Bei den Quartalsberichten vieler US-Unternehmen steht ein Thema ganz oben auf der Agenda: Inflation. Weil zahlreiche Vorprodukte knapp sind, können Lieferanten aus vielen Branchen kräftige Preiserhöhungen durchsetzen, weshalb die Preiskomponente etlicher Einkaufsmanagerindizes für die US-Industrie in den vergangenen Monaten auf das höchste Niveau seit fast 13 Jahren geschossen ist. In Anspielung auf die andauernden Beteuerungen von Fed-Chef Jerome Powell, der deutliche Inflationsanstieg sei nur "vorübergehend", schrieben die Analysten der Bank of America zuletzt von "vorübergehender Hyperinflation".
Verantwortlich dafür und für die zunehmenden Inflationssorgen sind US-Regierung und Fed. Nachdem US-Präsident Joe Biden im März ein Konjunkturprogramm von 1,9 Billionen Dollar im Kongress durchgesetzt hatte, lässt er nun an einem Infrastrukturprogramm und einem Familienpaket arbeiten, womit innerhalb von bis zu zehn Jahren insgesamt rund vier Billionen Dollar in die Wirtschaft gepumpt werden sollen. Gleichzeitig kauft die Fed weiterhin massiv Anleihen. Die Folge: Die US-Geldmenge M2 steigt von einem Spitzenwert zum nächsten, und ist im März um 24,2 Prozent gewachsen - das lag in der Nähe des Rekordhochs.
Die Dollar-Schwemme belastet den Greenback und treibt im Gegenzug die Preise vieler Rohstoffe nach oben. Am stärksten sichtbar ist das am Holzpreis, der sich gegenüber dem Stand von vor einem Jahr mehr als vervierfacht hat und damit am Rekordhoch notiert. Für zusätzlichen Aufwärtsdruck sorgen die sehr niedrigen Hypothekenzinsen, wodurch die Immobilienbranche boomt. So waren die Neubaubeginne im März auf eine Jahresrate von 1,74 Millionen Einheiten nach oben geschossen, das war das höchste Niveau seit Juni 2006.
Häuser werden viel teurer
Laut dem Branchenverband der Hausbaufirmen NAHB ist durch den starken Anstieg der Holznotierungen der Preis eines neuen Einfamilienhauses in den vergangenen zwölf Monaten um knapp 36 000 Dollar teurer geworden. Das belastet zwar die Immobilienkäufer massiv, dafür sprudeln aber die Gewinne der führenden nordamerikanischen Holzproduzenten und Besitzer von Waldflächen wie Weyerhaeuser umso mehr.
Die Rekordfahrt beim Holzpreis dürfte weitergehen, weil neben den Neubaubeginnen auch die Baugenehmigungen stark steigen. Gleichzeitig sind die Häuser im Schnitt mit 42 Jahren so alt wie nie zuvor, weshalb es einen zunehmenden Bedarf an Renovierungen gibt. Auch wenn es mittelfristig zu einem Preisrückgang bei dem Rohstoff kommen sollte, dürften die künftigen Gewinne der Unternehmen weit über den Schätzungen der Analysten liegen, was für anhaltendes Aufwärtspotenzial bei den Papieren spricht und ihr KGV nur optisch hoch aussehen lässt.
Weyerhaeuser schichtet Portfolio um
Der Branchenriese Weyerhaeuser besitzt rund 4,5 Millionen Hektar an Waldflächen in den USA, bewirtschaftet zusätzliche Flächen in Kanada und hat 2020 Umsätze von 7,5 Milliarden Dollar erzielt. Angetrieben von kräftig gestiegenen Preisen für Holz und OSB-Platten hat Vorstandschef Devin W. Stockfish trotz der zwischenzeitlichen Kältewelle für das erste Quartal 2021 einen operativen Rekordgewinn vorgelegt. So ist der Erlös um 45 Prozent auf 2,5 Milliarden Dollar gestiegen. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) schoss um 166 Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar nach oben.
"Während das Jahr 2021 fortschreitet, erlebt der Wohnungsbau eine bemerkenswerte Dynamik, während die Nachfrage aus den Bereichen Umbau und Reparaturen sehr erfreulich bleibt", erklärt Stockfish. Er treibt den Konzernumbau voran, verkauft dazu Flächen mit einer niedrigen Profitabilität und steckt das Geld in welche mit hohen Margen. So hat der Unternehmenslenker zuletzt für 149 Millionen Dollar eine Waldfläche im Südwesten des Bundesstaates Alabama übernommen, um die dortigen Aktivitäten auszubauen. Einen Rekord beim operativen Profit hat auch der viel kleinere US-Wettbewerber PotlatchDeltic erwirtschaftet. Das Unternehmen hat rund 730 000 Hektar an Waldflächen und betreibt sieben Sägewerke, die Holz und Sperrholz produzieren.
