Das kriselnde Kerngeschäft mit Grafitelektroden bringt SGL Carbon immer mehr in die Bredouille. Das Wiesbadener Unternehmen will seinen größten Geschäftsbereich Grafitelektroden daher schneller abspalten und den Sparkurs verschärfen. Für das kommende Geschäftsjahr warnte der Vorstand vor einem deutlichen Ergebnisrückgang. Anleger warfen SGL-Aktien daraufhin aus ihren Depots: Die Anteilsscheine verloren am Mittwoch um bis zu bis 12,8 Prozent und waren mit Abstand größter Verlierer im Kleinwerteindex SDax.
Analyst Dirk Schlamp von der DZ Bank bezeichnete die Ergebnisprognose für 2016 als enttäuschend. Seiner Einschätzung nach ergibt sich die geplante beschleunigte rechtliche Verselbstständigung des Grafitelektrodengeschäfts aus der Not heraus. Ein anderer Börsianer bewertete es zwar als positiv, dass das Geschäft schneller als geplant abgespalten werden soll. "Aber wer wird das zu einem vernünftigen Preis in diesem Branchenumfeld kaufen", stellte er infrage.
SGL-Chef Jürgen Köhler hatte als Optionen für das Geschäft einen Verkauf, eine Partnerschaft und einen Börsengang genannt. Eine Entscheidung sei aber noch nicht getroffen worden, sagte ein Firmensprecher. SGL sei noch mitten im Prozess, die Abspaltung vorzubereiten. Diese soll nun bis Mitte 2016 abgeschlossen werden, das wäre ein halbes Jahr früher als bisher geplant. Der Konzern hatte am Dienstagabend zudem angekündigt, einen weiteren Stellenabbau, die Schließung und Optimierung von Standorten sowie Kapazitätskürzungen zu prüfen. Auch dazu sei noch keine konkrete Entscheidung gefallen, sagte der Sprecher. Es würden nun Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern aufgenommen.
Mit Abstand größter Anteilseigner bei SGL ist mit rund 27,5 Prozent die Beteiligungsgesellschaft Skion der Unternehmerin und Quandt-Erbin Susanne Klatten. "Die Herausforderungen sind zwar groß, nach unserer Wahrnehmung arbeitet der Vorstand aber engagiert an der Bewältigung der anstehenden Aufgaben", sagte ein Skion-Sprecher.
Im Bereich Performance Products, der das Geschäft mit Grafitelektroden umfasst, beschäftigte SGL Ende 2014 gut 31 Prozent seiner mehr als 6300 Mitarbeiter. Die Produkte der Sparte werden an weltweit neun Standorten hergestellt, in Deutschland im bayerischen Meiting sowie im Industriepark Griesheim in Frankfurt. Die geplanten Maßnahmen werden nach Einschätzung des Vorstands noch in diesem Jahr wohl einen mittleren bis hohen zweistelligen Millionenaufwand verursachen. Die Gewinnprognose für den Konzern werde sich in diesem Jahr zwar noch halten lassen, weil die übrigen Sparten die Einbußen bei den Grafitelektroden wettmachten. Der Betriebsgewinn (Ebit) vor Sondereinflüssen soll deutlich über den drei Millionen Euro des Vorjahres liegen. Für das kommende Jahr sei aber ein deutlicher Ergebnisrückgang zu erwarten und im Grafitelektrodengeschäft sogar ein Verlust.
Grafitelektroden für die Stahlproduktion sind bisher der größte Geschäftsbereich von SGL, die Wiesbadener leiden aber unter der Abschwächung in der Stahlindustrie. Chinesische Stahlexporte dämpften die Stahlproduktion weltweit. Das Überangebot bei Grafitelektroden drückt auf die Preise. Mit dem Umbau setzt Köhler voll auf Wachstumsfelder wie das Geschäft mit Herstellern von Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos und Carbonfasern für Automobilkarosserien. Diese sollen auch durch Zukäufe gestärkt werden.
Reuters