Das heißt, wir stellen in diesem Beitrag die noch nicht vorgestellten restlichen acht Titel vor, welche die 15-köpfige Favoritenliste von Warburg Research für das laufende Jahr komplementieren.
Wie im ersten Teil setzen sich diese Empfehlungen zum einen aus Unternehmen zusammen, die von einem wirtschaftlichen Aufschwung profitieren und deren Aktienkurse bei der starken Erholung an der Börse im Verkauf des Vorjahrs zurückgeblieben sind. Zum anderen geht es um Gesellschaften, die über besonders starke Geschäftsmodelle verfügen und die auf den strukturellen Wandel in den jeweiligen Branchen ausgerichtet sind, wobei oft die Digitalisierung als Antriebsfaktor dient.
Vertreter aus der erstgenannten Kategorie unter den noch vorzustellenden Kauftipps sind Lanxess, Medios, Patrizia und Sixt. Zur zweiten Kategorie zählen SNP, TeamViewer und Zur Rose. In der Spitze winken bei diesen Aktien gemessen an den Kurszielen Gewinne von fast 53 Prozent.
Die allgemeinen Prognosen von M.M.Warburg für das laufende Jahr sehen im Übrigen für Deutschland ein Wachstum beim deutschen Bruttoinlandsprodukt von 4,8 Prozent. Eine niedrige Vergleichsbasis in Kombination mit der Zulassung mehrerer Impfstoffe gegen COVID-19 und einer weiterhin expansiven Geld- und Fiskalpolitik machten einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung wahrscheinlich.
Auch deswegen stuft man die Voraussetzungen für den deutschen Aktienmarkt als sehr gut ein. Das Analyse-Haus sieht den DAX bis Ende 2021 bei 15.000 Punkten, was sich mit einem aktuellen Niveau von 13.787,73 Punkten vergleicht.
Lanxess-Aktie
Bei der im zweiten Teil vorgestellten ersten Empfehlung Lanxess nennt Warburg Research als Kursziel 74,00 Euro. Bei einer aktuellen Notiz von 63,83 Euro ergibt sich daraus ein Aufwärtspotenzial von 17 Prozent.
Der zuständige Analyst Oliver Schwarz zählt das Spezialchemieunternehmen mit Sitz in Köln mit rund 14.400 Mitarbeitern in 33 Ländern zu den Top-Produzenten in wichtigen Regionen. Die Expertise liege in der Herstellung, Entwicklung und Vermarktung von chemischen Zwischenprodukten, Additiven, Spezialchemikalien und Kunststoffen.
Das Unternehmen habe die Umstrukturierung seines Portfolios hin zu einem Anbieter von Spezialchemikalien mit höheren über den Zyklus hinweg erzielten Margen und geringerer Ergebnisvolatilität weitgehend abgeschlossen. Die Kautschukadditiv-Aktivitäten mit einem Umsatzvolumen von rund 550 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2019 seien die einzigen verbleibenden Vermögenswerte, die nicht in die Spezialchemie-Strategie des Unternehmens passten.
Angesichts der Tatsache, dass die Transaktionsmultiplikatoren wieder in die Nähe des Vorkrisenniveaus zurückkehren, könnten diese Aktivitäten kurz- oder mittelfristig für eine Verpartnerung/Veräußerung in Frage kommen, wodurch investiertes Kapital freigesetzt werden könnte.
Wie bei den meisten der Wettbewerber habe die COVID-19-Pandemie auch einen negativen Einfluss auf Lanxess gehabt. Die Performance im Geschäftsjahr 2020 sei deutlich schwächer als im Geschäftsjahr 2019 gewesen, und die Mitte der Prognose für 2020 deute auf einen Rückgang des bereinigten EBITDA um -16,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr hin.
