Sie zählen zur Elite der Ausschüttungswerte: Amerikas Dividendenaristokraten und -könige erhöhen seit Jahrzehnten zuverlässig ihre Dividenden. Wie Anleger mit diesen Top-Aktien ein zweites Einkommen sichern und welche Strategien jetzt besonders profitabel sind.

Einmal kaufen und für immer behalten — die Idee hinter „Aktien für die Ewigkeit“ ist besonders für Dividendenwerte interessant: Jedes Jahr Ausschüttungen kassieren und sich so ein zweites Einkommen fürs Alter aufbauen. In Ausgabe 49/2024 hatte die Redaktion bereits Strategien vorgestellt, mit denen das funktioniert. Wer diesen Investmentansatz über einen ETF abbilden möchte, muss jedoch einen anderen Ansatz wählen. Zwar gibt es eine Reihe von Produkten auf Dividendenindizes, etwa auf den DivDAX, der die ausschüttungsstärksten Aktien aus dem deutschen Leitindex enthält. Doch wegen des hohen Anteils an zyklischen Branchen, allen voran Autowerten, lief dieser Index dem DAX zuletzt deutlich hinterher.

Besonders für Anleger, die noch etwas Zeit für den Vermögensaufbau haben, bieten sich sogenannte Dividendenaristokraten an. Das sind Unternehmen, die ihre Ausschüttungen seit mindestens 25 Jahren durchgängig erhöht haben. Die anfängliche Dividende ist zwar in den meisten Fällen keineswegs überdurchschnittlich, durch die alljährlichen Steigerungen aber ist die Rendite auf das anfänglich eingesetzte Kapital nach einem Jahrzehnt bereits ordentlich, nach zwei Dekaden meist traumhaft. Je länger man die Aktie hält, desto höher die Belohnung. Immer wieder wird das Beispiel von Warren Buffetts Investition in Coca-Cola zitiert: Gemessen am Einstandskurs von 1987 kassiert das Orakel von Omaha heute eine Dividendenrendite von weit über 50 Prozent.

Top Dividenden-Aristokraten

Im DAX gab es lange Zeit nur einen Aristokraten: Fresenius. Doch das Unternehmen hat die Dividendenzahlung vor Jahresfrist ausgesetzt, womit auch der letzte Aufrechte aus deutschen Landen gefallen ist. Linde zählt zwar seit drei Jahren zu dem erlauchten Kreis, ist aber seit dem Umzug nach Irland und dem Hauptlisting an der New Yorker Börse kein deutsches Unternehmen mehr.

In ganz Europa gibt es nur eine Handvoll Aristokraten, darunter neben Linde der ebenfalls irische Nahrungsmittelproduzent Kerry Group oder der französische Kosmetikkonzern L’Oréal. Da die Auswahl begrenzt ist, ergäbe sich in Europa ein Klumpenrisiko. Die zuletzt miserable Performance des ehemaligen Aristokraten Nestlé würde ein Portfolio aus den wenigen infrage kommenden Aktien des Kontinents erheblich bremsen.

Da in den USA nicht nur die Aktien-, sondern auch die Dividendenkultur eine ungleich längere Tradition hat als diesseits des Atlantiks, ergibt es Sinn, sich im Land der unbegrenzten (Ausschüttungs-)Möglichkeiten umzusehen. Die beste Performance unter den hierzulande handelbaren Aristokraten-ETFs legte der SPDR S&P US Dividend Aristocrats (WKN: A1JKS0) aufs Parkett, der zudem den Vorteil vierteljährlicher Ausschüttungen bietet. Das Portfolio ist mit 133 Aktien gut diversifiziert, die Einzelwerte sind nach der Höhe der Dividendenrendite gewichtet. Daher hat mit Realty Income Trust mit 2,35 Prozent Gewichtung ein Immobilienwert die Nase vorn, gefolgt vom Öl- und Gasförderer Chevron (2,20 Prozent).

Neben solchen Klassikern enthält das Portfolio auch weniger bekannte Werte wie Xcel Energy oder WEC Energy. Der Großteil aber sind Dividendendauerbrenner wie der Nahrungsmittelkonzern ADM (Archer Daniels Midland) oder der Konsumgüterkonzern Kimberly-Clark. Nicht fehlen dürfen natürlich auch die Unternehmen, die bereits seit mehr als 100 Jahren durchgängig Dividenden ausschütten, wie Exxon Mobil, Stanley Black & Decker und allen voran York Water.

Zum Kreis der Dividendenaristokraten allerdings zählt York Water erst seit drei Jahren wieder, weil der Ausschüttungsbetrag vor knapp drei Dekaden einmal nicht erhöht werden konnte. Schon eine nur gleichbleibende Zahlung ist nach der strengen US-Etikette verpönt und führt für mindestens 25 Jahre zum Ausschluss aus den Aristokratenkreisen.

Die meisten Erhöhungen in Folge hat ebenfalls ein Wasserversorger: American States Water geht gerade ins 70. Jahr mit kontinuierlich steigenden Ausschüttungen und ist damit bereits seit zwei Dekaden ein sogenannter Dividendenkönig. Diesen Titel bekommen nur Unternehmen verliehen, die ihre Ausschüttungen mindestens 50 Jahre in Folge gesteigert haben. Die drei mit der längsten Historie stellen wir hier gesondert vor. Neben American States Water sind das der Mischkonzern Dover sowie der Konsumgütergigant Procter & Gamble.

