Raus aus der Masse, rein ins Rampenlicht: Mehr als 300 Aktien sind im geregelten Markt der Deutschen Börse notiert. Viele davon werden von Investoren ignoriert, weil sie zu klein sind. Sobald ein Unternehmen in die Indizes der DAX-Familie aufgenommen wird, steigt das Interesse schlagartig. Erste Station ist meist der SDAX. Die Bühne für die kleineren Unternehmen der Börsenwelt ist zugleich eine Inspiration für Anleger, die nach frischen Erfolgsgeschichten suchen.
Am 20. September steigen gleich sechs Unternehmen in den SDAX auf. Die Neulinge decken ein breites Themenspektrum ab: Onlinehandel, Halbleiter, Software, Wärmedämmung und Diagnostik. Der größte Aufsteiger ist mit mehr als fünf Milliarden Euro Marktkapitalisierung das Software-Unternehmen SUSE, der kleinste Zugang die Technologiefirma PVA Tepla. Die Redaktion stellt die Neuen, geordnet nach Börsenwert, detailliert vor.
SUSE (5,75 Mrd. €*)
Die Softwarefirma aus Nürnberg hat sich auf Anwendungen für das Betriebsprogramm Linux konzentriert. Zum Kundenstamm von SUSE (der Name steht für "Software- und System-Entwicklung") gehören unter anderem DAX-Konzerne wie BASF, Daimler und Siemens. Der größte Teil der Einnahmen wird über Abomodelle erzielt und ist darum vergleichsweise zuverlässig. Durch die Übernahme des US-Spezialisten Rancher Labs im vergangenen Jahr hat SUSE seine Stellung gestärkt. Das Wachstumspotenzial ist dank der Digitalisierung der Wirtschaftswelt groß. Im dritten Quartal stieg das bereinigte Ebitda bei SUSE um zehn Prozent auf 55 Millionen Dollar. Der Umsatz kletterte um rund ein Fünftel auf 151 Millionen Dollar und soll im Gesamtjahr in der oberen Hälfte einer Spanne von 550 bis 570 Millionen Dollar liegen. Diese Zahlen wurden an der Börse positiv aufgenommen.
Fazit: Ein gutes Unternehmen in einem aussichtsreichen Markt. Die Aktie hat weiter Potenzial. Kaufen
Synlab (4,50 Mrd. €*)
Eine präzise Diagnose ist wichtig, um erkrankten Menschen zu helfen. Der Diagnostikspezialist Synlab führt im Jahr rund 500 Millionen Tests durch: einfache Blutanalysen oder auch Gentests, mit denen die Krankheitsrisiken eines Patienten bestimmt werden können. Insgesamt hat Synlab in seinen 450 Laboren mehr als 5.000 verschiedene Tests im Angebot. Die wachsende und alternde Bevölkerung, aber auch der medizinische Fortschritt dürften das Geschäft antreiben. 2020 setzte Synlab 2,6 Milliarden Euro um. Die Pandemie hat einen deutlichen Schub gebracht. Der positive Umsatzeffekt dürfte bei rund 620 Millionen Euro gelegen haben. 2021 hat das Sondergeschäft wohl seinen Höhepunkt erreicht. Analysten gehen davon aus, dass der Gesamtgewinn - trotz eines weiter wachsenden Kerngeschäfts - zunächst sinken wird.
Fazit: Das Sondergeschäft der Pandemie lässt nach. Das dürfte die Aktie bremsen. Halten
About You (4,10 Mrd. €*)
Ein Bummel durch die Einkaufsstraße einer Großstadt, allerdings nicht in der Realität, sondern auf dem Smartphone: Das ist die Geschäftsidee des Online-Modehändlers About You. Das Angebot ist stark personalisiert, dadurch sollen Kunden auch für Produkte begeistert werden, nach denen sie nicht aktiv suchen. Die Hamburger bieten ihre IT-Plattform auch anderen Unternehmen an und haben damit ein lukratives zweites Standbein geschaffen. Marktführer Zalando ist beim Umsatz deutlich größer als About You. Das Wachstumspotenzial des Online-Modehandels ist aber groß genug, um mehrere Gewinner hervorzubringen. Analysten gehen laut Bloomberg-Daten davon aus, dass der Umsatz von About You in dem bis Ende Februar laufenden Geschäftsjahr 2025 auf mehr als vier Milliarden Euro steigt. Ein Jahr früher dürfte erstmals ein Nettogewinn anfallen.