Die Gesamtjahreszahl verdeckten jedoch tendenziell die sequenziellen monatlichen Verbesserungen in der Mengen- und Preisentwicklung, die Lanxess seit dem Tiefpunkt im zweiten Quartal 2020 gesehen habe. Schwarz geht davon aus, dass sich dieser positive Trend bis weit in das Geschäftsjahr 2021 fortsetzen wird, da sich die Nachfrage der wichtigsten Kundengruppen - Automobil, Elektronik, chemische Industrie - weiter erhole.
Damit sei Lanxess gut gerüstet, seine schwachen Zahlen für das Geschäftsjahr 2020 im Geschäftsjahr 2021 zu übertreffen, da das Unternehmen seinen Weg zurück zu langfristigen, über dem Zyklus liegenden Margen und Volumina fortsetze. Infolgedessen sollte Lanxess in diesem Jahr eine starke positive Ergebnisdynamik aufweisen.
Das organische Wachstum könnte zudem durch M&A-Aktivitäten angekurbelt werden, da Lanxess nach dem Verkauf seiner 40-prozentigen Beteiligung an Currenta über reichlich Barmittel verfüge. Angesichts der günstigen Akquisitionsbilanz des Unternehmens hält man das Risiko, dass Lanxess zu viel bezahlt oder ein Imperium aufbaut, für minimal.
Darüber hinaus könnte Lanxess gerade ein attraktives internes Projekt in der Mache haben, das finanziert werden müsse. Das Unternehmen denke über eine Lithiumproduktion im Weltmaßstab am Standort El Dorado (USA) nach, wenn sein Joint Venture mit Standard Lithium die Machbarkeit der Lithiumextraktion am Standort für die kommerzielle Produktion von Lithiumverbindungen in Batteriequalität beweise. Lege man den langfristigen Durchschnittspreis für Lithium als Berechnungsgrundlage zugrunde, würde das Projekt einen jährlichen Umsatz von rund 170 Millionen Euro und ein EBIT von 89 Millionen Euro erzielen. Dies sei in den Warburg Schätzungen noch nicht.
Die Schätzungen zum Ergebnis je Aktie von 2020 bis 2022 sehen wie folgt aus: 3,19 Euro, 3,97 Euro und 4,60 Euro. Bei der Dividende rechnet man für das Jahr 2020 mit einer Zahlung von 1,00 Euro je Anteilsschein, für 2021 mit 1,10 Euro und für 2022 dann mit 1,15 Euro je Aktie. Für das nächste Jahr ergeben sich somit eine geschätzte Dividendenrendite von 1,72 Prozent sowie ein geschätztes KGV von 16,1.
Medios-Aktie
Medios (Kursziel 49,00 Euro, Aufwärtspotenzial: 27,3 Prozent) ist laut Analyst Michael Heider ein Lösungsanbieter für Arzneimittelspezialitäten. Nach der Definition des Unternehmens sind dies Arzneimittel mit Stückkosten von mehr als 800 Euro. Medios betreibe in Deutschland einen Großhandel für Spezialpharmazeutika ("Drug Supply") und Labore für individualisierte rezeptpflichtige parenterale Infusionen mit Sitz in Berlin ("Patientenspezifische Therapien").
Medios "Drug Supply" ist demnach ein lizenzierter pharmazeutischer Großhandel in Deutschland (§52a AMG). Der Bereich beliefere die Partnerapotheken und Hersteller mit Spezialarzneimitteln aus dem Zentrallager in Berlin. "Patientenspezifische Therapien" sei ein lizenzierter pharmazeutischer Hersteller von individualisierten, verschreibungspflichtigen parenteralen Infusionen (§13 AMG). Er betreibe zwei Labore mit Reinräumen und beliefere mehr als 100 Praxen über 10 Apotheken. Medios wurde 2016 gegründet, der Betrieb stammt jedoch aus den Jahren 2008 (Compounding) und 2013 (Großhandel). Gründer Manfred Schneider und sein Team seien sehr erfahren im Apotheken- und Pharmamarkt.