Procter & Gamble: Seit 1890 kein Jahr ohne Ausschüttung

Zugegeben: Was die lückenlose Erhöhung der Dividenden betrifft, muss sich Procter & Gamble den dritten Platz mit drei anderen US-Unternehmen teilen: Geniune Parts, Parker-Hannifin und Emerson Electric gehen 2025 ebenfalls ins 68. Jahr kontinuierlich steigender Ausschüttungen. Da der Chart von Genuine Parts eher trostlos aussieht und die Kurse der beiden Letzteren nach der US-Wahl bereits kräftig nach oben geschossen sind, scheint Procter & Gamble (P & G) die sicherste Wette aus diesem Quartett zu sein. Der Konsumgütergigant ist eines von 31 Unternehmen aus Nordamerika, die seit mehr als 100 Jahren die Dividende nie ausfallen ließen. 67 Jahre in Folge wurde sie in der Vergangenheit bereits erhöht – und es sieht nicht so aus, als sollte diese Serie reißen. 

Für 2025 schätzen Analysten die Ausschüttung im Schnitt auf 4,00 US-Dollar, für die beiden Folgejahre auf 4,19 und 4,35 Dollar. Die Mutter von Ariel, Braun, Lenor und Wick ist aber nicht nur aus diesem Grund ein Top- Investment: Auch der Kurs legt kontinuierlich zu – seit 1990 um sagenhafte 3894 Prozent. Zwar gab es immer wieder Durststrecken, zuletzt zwischen Dezember 2021 und April 2024. Doch ist es eben das Kennzeichen einer „Aktie für die Ewigkeit“, dass früher oder später neue Allzeithochs erreicht werden, was im Zuge der Trump-Wahl gerade erst der Fall war. So richtig durch die Decke gegangen ist die P&G-Aktie aber nicht, weshalb sich die laufende Konsolidierung zum Einstieg anbietet. Die jüngsten Quartalszahlen haben zwar auf der Umsatzseite leicht enttäuscht. Die Erlöse stiegen (währungs- und portfoliobereinigt) lediglich um zwei Prozent. Dafür fiel der Gewinn je Aktie mit 1,93 Dollar – ein Plus von fünf Prozent – etwas höher aus als von Analysten prognostiziert.

Dover: Erstklassiger Gemischtwarenladen

Ausdrücke wie Gemischtwarenladen sind in aller Regel negativ besetzt. Aber wenn ein Unternehmen eine derart breite Palette von Verbrauchsmaterialien und Komponenten für die produzierende Industrie anbietet wie Dover, fällt es schwer, eine noch griffigere Bezeichnung zu finden. Das Produktportfolio beginnt bei Absperrklappen und reicht über Antriebssysteme, Düsen, Drehgelenke, Kältemittel und Pumpen bis hin zu Ingenieurdienstleistungen und High-End-Lösungen für Branchen wie Öl- und Gasförderung, Biowissenschaft, Luftfahrt undMilitär. Gerade Letzteres rückte den Mischkonzern zuletzt in den Mittelpunkt des Investoreninteresses. Auf Sicht von zwölf Monaten hat der Kurs von 130 auf mehr als 190 Euro zugelegt. Das sorgte dafür, dass die Dividendenrendite aktuell nur noch knapp über einem Prozent liegt. Da die Ausschüttung aber seit 69 Jahren stets erhöht wird, muss das kein K.-o.-Kriterium sein. Denn auch der Gewinn steigt von Jahr zu Jahr, zudem wird nur ein Viertel des Nettoergebnisses ausgeschüttet. Das zeigt, dass weiter investiert und zugekauft wird. Die Wachstumsstory ist trotz der langen Historie offensichtlich intakt. Und dass unterschiedlichste Branchen mit einer Fülle von Erzeugnissen und Dienstleistungen beliefert werden, spricht eben auch für gute Diversifikation und entsprechende Resilienz. Insofern muss ein Gemischtwarenladen nicht das schlechteste für Anleger sein.

American States Water: Auf die nächsten 70 Jahre!

Das Jahr 2024 war das 70. in Folge, in dem American States Water die Dividende erhöhte – Weltrekord! Das Unternehmen wurde 1928 in Kalifornien gegründet und kaufte in den Anfangsjahren nach und nach kommunale Wasserwerke auf, darunter auch Los Angeles Water. Seit 2005 sind die kalifornischen Wasserversorger in der Tochter Golden State Water gebündelt. Als zweites Standbein kam 1938 durch die Übernahme der Bear Valley Electric Service Company das Strom- und Gasversorgungsgeschäft hinzu. Seit 1998 gibt es ein drittes Geschäftsfeld, das die Tochter American States Utility Services, kurz ASUS, abdeckt. Dabei geht es um die komplette Wasserver- und Abwasserentsorgung auf Militärbasen, nicht nur in Kalifornien, sondern über die gesamten Vereinigten Staaten verteilt. Die Dienstleistungsverträge mit der US-Regierung, die teilweise Laufzeiten von mehr als 50 Jahren haben, geben Planungssicherheit. Trotzdem schwächelt der Kurs seit Anfang 2022, was vor allem mit den damals steigenden Zinsen zu tun haben dürfte. Wie die meisten Konkurrenten auch, muss der Konzern immer wieder große Summen investieren, bevor die Gewinne sprudeln. Mit der Zinswende nach unten hat aber auch die Aktie inzwischen gedreht. Dem Drang, die Dividende zu erhöhen, konnten aber schon die steigenden Zinsen nichts anhaben. Angesichts der mittlerweile eingetretenen Kostenentlastung durch die Lockerung der US-Geldpolitik sind auch in den kommenden Jahren neue Dividendenrekorde zu erwarten.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Die finden Sie hier

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