Joe Kaeser hatte unlängst auf der Industriemesse in Hannover einen Golfschläger an Barack Obama überreicht, eingraviert darauf der berühmte Wahlslogan des US-Präsidenten: "Yes, we can". Bei der Quartalsvorlage zeigte der Siemens-Chef, dass auch er es kann. Mit einem operativen Gewinn von 2,1 Milliarden Euro übertraf der DAX-Konzern die Analystenprognosen deutlich. Das Ergebnis im industriellen Geschäft stieg um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Konzentration auf das Kerngeschäft in der Energietechnik zahlt sich für die Münchner allmählich aus. Siemens profitierte gleich von von zwei Großaufträgen: In Ägypten wird der Konzern Turbinen und Stromnetze für die Erneuerung der Energieinfrastruktur des Landes liefern, hier wurden 3,1 Milliarden Euro verbucht. Zudem fuhr die Windkraftsparte eine Großorder über 1,2 Milliarden Euro für einen Offshore-Windpark in Schottland ein. Der Auftragseingang des Konzerns stieg auch deshalb um kräftige sieben Prozent auf 22,3 Milliarden Euro. Auch der Umsatz legte um fünf Prozent auf 19 Milliarden Euro zu.
Siemens wächst wieder, das ist erfreulich für Aktionäre. Inzwischen scheint das Unternehmen auch in der Lage, Aufträge ohne größere Pannen umzusetzen. Größere Abschreibungen auf Projekte tauchten auch in diesem Quartal nicht auf. Das war noch vor nicht allzu langer Zeit ganz anders, als regelmäßig misslungene Großprojekte Milliardenverluste verursachten - unvergessen etwa das Desaster mit Stromanbindungsplattformen in der Nordsee. Bessere Kontrolle und größere Kostendisziplin helfen offensichtlich: Rechnet man die Verkaufserlöse des Vorjahreszeitraums etwa für die Hörgerätesparte heraus, so stieg das Nettoergebnis gegenüber dem Vorjahr spürbar auf 1,5 Milliarden Euro an.
Kaeser und sein Finanzchef Ralf Thomas haben den Konzern operativ besser im Griff. Deshalb läuft noch längst nicht alles wie geschmiert. Weil es etwa bei der Nachfrage industrieller Kunden in China hapert und die Maschinenbaubranche auch deshalb schwächelt, kommen die gewöhnlich margenstarken kurzzyklische Geschäften wie die Industrieautomatisierung nicht recht in Schwung. Umsatz und Auftragseingang in der wichtigen Sparte "Digitale Fabrik" etwa stagnierten im Quartal. Hier sieht der Konzernchef auch im zweiten Halbjahr keine durchgreifende Besserung.
Die Energietechnik steht unter Dampf, die Industriesparten noch nicht - und die Medizintechnik liefert zuverlässig gute Zahlen. Der Bereich trägt mit seiner Konjunkturunabhängigkeit einen guten Teil dazu bei, dass Kaeser die Jahresprognose bestätigt - trotz seiner Annahme, dass sich das weltwirtschaftliche Umfeld im zweiten Halbjahr des Geschäftsjahres weiter eintrüben wird.
Noch im November hatte der Chef eine wirtschaftliche Aufhellung als Voraussetzung dafür genannt, dass Siemens im Geschäftsjahr bis Ende September währungsbereinigt ein moderates Umsatzwachstum erreicht. Die industrielle Marge soll weiter zwischen zehn und elf Prozent liegen. Im Quartal landete Siemens bei 10,9 Prozent. Hier wirkten allerdings Zuschreibungen aus dem Iran positiv, wo im Zuge der Wirtschaftssanktionen auf Eis gelegte Aufträge wiederbelebt wurden. Ohne diese Effekte lag die Marge bei 10,3 Prozent. Kaeser geht zudem weiter davon aus, einen Nettogewinn von mindestens 5,3 Milliarden Euro zu erreichen.
Siemens habe auch im zweiten Quartal "eine überzeugende Leistung abgeliefert", sagte Kaeser. Da sah die Börse auch so, die Aktie legte in schwachem Umfeld zu. Siemens erntet allmählich die Früchte des harten Umbaus. Wir sehen das Papier auch wegen der attraktiven Dividendenrendite als Kauf.
Stopp: 77,00 €
Ziel: 105,00 €