Qualität ergebe sich aus der Stellung als First-Mover im wachsenden Nischenmarkt der Spezialitätenpharmazeutika mit bewährtem Geschäftskonzept. Der drei Milliarden-Euro-Markt für patientenspezifische Infusionen befinde sich im Strukturwandel. Heute werde der Markt von mehr als 300 lokalen Apotheken beliefert. Ein neues Gesetz zur Kosteneinsparung werde die Marktkonsolidierung vorantreiben. Ein großer Nutznießer der Industrialisierung der Branche dürfte Medios sein, das aus einem Ausschreibungsverfahren im Testmarkt Berlin als Sieger hervorgegangen sei. Damit sei das Unternehmen wahrscheinlich das effizienteste in Deutschland.
Im Großhandelsgeschäft schaffe man Mehrwert für alle Partner: Die Apotheken profitierten von besseren Einkaufskonditionen und die Pharmaunternehmen von einem effizienten Einkaufsverhalten und dem Zugang zu relevanten Marktdaten. Wesentliche Wettbewerbsvorteile lägen in den besseren Einkaufskonditionen durch die Bündelung von Mengen und die direkte Verhandlung mit den Pharmaunternehmen bei Spezialitäten, der Expertise und dem Apothekennetzwerk des Unternehmens.
Im Jahr 2021, und somit nur fünf Jahre nach der Gründung und dem Börsengang, werde Medios die Umsatzmarke von einer Milliarde Euro überschreiten, was das hochattraktive Wachstumsprofil des Investment Case deutlich unterstreiche. Medios werde sein fokussiertes Produktportfolio auf rund 1.000 Spezialarzneimittel von heute rund 650 (von 100.000 verfügbaren Arzneimitteln in Deutschland) und seine Kundenbasis auf rund 1.000 spezialisierte Apotheken von heute rund 500 (von rund 19.000 in Deutschland) ausbauen.
Im Bereich Compounding sei Medios führend in der Industrialisierung des Prozesses sowie führend bei seltenen Indikationen. In diesem Jahr werde Medios seine Compounding-Kapazität in Berlin von 100.000 auf 300.00 p.a. ausbauen und durch Akquisition weitere Labore schlucken und optimieren. Darüber hinaus sollte das Blistering-Geschäft mit der Kapazitätserweiterung an Fahrt aufnehmen. Medios sei als disruptiver Player im deutschen Pharmagroßhandelsmarkt zu groß geworden, um von den Branchenriesen ignoriert zu werden. Die Equity-Story sei noch lange nicht zu Ende
Den Umsatz sieht man von 2019 bis 2022 von 516,8 Millionen auf 1.390,2 Millionen Euro steigen. Beim angepassten Gewinn je Aktie rechnet man für 2020 zwar mit einem Rückgang von 0,76 Euro auf 0,51 Euro. 2021 sollen dann aber wieder höhere 1,10 Euro herausspringen und in 2022 sogar 1,34 Euro (geschätztes KGV: 28,7) je Anteilsschein. Dividendenzahlen sehen die Prognosen vorerst nicht vor.
Patrizia-Aktie
Bei Patrizia hält Warburg Research Notierungen von 31,00 Euro für möglich. Das heißt, damit sich diese Vorgabe erfüllt, müsste dieser Titel bei einer aktuellen Notiz von 24,15 Euro um 28,4 Prozent zulegen.
Nach Einschätzung des zuständigen Analysten Philipp Kaiser ist die Patrizia AG eine in Deutschland ansässige Investment-Management-Gesellschaft, die sich auf europäische Immobilienfonds spezialisiert hat und in 19 Ländern auf vier Kontinenten aktiv ist. Der Investment Case basiere auf einem robusten Geschäftsmodell mit qualitativ hochwertigen Ertragsströmen und Aufwärtspotenzial, das durch verschiedene Aspekte des strukturellen Wachstums geboten werde.
