio. Euro und somit 74 Prozent auf Kunden aus dem Automobilbereich. Mit dem Halbleiterhersteller profitieren die Schwaben von der Expertise eines Global Players mit starker Innovationskraft, der die Forschung und Entwicklung weiter antreiben wird. Zugleich eröffnet der Deal auch neue Absatzmöglichkeiten für andere Lösungen, in denen Infineon bereist eine starke Markstellung besitzt. Über den DAX-Konzern könnte daher die Verwendung von Embedding-Lösungen massiv zunehmen. Dies sollte nicht nur die Konjunkturabhängigkeit des Leiterplattenspezialisten verringern, sondern auch die hohe Abhängigkeit von der zyklischen Automobilindustrie. Bereits jetzt bietet Schweizer als drittgrößter Leiterplattenproduzent in Europa hinter der Würth-Gruppe sowie AT&S aus Österreich sowohl Klein-, Mittel- als auch Großserien an. Allerdings wird noch etwas Zeit vergehen, bis sich der Infineon-Deal auch unter dem Strich auswirken wird. Kurzfristig ist nicht mit einem Beitrag zur Umsatz- und Ergebnisentwicklung zu rechnen. Nach Einschätzung von Montega wird "die Ausarbeitung eines Entwicklungsmodells und der genauen Rahmenbedingungen der Kommerzialisierung des fertigen Produkts noch etwa ein bis zwei Jahre in Anspruch nehmen."

Auf Seite 3: Clevere Kooperationen in Asien



Clevere Kooperationen in Asien

Bis das spezialisierte Zukunftsgeschäftsfeld Embedding durchstartet, wird die in Schramberg bei Freiburg angesiedelte Hightech-Schmiede von den Wachstumstechnologien Leistungselektronik und Systemkostenreduktion profitieren. Den Grundstein, um auch im Massenmarkt aktiv dabei zu sein, legte das Management bereits im vergangenen Jahr. Im April hat Schweizer einen exklusiven Vertrag über eine langfristige Kooperation in der Produktion von Hochfrequenz-Leiterplatten für den globalen Automotive- und Industriemarkt mit WUS aus China geschlossen. WUS ist seit Juli mit 4,5 Prozent an den Schwaben beteiligt. Zugleich wurde die Produktion in Vietnam hochgefahren, hier besteht ein Joint Venture mit Meiko Electronics. Wegen der niedrigen Löhne und damit auch geringen Produktionskosten erlangt Schweizer mit den asiatischen Partnern einen weiteren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Massenherstellern und kann hochwertige Leiterplatten zu günstigen Preisen den europäischen Kunden anbieten. Das Angebot der Schramber umfasst den gesamten Produktlebenszyklus vom Prototypen bis zur Großserie. Besser könnten die Aussichten kaum sein. Während der Fokus im Stammwerk auf eher hochmargigen Lösungen liegt, bedient Schweizer über die Kooperationspartner zugleich den Massenmarkt. Cross-Selling-Potenziale mit sich ergänzenden Produkten und Dienstleistungen und unter dem Strich geringere Umsatzschwankungen lassen berechtige Hoffnungen für die weitere Entwicklung aufkommen.

Bereits die Zahlen zum dritten Quartal zeigen, wohin die Reise gehen könnte. Der Anstieg der Auftragseingänge für die asiatischen Produktionskapazitäten entwickelt sich glänzend. Bis Ende September wurden Bestellungen von 11,1 Mio. Euro eingebucht, dies entspricht einer Steigerung von 98 Prozent. Im betrachteten Zeitraum erzielten die Schwaben über den asiatischen Partnerverbund mit 7,4 Mio. Euro Umsatz gut 50 Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch dank der soliden Bilanz ist der erfolgte Einstieg von Infineon gut nachvollziehbar. Anfang November präzisierte das Management seinen Ausblick mit einer Umsatzerwartung von 108 Mio. Euro, was einem Zuwachs von sieben Prozent gegenüber 2013 entspricht. Das Ebit dürfte auch wegen der Sonderbelastungen für den Produktionsanlauf in Vietnam im Bereich von neun bis zehn Mio. Euro liegen und würde eine Marge von 8,3 bis 9,3 Prozent erwarten lassen. Mittelfristig ist das Unternehmen auf einem guten Weg, auch zweistellige Gewinnmargen zu erzielen. Die endgültigen Zahlen werden für den 31. März erwartet. Spätestens ab dem zweiten Halbjahr dürften sich auch die asiatischen Kooperationen verstärkt positiv in der Bilanz niederschlagen. Börse Online siedelt das Kursziel bei 30 Euro an, Montega erwartet auf Sicht von zwölf Monaten Kurse von 29 Euro.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar".

www.index-radar.de