Fazit: Nach der Pandemie werden Konsumenten wieder stärker in der realen Welt shoppen. Halten
Secunet (2,98 Mrd. €*)
Spezialisten wie Secunet Networks schützen IT-Systeme vor den Angriffen von Cyberkriminellen. Zu den Kunden der Techfirma aus Essen zählen Bundesministerien, mehr als 20 DAX-Konzerne und etliche internationale Organisationen. Die Technologie von Secunet ermöglicht es beispielsweise, Steuererklärungen sicher über das Internet an das Finanzamt zu übertragen. In der Pandemie hat Secunet zusätzliche Aufträge durch den Aufbau von Homeoffice-Arbeitsplätzen in Behörden und Unternehmen erhalten. Mehr als 90 Prozent der Umsätze erzielt die bereits 1997, also in der Frühphase des Internet, gegründete Firma in Deutschland. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Vorstand Umsatzerlöse um 330 Millionen Euro und einen operativen Gewinn (Ebit) um 59 Mio. Euro. Das dürfte eine vorsichtig kalkulierte Zielmarke sein.
Fazit: Die Sicherheit der IT-Systeme ist ein Megatrend, Secunet ein klarer Profiteur. Kaufen
Sto (1,45 Mrd. €*)
Einen Beitrag zum Klimaschutz will Sto leisten. Die Firma aus Stühlingen in Baden-Württemberg hilft, die Wärmedämmung von Gebäuden zu verbessern. Allein 2020 habe man mit seinen Produkten die CO2-Emmissionen um 20 Millionen Tonnen reduziert, rechnet Sto vor. Größte Geschäftsbereiche der Firma, die 1835 als Zement- und Kalkkraftwerk gegründet wurde, sind Fassadensysteme und Fassadenbeschichtungen. Staatliche Förderungen, aber auch große Trends wie das Wachstum der Großstädte mit steigendem Bedarf an Wohnraum treiben das Geschäft an. Knapp die Hälfte des Umsatzes wurde zuletzt in Deutschland erzielt. Für das laufende Geschäftsjahr strebt der Vorstand ein Umsatzwachstum von zehn Prozent auf 1,578 Milliarden Euro und eine Umsatzrendite von sechs bis sieben Prozent an. Bis zum Jahr 2025 soll das Volumen auf 2,1 Milliarden steigen, die Rendite auf zehn Prozent.
Fazit: Das Wachstumspotenzial vor allem im Ausland ist weiterhin groß, die Aktie nicht überteuert. Kaufen
PVA Tepla (0,77 Mrd. €*)
Die Technologiefirma aus Wettenberg in Hessen profitiert vor allem von der weltweit großen Nachfrage nach Halbleitern. PVA Tepla baut Spezialmaschinen für die Herstellung von Halbleitern, die Qualitätsprüfung von Wafern oder auch das Diffusionsschweißen. Wichtiger Kunde ist der Waferhersteller Siltronic. Das Kerngeschäft ist stark zyklisch, läuft derzeit aber erfolgreich: Die Auftragseingänge von PVA Tepla haben sich im ersten Halbjahr mehr als verdoppelt. Auch für die zweite Jahreshälfte sehe die Projektpipeline sehr vielversprechend aus, hieß es zuletzt aus dem Unternehmen. Für das laufende Geschäftsjahr stellt PVA Tepla einen Umsatz zwischen 140 bis 150 Millionen Euro und ein operatives Ergebnis (Ebitda) zwischen 18 und 20 Millionen Euro in Aussicht. Bis 2023 sollen daraus laut Analystenschätzung 239 beziehungsweise 41 Millionen werden.
Fazit: Die Halbleiterbranche ist zyklisch, derzeit spricht die Dynamik für weitere Kursgewinne. Kaufen
INVESTOR-INFO
Nebenwerte-Fonds
Lukrative Nische
Weil kleine Unternehmen von der Masse der Investoren ignoriert werden, bieten sich aktiven Fondsmanagern dort bessere Chancen auf überdurchschnittliche Rendite als bei den Schwergewichten. Ein gutes Gespür für Nebenwerte hat der Alpha Star Aktien A bewiesen (ISIN: LU 107 011 323 5, FondsNote 2), der als Top-Positionen zuletzt auch PVA Tepla und Secunet im Depot hatte. Ebenfalls gute Ergebnisse erzielt hat der Lupus alpha Smaller German Champions A (LU 012 923 309 3, FondsNote 2), der sich mit Titeln wie Gea Group und Hellofresh eher an den großen Nebenwerten orientiert.
Die Aufsteiger
Sechsfacher Nachschub
Drei der sechs SDAX-Aufsteiger - About You, SUSE und Synlab - sind erst in diesem Jahr an die Börse gegangen. Das andere Trio - PVA, Secunet und Sto - hat seinen Börsenwert über die vergangenen zwölf Monate kräftig gesteigert. Top-Performer ist mit mehr als 160 Prozent Kursplus in dieser Zeit PVA Tepla.