Als führender paneuropäischer Immobilien-Investmentmanager mit SDAX-Notierung und globalem Fundraising verfüge die Gesellschaft über eine hervorragende Erfolgsbilanz mit mehr als 35 Jahren Erfahrung und Expertise in praktisch allen Immobilien-Assetklassen. Auch gebe es eine Multi-Fonds-Plattform, die Diversifizierung in Bezug auf geografische Lage, Assetklassen und Risiko-/Renditeprofile über verschiedene Anlageprodukte biete. Hinzu komme ein guter Zugang zu Deal-Flow und außerbörslichen Deals.
Mehr als 400 institutionelle Kunden (z.B. Sparkassen, Pensionsfonds, Staatsfonds) hätten Patrizia bereits ihr Vertrauen geschenkt, viele mit mehreren Investitionen. Verfolgt swerde ein selektiver Co-Investment-Ansatz (mit Patrizia-Eigenkapitalbeteiligung von bis zu zehn Prozent), was Interessen ausgleiche und Vertrauen bei Kunden schaffe.
Ein Vorteil sei auch die Stellung als unabhängiger Produktanbieter ohne Verbindungen zu Bank-, Versicherungs- oder Maklermuttergesellschaft. Angesichts der aktuellen Renditekompression verschaffe der langfristige Horizont seiner Kunden Patrizia einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern (wie Private Equity) bei Auktionen. Es handele sich letztlich um einen One-Stop-Shop und Gatekeeper für europäische Immobilieninvestitionen.
Da die aktuelle Pandemie ein noch länger anhaltendes Niedrigzinsumfeld zementiere, erwartet man, dass der Anlagedruck von institutionellen wie auch privaten Investoren anhalten werde. Da das europäische Transaktionsvolumen im Jahr 2020 durch mehrere Sperrungen stark beeinträchtigt worden sei, dürften 2021 einige Nachholeffekte zu verzeichnen sein.
Aufgrund der grundsoliden Finanzlage (neun Monate 2020: 437,5 Millionen Euro Cash) sollte Patrizia in der Lage sein, die Konsolidierung in der Branche mitzugestalten. Im Vorjahr habe es zahlreiche Einschränkungen gegeben, aber man glaubt, dass Patrizia 2021 wahrscheinlich auf dem M&A-Markt aktiv werden dürfte.
Darüber hinaus befinde sich das Unternehmen derzeit in Verhandlungen mit seinen Kunden, um die einmaligen Performance Fee-Einnahmen von Dawonia (362,3 Millionen Euro Performance Fee-Forderungen gegen Dawonia nach neun Monaten 2020 vor Steuern) in wiederkehrende Gebühreneinnahmen über mehrere Jahre aufzuteilen. Kaiser erwartet eine Entscheidung innerhalb des Jahres 2021, höchstwahrscheinlich mit der Bekanntgabe des Ausblicks für das Fiskaljahr 2021 Ende Februar oder Mitte März.
Der Umsatz soll laut den Prognosen von 2020 bis 2022 von 320 Millionen Euro auf 345 Millionen Euro zulegen. Das angepasste Ergebnis je Aktie sieht man gleichzeitig von 0,87 Euro auf 1,22 Euro (geschätztes KGV: 19,8) steigen. Die Schätzungen für die Dividende je Anteilsschein sehen für die Geschäftsjahre 2020 bis 2022 folgende Zahlungen je Aktie vor: 0,31 Euro, 0,33 Euro und 0,32 Euro (geschätzte Dividendenrendite: 1,325 Prozent).
Sixt-Aktie
Als einen weiteren potenziellen Profiteur eines zyklischen Aufschwungs hat Warburg Research die Aktien von Sixt eingestuft. Das Kursziel für die Vorzugsaktien bewegt sich bei 92,00 Euro, was trotz der bereits deutlichen Kurssteigerungen seit Ende Oktober bis auf zuletzt gültige 60,30 Euro theoretisch im Falle einer Zielerreichung immer noch die Chance auf einen weiteren Anstieg von 52,6 Prozent lässt.