PotlatchDeltic hat im ersten Quartal den Umsatz sogar um 70 Prozent auf 354,2 Millionen Dollar gesteigert. Bei einem Sprung des operativen Gewinns auf 195 Millionen Dollar kletterte die Marge auf prächtige 55 Prozent. Vorstandschef Eric Cremers betonte daraufhin, dass die Firma den höchsten Gewinnhebel im Verhältnis zum Holzpreis habe, weil die Preise von rund 75 Prozent des Absatzes an den Holzpreis gekoppelt seien. Ein Preisanstieg um zehn Dollar je 1000 Brett Fuß (2,36 Kubikmeter) treibe den operativen Gewinn um zwölf Millionen Dollar nach oben.
Ähnlich starke Wachstumsraten hat Canfor Corp. verbucht. Die kanadische Firma betreibt insgesamt 34 Holzsägewerke, die in praktisch gleichen Teilen auf den Westen Kanadas, den Süden der USA und Schweden verteilt sind, und verarbeitet vor allem Weichholz wie Fichte, Kiefer und Tanne. Zudem besitzt Canfor einen Anteil von 54,8 Prozent an der börsennotierten Tochter Canfor Pulp Products, die Zellstoff und Papier herstellt.
Im ersten Quartal stieg der Umsatz des Mutterkonzerns um 66 Prozent auf 1,9 Milliarden kanadische Dollar (1,3 Milliarden Euro). Das bereinigte Ebitda schoss auf 694,5 Millionen kanadische Dollar nach oben, das war fast eine Verzwölffachung gegenüber dem Vorjahr. Dadurch kletterte die operative Marge auf 35,8 Prozent.
Nutrien erhöht die Prognose
Ebenso gut wie für den Holzsektor stehen die Aussichten auch für den Bereich Landwirtschaft. Nachdem die Preise vieler Agrarrohstoffe, wie beispielsweise Mais, auf Mehrjahreshochs nach oben geschossen sind, wird es für Landwirte deutlich attraktiver, mehr anzubauen, was die Nachfrage nach Dünger und damit deren Preise nach oben treibt.
Daher hat der aus Kanada stammende weltweite Branchenprimus Nutrien im ersten Quartal bei einem Umsatzplus von elf Prozent auf 4,7 Milliarden US-Dollar das bereinigte Ebitda um 59 Prozent auf 806 Millionen Dollar gesteigert. Zudem hat sich der freie Cashflow mehr als verdoppelt auf 476 Millionen Dollar. Dabei waren die Cashkosten im Kalibereich um drei Dollar je Tonne auf 57 Dollar gesunken. Der neue Vorstandschef Mayo Schmidt hat die Prognose für das bereinigte Ebitda für das Gesamtjahr um 400 Millionen auf 4,4 bis 4,9 Milliarden Dollar angehoben, gegenüber 3,7 Milliarden für 2020. Jeweils rund ein Drittel davon sollen der Kali- und der Stickstoffbereich sowie das Einzelhandelsgeschäft, dessen größter Umsatzlieferant der Verkauf von Pflanzenschutzmitteln ist, beisteuern. Die Schätzung für den Gewinn je Aktie schraubte Schmidt entsprechend um 0,50 Dollar auf 2,55 bis 3,25 Dollar nach oben.
Der größte US-Düngerhersteller The Mosaic hat im ersten Quartal den Umsatz sogar um 28 Prozent auf 2,3 Milliarden Dollar gesteigert. Wachstumsmotor war das Phosphatgeschäft inklusive der Brasilien-Tochter Fertilizantes, die Mosaic im Januar 2018 vom Wettbewerber Vale gekauft hatte. Laut Mosaic-Chef Joc O’Rourke kommt sie schneller als geplant bei dem Ziel voran, 2022 einen zusätzlichen Ebitda-Beitrag von 200 Millionen Dollar zu liefern. Der Firmenlenker will im laufenden Quartal im Phosphatbereich eine Verbesserung der Gewinnmarge um fast 50 Dollar je Tonne gegenüber dem ersten Quartal realisieren, zudem soll es in der Kalisparte um 20 bis 30 Dollar je Tonne nach oben gehen.
Der Wettbewerber CF Industries produziert Stickstoffdünger und hat im abgelaufenen Quartal zu spüren bekommen, dass wegen der Kältewelle in den USA Erdgas knapp war, woraufhin der Preis deutlich gestiegen ist. Dennoch hat Vorstandschef Tony Will trotz eines Absatzrückgangs das Ebitda um 26,8 Prozent auf 398 Millionen Dollar gesteigert.
Dem Konzern kommt zugute, dass die Gaspreise in den USA deutlich niedriger sind als in Europa oder Asien. Will erwartet, dass wegen der starken Nachfrage nach Mais in den USA jene nach Stickstoff florieren, und auch in Indien und Brasilien robust bleiben werden.
Auf einen Blick
Rohstoffe
Im Rallymodus Grundstoffe wie Erdöl und Metalle sind unverzichtbar für das moderne Leben. Das spiegelt sich im steigenden Bloomberg Commodity Index wider.