Siemens-Chef Joe Kaeser vermag wortreich um Fragen herumzusteuern, zu denen er eine konkrete Antwort lieber vermeiden will - oder keine kennt. Was die Wahl in den USA für das US-Geschäft des Konzerns bedeute, wollte ein Journalist auf der Bilanzpressekonferenz wissen. Es sei eine "demokratische Wahl", mit deren Ergebnis "man umzugehen habe", lavierte Kaeser - und gab sich zuversichtlich, von möglichen Infrastrukturinvestitionen der künftigen Trump-Administration profitieren zu können.

Bei der ersten Bilanzvorlage in der neu gebauten Zentrale in München wurde der Siemens-Chef dann notwendigerweise bei den Konzernzahlen konkret - und etwas pathetisch: "Wir haben das beste operative Ergebnis aller Zeiten vorgelegt." Das Ergebnis des -industriellen Geschäfts stieg gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro an - das übertraf die Erwartungen. Auch der Umsatz wuchs mit fünf Prozent vergleichsweise kräftig, Wettbewerber wie ABB oder GE hatten das zuletzt nicht geschafft.

Siemens steigerte den Auftragseingang stärker als den Umsatz, die sogenannte Book-to-Bill-Rate lag über eins. Das bedeutet, dass der Auftragsbestand wächst. Gegenwärtig sind es 113 Milliarden Euro - ein neuer Rekord. Wichtiger noch: Kaeser und sein Finanzchef Ralf Thomas machen weiter einen guten Job bei der Abwicklung der Orders. Pleitenprojekte mit mil-liardenschweren Abschreibungen? Fehlanzeige. Siemens arbeitet neuerdings sauber und effizient.

Auch die operative Marge kann sich sehen lassen. Die Profitabilität, lange Zeit die Schwachstelle des größten deutschen Industriekonzerns, lag im Ende September ausgelaufenen vierten Quartal abermals im Zielkorridor zwischen zehn und elf Prozent - 10,8 Prozent wurden es im Gesamtjahr.

Das Geschäft läuft, auch in der Energiesparte - lange Zeit größte Baustelle des Mischkonzerns. Kaeser hatte in der Ölpreishausse 2014 den US-Energieausrüster Dresser Rand teuer gekauft. Das hing ihm lange nach. Inzwischen ist die Sparte auf Kurs. Power & Gas, nach Umsatz der größte der acht industriellen Bereiche - die Finanzdienste gehen extra -, lag im Geschäftsjahr mit 11,4 Prozent Marge wieder im Zielbereich. Auch die Sparte "Digital Factory", die das Industrieautomatisierungsgeschäft bündelt, bringt mit knapp 17 Prozent einen Topwert. Fazit: Acht von neun Sparten sind im Soll.

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Medizintechnik an die Börse



Musterschüler bleibt die Medizintechnik, auf Siemensianisch "Healthineers". Über 17 Prozent Marge schafft das Geschäft, das Kaeser bereits rechtlich ausgelagert hat - und das bald an die Börse soll. Wann es so weit ist und ob -Siemens die Mehrheit behält, blieb offen. "Wir wollen das Geschäft ausbauen", verspricht der Chef.

Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Kaeser ein geringeres Wachstum beim Umsatz. Das Book-to-Bill-Verhältnis soll über eins bleiben, die Profitabilität zwischen 10,5 und 11,5 Prozent landen - also weiter steigen. Der einzige Wermutstropfen: Die Dividende für 2016 soll bloß um zehn Cent auf 3,60 Euro steigen - hier hatten Anleger etwas mehr erwartet.

Einschätzung der Redaktion



Auch beim Kurs setzte sich die Rekordserie fort, die Aktie markierte ein neues 16-Jahres-Hoch. Die 100-Euro-Marke hat das Papier inzwischen fest im Griff. Charttechnisch sieht es genauso gut aus wie auf der fundamentalen Seite. Attraktiv.