Wie es heißt, betreibt Sixt Autovermietung und Carsharing. So könne das Unternehmen Mobilität von einer Minute bis zu rund zwölf Monaten anbieten. Es handele sich um den größten Autovermieter in Deutschland und die Nr. 2 in Europa. Man sei in zehn europäischen Ländern sowie in den USA mit eigenen Niederlassungen vertreten. Franchisenehmer deckten weitere mehr als 85 Märkte ab.
Sixt differenziere sich im Vermietgeschäft durch das Angebot (49 Prozent Premiumfahrzeuge), ein breites Stationsnetz (zum Teil über Franchisenehmer) und eine markante Werbung. Strategische Partnerschaften mit Fluggesellschaften und Hotels, individuelle Bonusprogramme und eine Upgrade-Wahrscheinlichkeit von rund 66 Prozent trügen dazu bei, Sixt attraktiver als den Wettbewerb zu machen.
Eine strikte Kontrolle der (Flotten-)Kosten, ein straffes Flottenmanagement, die Konzentration auf kostengünstige Vertriebskanäle und die Minimierung des Risikos aus dem Gebrauchtwagenmarkt unterstützten die Margen. Eine Kombination aus Carsharing-, Mietwagen- und Ride-Hailing-Diensten (über Dritte) ermöglicht One-Stop-Shopping. Kunden könnten über die Sixt ONE App auf das gesamte Produktportfolio des Unternehmens zugreifen. Die App erhöhe die Kundenloyalität, unterstütze den Umsatz und reduziere die Vertriebskosten.
Als Autovermieter sollte das Unternehmen massiv von einer Reiseerholung mit der Aussicht auf eine Aufhebung der Reisebeschränkungen bei fortschreitenden Impfprogrammen profitieren. Die Erholung der Nachfrage nach einer starken Krise sollte nach den Flottenreduzierungen von Sixt und seinen Wettbewerbern in der Regel zu einer außergewöhnlich hohen Auslastung und einer guten Preisgestaltung führen, was letztlich die Erträge und Margen des Autovermieters antreiben werde.
Mit seiner überlegenen Finanzlage hat Sixt laut dem zuständigen Analysten Marc-René Tonn die Flexibilität, weiter in Wachstum zu investieren, sobald die Nachfrage zurückkehre, obwohl das Unternehmen auch während der Krise nicht aufgehört habe zu investieren. Dies werde es dem Unternehmen ermöglichen, Marktanteile von finanziell schwächeren Wettbewerbern zu übernehmen und letztendlich sogar gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Die Sixt-Vorzugsaktien werden derzeit mit einem Abschlag von mehr als 40 Prozent gegenüber den Stammaktien gehandelt, was deutlich über dem historischen Niveau (rund 20 Prozent) liege. Mit der Erwartung einer Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen sollte sich der Abstand in den kommenden Monaten wieder verringern.
Bei der Dividende kalkuliert Warburg Research für das Geschäftsjahr 2020 mit einer unveränderten Ausschüttung von 0,02 Euro je Aktie. Die Prognosen für 2021 und 2022 betragen 1,27 Euro bzw. 2,52 Euro (geschätzte Dividendenrendite: 4,18 Prozent) je Anteilsschein. Die Schätzungen zum Umsatz gehen von 2020 bis 2022 von einem Anstieg von 1,496 Milliarden Euro auf 2,758 Milliarden Euro aus. Beim angepassten Ergebnis je Aktie soll gleichzeitig aus einem Minus von geschätzten 1,20 Euro ein Plus von 5,40 Euro (geschätztes KGV: 11,7) werden.
SNP-Aktie
SNP zählt bei Warburg Research zu jener Favoritengruppe, bei der man besonders starke strukturelle oder unternehmensspezifische Treiber ausmacht. Den Aktien traut der zuständige Analyst Felix Ellmann einen Anstieg bis auf 73,00 Euro zu (Kurspotenzial von rund 28 Prozent).
