Nun also doch: Nachdem die Einführung des elektronischen Rezepts in Deutschland immer wieder verschoben worden war, steht nun ein konkreter Zeitplan. Wie die zuständige Nationale Agentur für Digitale Medizin, die "Gematik", mitteilte, werden Apotheken deutschlandweit ab 1. September die elektronischen Rezepte annehmen. Größter Gesellschafter der Gematik ist das Bundesgesundheitsministerium, aber auch Interessenverbände wie Bundesärztekammer, Deutsche Krankenhausgesellschaft oder Deutscher Apothekerverband sind vertreten.
Ausgestellt werden die E-Rezepte von Praxen und Krankenhäusern, wobei hier eine Staffelung erfolgt. Schleswig- Holstein und die Region Westfalen-Lippe beginnen im September, die nächsten sechs Bundesländer werden zeitnah festgelegt. Die verpflichtende Einführung soll sukzessive erfolgen. 2023 folgen die übrigen Bundesländer und so die bundesweite Verbreitung.
Das elektronische Rezept ist ein wichtiger Schritt in der Digitalisierung der Gesundheitsbranche und soll vor allem Bürokratie und Zeit sparen. Doch auch finanziell lohnt es sich. Das Beratungsunternehmen McKinsey beziffert die Einsparungen für das Gesundheitssystem durch das E-Rezept mit einer Milliarde Euro im Jahr.
Wachstumstreiber gesucht
Für Apotheken in Deutschland hat die Einführung große Auswirkungen. Besonders rezeptpflichtige Medikamente werden meist noch vor Ort in stationären Apotheken erworben. Entsprechend sehen Versandapotheken großes Potenzial in der elektronischen Verschreibung von Arzneien. Die im SDAX notierte Shop Apotheke hatte im ersten Quartal einen Umsatzanstieg von 7,3 Prozent gemeldet, im deutschsprachigen Raum konnte man aber nur 1,9 Prozent zulegen. Grund dafür war vor allem ein Rückgang bei rezeptpflichtigen Medikamenten.
Im Pandemie-Jahr 2021 hatte das Unternehmen beim Umsatz erstmals die Marke von einer Milliarde Euro geknackt und sich neue Wachstumstreiber für das Deutschland-Geschäft erhofft. Die Einführung des E-Rezepts ermöglicht nun schnelleren Zugang zu einem wachsenden Markt mit Potenzial.
Großes Potenzial
Im Rahmen seiner Zahlen zum ersten Quartal erklärte der SDAX-Konzern erneut die Chancen des E-Rezepts. Besonders im Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten (RX) bestünde Nachholbedarf im Gesamtmarkt. Lediglich etwa ein Prozent der rezeptpflichtigen Arzneien in Deutschland werden demnach online verkauft, bei rezeptfreien sind es dagegen 20 bis 25 Prozent. Einer Analyse der britischen Bank Barclays zufolge könnte die Einführung des E-Rezepts das Onlinegeschäft für RX deutlich ankurbeln. Barclays verweist auf das Beispiel Schweden, wo eine Entwicklung hin zu einem Anteil von über zehn Prozent zu sehen war.
Die bislang geringe Bedeutung des RX-Geschäfts zeigte sich auch beim Ausblick der Versandapotheke aus dem niederländischen Venlo. Beim Umsatz mit rezeptfreien Arzneien will man 2022 um 15 bis 25 Prozent wachsen, bei RX-Medikamenten verzichtete das Unternehmen bislang auf eine Prognose. Die bundesweite Einführung des E-Rezepts könnte einen bisher unterentwickelten Geschäftsbereich kräftig beleben.
Potenzial: Die Einführung des
E-Rezepts dürfte das Geschäft
ankurbeln. Mutige positionieren
sich jetzt schon. Riskant.
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