Siemens werde aber angesichts der Dimension der Kürzungen wohl nicht um betriebsbedingte Kündigungen herumkommen - erstmals seit Jahren. "Es geht um nennenswerte Kapazitätsanpassungen, um große Einschnitte", sagte der Insider.
Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern sollen in der zweiten November-Hälfte beginnen. Die Gewerkschaft IG Metall hat bereits Widerstand gegen die Pläne angemeldet. Personalchefin Janina Kugel hatte Entlassungen bereits in der vergangene Woche nicht ausgeschlossen. Diese sind bei Siemens seit 2010 nur dann möglich, wenn IG Metall und Betriebsrat zustimmen. "Wir werden das Kleingedruckte diesmal auch anwenden müssen. Wir haben eine Menge Ideen, aber das geht nur miteinander", betonte der Insider.
Einige der Standorte im Osten Deutschlands könnten bei dem bevorstehenden Stellenabbau durch Verlagerungen aus anderen Werken gerettet werden, sagte der Manager. Teil der Überlegungen sei es, Arbeitsplätze aus Ballungsräumen abzuziehen, um Werke wie Erfurt oder Görlitz nicht aufgeben zu müssen.
Die östlichen Bundesländer wären von den Streichungsplänen am stärksten betroffen. Die Sparte "Power & Gas", in der Siemens vor allem große Gas- und Dampf-Turbinen für fossile Kraftwerke baut, leidet massiv unter der Energiewende. Laut Medienberichten sind in Deutschland 3000 bis 4000 von rund 8000 Arbeitsplätzen in der Produktion in Gefahr, darunter auch ganze Standorte. Insgesamt beschäftigt die Sparte in Deutschland 16.100 Menschen.
Noch leisten viele Siemensianer in der Sparte Überstunden, der Konzern sitzt auf Aufträgen im Wert von fast 40 Milliarden Euro. Doch der Weltmarkt schrumpft angesichts des Trends zur dezentralen Energieversorgung dramatisch. Wurden 2011 noch fast 250 große Gasturbinen mit einer Leistung von mehr als 100 Megawatt verkauft, sind es in diesem Jahr nur rund 120. Bis 2020 wird sich der Markt auf 110 Turbinen pro Jahr einpendeln, glaubt Siemens. Doch allein der Münchner Industriekonzern könnte 130 davon produzieren, und der US-Rivale GE ist bei Turbinen doppelt so groß. Den Preiskampf mit Siemens und der japanischen Mitsubishi haben die Amerikaner zuletzt allerdings mit einem Rendite-Einbruch gezahlt. Die Weltmarktpreise sind um 30 Prozent gesunken. Zudem lassen sich die meisten Kraftwerke heute in Asien und Afrika verkaufen und nicht in Deutschland.
rtr