Mit sehr starken Neukundenakquisitionen auf der Softwarelizenzseite habe SNP bereits zuletzt überzeugen können. Dies sollte sich in 2021 in dynamischen Ergebnissen zeigen, flankiert von der Kundenakquise von noch mehr Partnern. Der Grund für den Erfolg sei, dass SNP Bluefield gute Chancen habe, sich in diesem Jahr zum De-facto-Industriestandard in SAP-Transformationsprojekten zu entwickeln. Für das laufende Jahr erwartet man eine Umsatzsteigerung von gut 17 Prozent und eine mehr als Verdoppelung des Ergebnisses.
Allerdings musste die Gesellschaft am vergangenen Freitag einräumen, dass man im abgelaufenen Jahr die eigenen Erwartungen verfehlt hat. Grund sei der Misserfolg bei einem erhofften Partnervertrag mit einem führenden internationalen IT-Dienstleister gewesen, der wider Erwarten nicht zustande gekommen sei. Zudem hätten sich Projekte vom vierten Quartal in das Auftaktquartal 2021 verschoben, hieß es in einer Nachricht von dpa-AFX.
Mit einem Umsatz von rund 37 Millionen Euro im Schlussquartal ergaben sich insgesamt für das Jahr Erlöse von rund 143 Millionen Euro. Damit lag der Wert knapp unter dem Vorjahreswert von 145 Millionen sowie unter der Umsatzerwartung des Managements von 145 bis 170 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) belief sich auf rund eine Million Euro, damit wurde eine leicht positive operative Marge erreicht. Allerdings hatte das Unternehmen eigentlich für die Profitabilität einen mittleren einstelligen Prozentbereich anvisiert. Der Auftragseingang lag zum Jahresende unter dem Vorjahr.
Für das neue Jahr peilt SNP höhere Werte an. Der Umsatz soll auf 160 bis 180 Millionen Euro steigen. Für die Ebit-Marge werden in Abhängigkeit vom Verlauf der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie fünf bis acht Prozent angestrebt. Der geplante Verkauf der polnischen Tochter ist in diesen Prognosen nicht berücksichtigt.
Warburg Research hat die Einstufung für SNP nach dieser Meldung auf "Kauf" mit dem genannten Kursziel von 73,00 Euro belassen. Das Jahr 2020 sei für den IT- und Software-Anbieter schwach gewesen, erklärte Ellmann. Dies ändere aber nichts an den von ihm für gut befundenen Perspektiven für das Unternehmen. Er verwies dabei auch auf Andeutungen, wonach Aufträge lediglich in das Jahr 2021 verschoben worden seien.
Grundsätzlich betrachtet stuft Ellmann SNP als ein Beratungsunternehmen, das sich auf Transformationsprojekte, hauptsächlich von SAP ERP-Systemen, spezialisiert hat. Das Hauptmerkmal sei die softwarebasierte Projektdurchführung auf Basis des eigenen "Transformation Backbone"-Ansatzes. Zielprojekte seien Unternehmenszusammenschlüsse, Carve-outs oder IT-Updates im Rahmen von Releasewechseln. Das Unternehmen sei international breit aufgestellt.
Allgemein heißt es, Transformationsprojekte würden immer komplexer, so dass eine manuelle Durchführung dieser Projekte immer schwieriger werde. Komplexe Transformationsprojekte erforderten Softwarewerkzeuge wie die von SNP. Die Transformation großer Datenmengen sei eine Kernkompetenz der Gesellschaft. Man habe hat bereits über 7.500 Transformationsprojekte durchgeführt. Die Softwarelösungen von SNP sind dabei sehr eng in die SAP-Welt integriert.
Teamviewer-Aktie
Bei den Aktien von Energiekontor nennt Warburg Research als Kursziel 55,00 Euro. Bei einer aktuellen Notiz von 40,33 Euro verspricht das theoretisch ein Aufwärtspotenzial von 36,4 Prozent.
