Siemens-Personalchefin Janina Kugel signalisierte am Freitag Verhandlungsbereitschaft: Erst in den Gesprächen mit den Belegschaftsvertretern werde sich zeigen, ob sich an der Zahl von 6900 zu streichenden Stellen noch etwas ändern lasse, sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin. "Das kann ich ihnen dann sagen, wenn die Verhandlungen abgeschlossen sind." Sie sollten im Interesse der Mitarbeiter so schnell wie möglich aufgenommen und abgeschlossen werden. Mit den Politikern in den betroffenen Bundesländern wolle Siemens über alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region sprechen. Vor allem in Sachsen, Thüringen und Berlin will Siemens Stellen streichen.
Der Konzern bereitet sich damit auf die erwartete Nachfrage-Flaute nach Turbinen für konventionelle Kraftwerke vor. Doch noch vor kurzem hatte die Sparte für einen Großauftrag aus Ägypten Überstunden geschoben. "Die Division macht Gewinn ohne Ende. Eine Betriebsschließung kann man nicht nachvollziehen in der jetzigen Lage", sagte Mitarbeiter Jochen Weiss in Offenbach. "Wir sind ausgelastet."
Siemens spricht nicht von einer Schließung in Offenbach. "Aber de facto wird das einfach von Erlangen aufgesogen werden", sagte ein IG-Metall-Sprecher. Auch Personalchefin Kugel ist skeptisch, ob viele Mitarbeiter zum Umzug an einen anderen Standort bereit seien. Das Stammwerk von Siemens im fränkischen Erlangen ist mehr als 200 Kilometer von Offenbach entfernt.
MAHNWACHE UND BUHRUFE
Die größte Kundgebung fand am Freitag in Berlin statt. Dort versammelten sich vor der Siemens-Zentrale in Siemensstadt nach Angaben der Gewerkschaft mehr als 1200 Mitarbeiter. "Wir lassen uns von Joe Kaeser nicht den Industriestandort Berlin zerstören", sagte der Berliner IG-Metall-Bevollmächtigte Klaus Abel an die Adresse des Siemens-Chefs. In Görlitz, wo das Werk mit 720 Beschäftigten ebenso wie jenes in Leipzig geschlossen werden soll, gab es eine Mahnwache.
In Erfurt verließen einige hundert Mitarbeiter unter Pfiffen und Buhrufen eine Belegschaftsversammlung. Siemens will einen neuen Eigentümer für das Werk suchen, in dem zurzeit rund 500 Menschen arbeiten. Doch Arbeitnehmervertreter sind skeptisch, dass sich ein Käufer findet.
Die nächsten Protestaktionen sind für kommenden Donnerstag (23. November) in Berlin geplant. Die IG Metall erwartet mehr als 2500 Demonstranten vor dem Tagungshotel, in dem die jährliche Betriebsräteversammlung stattfindet. Auf dem Treffen soll auch Personalchefin Kugel auftreten.
rtr