"Wir haben strategische Investoren und Finanzinvestoren angesprochen in den letzten Wochen", sagte Vorstandschef Jürgen Köhler am Mittwoch in Frankfurt. Erste Informationspakete zu dem Geschäft seien an Interessenten gegangen. "Wenn Interesse da ist und es im Sinne der Gesellschaft ist, ziehen wir auch einen Komplettausstieg in Betracht", sagte Köhler. SGL sei zuversichtlich, im zweiten Halbjahr eine Entscheidung treffen zu können. "Unsere Priorität ist, das in eine neue Eigentümerstruktur zu überführen. Ob komplett oder teilweise, das werden wir sehen", ergänzte Finanzchef Michael Majerus. Für einen Börsengang, der zunächst auch in Betracht gezogen worden war, sei das Umfeld dagegen derzeit nicht optimal.
Das Wiesbadener Unternehmen will das Grafitelektroden-Geschäft bis Mitte dieses Jahres abspalten und sieht sich damit voll im Plan. Der Vorstand hatte im vergangenen Sommer die Weichen für eine mögliche Trennung gestellt. Grafitelektroden für die Stahlproduktion sind bisher der größte Geschäftsbereich von SGL, die Hessen leiden aber unter der Abschwächung in der Stahlindustrie, die zu massivem Preisdruck führt. "Der Stahlmarkt bleibt sehr herausfordernd", urteilte Köhler. "Keine Grafitelektrodenfabrik auf der Welt verdient heute Geld."
Wegen hoher Wertberichtigungen in dem Geschäft und Kosten im Zusammenhang mit der Schließung des 150 Mitarbeiter zählenden Standorts Frankfurt-Griesheim machte SGL im vergangenen Jahr einen Verlust von fast 300 (Vorjahr: minus 247) Millionen Euro. Der um Sondereinflüsse bereinigte operative Gewinn (Ebit) verbesserte sich auf 32,6 Millionen Euro nach knapp drei Millionen vor Jahresfrist. Der Umsatz sank um ein Prozent auf 1,32 Milliarden Euro. Weitere Stellenstreichungen und Standortschließungen sind über die bereits bekannten nicht geplant, wie Köhler sagte.
Die Aussichten für SGL sind trübe. Wegen des anhaltenden Preisdrucks bei Grafitelektroden rechnet der Vorstand 2016 mit einem leichten Umsatzminus und einem deutlichen Rückgang des bereinigten operativen Gewinns. Im Geschäft mit Grafitelektroden, zu dem auch Kathoden für die Aluminiumschmelze und Hochofenauskleidungen gehören, werde sogar ein operativer Verlust in Höhe eines mittleren zweistelligen Millionenbetrags anfallen. Das könne auch von Ergebniszuwächsen in den beiden anderen Bereichen, dem Geschäft mit Spezialgrafitprodukten und dem mit Carbonfasern nicht aufgefangen werden. Der Konzernverlust soll sich dieses Jahr aber deutlich verringern.
Reuters