Die TeamViewer-Aktien haben sich von ihren Vorjahreshoch von rund 55 Euro nach unten hin verabschiedet, was laut dem zuständigen Analysten Andreas Wolf vor allem auf eine potenziell höhere Kundenabwanderung (neun Prozent im ersten Quartal versus zwölf Prozent im dritten Quartal), einen leichten Rückgang der Netto-Bindungsrate (106 Prozent im ersten Quartal versus 104 Prozent im dritten Quartal sowie auf ein langsameres Wachstum der Umsätze (75 Prozent im ersten Quartal versus 29 Prozent im dritten Quartal und 21 Prozent im vierten Quartal) zurückzuführen sei.
Alle Faktoren sollten sich aber in Zukunft positiv entwickeln: Die Kundenabwanderung sei aufgrund von Free-to-Paid-Kampagnen in den USA im dritten Quartal des vergangenen Jahres vorübergehend höher ausgefallen und sollte sich inzwischen eingependelt haben. Die Netto-Bindungsrate dürfte vom Vorstoß in Richtung Unternehmenskunden profitieren, die mit einer höheren Stickiness verbunden sind, sowie von der Ubimax-Konsolidierung und deren Netto-Bindungsrate von 130-140 Prozent.
Für 2021 habe das Management bereits seine Ambition kommuniziert, die Umsätze um 30 Prozent steigern zu wollen. TeamViewer sein zwar nicht unbedingt ein Nutznießer des Lockdowns, aber der Aktienkurs profitiere in einem Umfeld von sozialen Distanzierungsmaßnahmen und Remote Working, ein Phänomen, das nach Meinung von Wolf nicht verschwinden wird. Daher sei Teamviewer eine gute Aktie für das Jahr 2021.
Beim Umsatz rechnet Warburg Research von 2019 bis 2022 mit einem Anstieg von 390,2 Millionen auf 670,0 Millionen Euro. Der angepasste Gewinn je Aktie soll gleichzeitig von 0,40 Euro auf 0,96 Euro (geschätztes KGV: 39,4) anziehen. Eine Dividendenzahlung ist laut den Prognosen derzeit nicht in Sicht.
Grundsätzlich betrachtet betreibt TeamViewer eine Cloud-native Konnektivitätsplattform, die Lösungen für Fernzugriff und -support, Überwachung und Zusammenarbeit bietet, wie Wold erläutert. Die Software verbindet Menschen und Geräte über alle Arten von Betriebssystemen sowie Endpunkte hinweg und bietet auch Lösungen im Bereich IoT & AR.
Diese proprietären Softwarelösungen schaffen laut Wolf einen Mehrwert für ihre Nutzer, wie z. B. erhöhte Prozesseffizienz durch die Reduzierung von Vor-Ort-Präsenz und manuellen Eingriffen, höhere Servicequalität und verbesserte Konnektivität und Zusammenarbeit. Die modulare Software-Architektur der Plattform ermögliche es TeamViewer, schnell neue Anwendungen zu entwickeln, um neue Anwendungsfälle zu adressieren und neue Märkte zu erschließen.
Zur Rose-Aktie
Bei der Zur Rose Group AG hat Warburg Research das Kursziel auf 441,00 Franken festgezurrt. Geht die Rechnung auf, winkt verglichen mit der aktuellen Notiz von 359,50 Franken ein Anstieg von 22,7 Prozent, obwohl der Titel in den vergangenen Handelstagen bereits deutlich gestiegen ist. Die Auflistung unter den deutschen Aktienfavoriten hat damit zu tun, dass die Gesellschaft geschäftlich auch stark in Deutschland aktiv ist.
Laut dem zuständigen Analysten Michael Heider ist Zur Rose eine Online-Apotheke der ersten Stunde. Das Unternehmen sei 1993 von Ärzten in der Schweiz gegründet worden und habe sich zur führenden europäischen Online-Apotheke entwickelt, mit relevanten Niederlassungen in der Schweiz und in Deutschland (aus regulatorischen Gründen von den Niederlanden aus operierend) und erster Präsenz in einigen anderen europäischen Ländern.
Damit verfüge das Unternehmen über eine führende IT-Infrastruktur, eine starke Logistik, Einkaufsbeziehungen und regulatorische/marktbezogene Informationen. Seine Marken DocMorris und Zur Rose seien Marktführer und die bekanntesten Online-Apothekenmarken in den jeweiligen Ländern, in denen sie tätig seien.
Pharmazeutika, einschließlich verschreibungspflichtiger Medikamente (Rx), OTC- und BPC-Produkte, eigneten sich hervorragend für den Online-Handel. Vom Arzt verschrieben, sei kein weiterer Entscheidungsprozess notwendig. Die Größe und das Gewicht der Produkte machten die Lieferung unproblematisch und die Retourenquote sei sehr gering (unter ein Prozent). Der hohe Anteil chronisch kranker Menschen mache Nachbestellungen wahrscheinlich und bequem.
Angesichts der länderspezifischen regulatorischen Hürden sei die Online-Penetration jedoch erstaunlich gering (verschreibungspflichtige Medikamente: unter zwei Prozent in Deutschland, zehn Prozent in der Schweiz), im Vergleich zu bis zu 20 Prozent bei Bekleidung und 40 Prozent bei Medienprodukten. Der von Zur Rose adressierbare Markt in Europa habe eine Größe von rund 180 Milliarden Euro, was reichlich Raum für Wachstum lasse.
Der Kern des Investment Case sei die Wachstumschance in Deutschland. Eine Änderung der Vorschriften in Deutschland öffne ein riesiges Fenster der Möglichkeiten. Diese Gesetzesänderung mache elektronische Rezepte ab Januar 2022 verpflichtend und erlaube Videosprechstunden, was beides die Digitalisierung des Gesundheitssystems massiv vorantreiben werde.
Nach Ansicht von Warburg Research wird dies die Online-Durchdringung des 44 Milliarden Euro großen deutschen Rx-Marktes von heute 1,5 Prozent auf etwa 20 Prozent in zehn Jahren erhöhen und den Markt von heute etwa 500 Millionen Euro auf etwa 13 Milliarden Euro ansteigen lassen.
Heider sieht Zur Rose als eindeutig am besten positioniert, um von dem großen Wandel zu profitieren, der mit der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens bevorsteht, und als Gewinner im Rennen um die führende Plattform/App/Marktplatz im Gesundheitsbereich. Zur Rose sei in mehrfacher Hinsicht die Nummer eins, z.B. beim Kundenzugang (9,8 Millionen aktive Kunden versus 5,9 Mio. bei Shop Apotheke, der Nr. 2), bei der Convenience (die Gesundheits-App und die Konzernstruktur werden die Nr. 1 Telemedizin-Player, TeleClinic), sowie Konnektivität und Kostenerstattung, wie die Vergabe der Gematik-Ausschreibung an Zur Rose im November 2020 zur Entwicklung und Wartung der Gematik-IT-Infrastruktur für elektronische Rezepte (eRx) beweise.
Zudem sei eRX Technologiepartner des größten Pilotprojekts unter der Leitung der Techniker Krankenkasse. Durch die Kooperation mit medatixx (Nummer zwei nach CompuGroup bei Software für Arztpraxen) habe man zudem einen großen Zugang zu Ärzten (rund 38.000 in Deutschland). Man sieht keinen anderen Player/Konzern, der an diese Aufstellung herankomme, was man auch bei Amazon beachten sollte. Amazon sei in den USA im Online-Arzneimittelvertrieb aktiv und sein Einstieg in Europa sei vermutlich nur eine Frage der Zeit.
Der Umsatz soll laut den Prognosen von 2019 bis 2022 von 1,569 Milliarden Franken auf 2,552 Milliarden Franken zulegen. Das angepasste Ergebnis je Aktie sieht man gleichzeitig von minus 6,04 Franken auf plus 2,50 Franken (geschätztes KGV: 143,8) steigen. Dividendenausschüttungen sehen die Schätzungen derzeit nicht vor.