Die Probleme von Siemens Energy mit seiner Windkrafttochter Siemens Gamesa reißen nicht ab. Deshalb zog Siemens-Energy-Chef Christian Bruch die Reißleine und kassierte die ohnehin erst im Mai gesenkte Gewinnprognose. Aus Hunderten Millionen Verlust könnte womöglich eine Milliarde werden. Die Analysten senken nun reihenweise ihre Kursziele für Siemens Energy. 

Die Siemens-Energy-Aktie erlebte am vergangenen Freitag einen dramatischen Kurssturz. Nachdem Vorstandschef Christian Bruch einräumen musste, dass die technischen Probleme bei der Windkraft-Tochter Siemens Gamesa deutlich größer und teurer zu beheben sind als gedacht, crashte die Siemens-Abspaltung um 36 Prozent.

Dabei hatte sich das im DAX notierte Papier in den vergangenen Monaten deutlich erholt, weil Siemens Energy die spanische Tochter langsam in den Griff zu bekommen schien. Ende März korrigierte die Siemens AG deshalb eine vorherige 2,7 Milliarden Euro schwere Abschreibung und wertete die Beteiligung um fast 1,6 Milliarden auf. Am 31. März hatte die Siemens-Energy-Aktie bei 20,24 Euro geschlossen, am Freitag fiel sie unter die Marke von 15 Euro.

Am Montag setzt sich die Talfahrt im Xetra-Handel noch fort. Eine Aktie von Siemens Energy rutscht am Vormittag unter die 14-Euro-Marke. 

Siemens Energy (WKN: ENER6Y)

Analysten senken ihre Kursziele

Die US-Bank Citigroup hat Siemens Energy von "Buy" auf "Neutral" abgestuft und das Kursziel von 29 auf 18 Euro gesenkt. Nach der Gewinnwarnung sei die weitere Entwicklung des Energietechnikkonzerns kaum mehr planbar, schrieb Analyst Vivek Midha in einer am Montag vorliegenden Studie. Das Vertrauen der Anleger sei schwer getroffen worden. Der Kurseinbruch könnte zwar übertrieben sein, aber er sei nicht aus der Luft gegriffen. Die Resultate zum dritten Quartal, die im August erwartet werden, seien nun kritisch zu sehen. Es bleibe unklar, ob sich die Situation weiter verschärfe.

Auch die DZ Bank hat Siemens Energy von "Kaufen" auf "Halten" abgestuft. Den fairen Wert kappte Analyst Alexander Hauenstein von 27 auf nur noch 16 Euro je Aktie. Nach der schockierenden Gewinnwarnung blieben vorerst zu viele Fragen unbeantwortet, schrieb er. Wegen der Unsicherheit sei keine Kaufempfehlung mehr gerechtfertigt. Er reduzierte seine Gewinnschätzungen für die Windkraft-Tochter Siemens Gamesa deutlich, die für die Misere verantwortlich ist.

Deutsche Bank Research hat das Kursziel für Siemens Energy von 26 auf 20 Euro gesenkt und die Einstufung auf "Hold" belassen. Die Bewertung der Papiere mache nun zwar einen attraktiveren Eindruck, aber die Unsicherheiten blieben einfach zu groß, schrieb Analyst Gael de-Bray in einer aktuellen Studie.

Skeptischer ist das Analysehaus Jefferies. Analyst Simon Toennessen hat Siemens Energy von "Buy" auf "Hold" abgestuft und das Kursziel drastisch von 25,00 auf 16,50 Euro gesenkt. Siemens Gamesa habe dem Energietechnik-Konzern den Wind aus den Segeln genommen, schrieb Toennessen in einer Studie. Nachdem Siemens Energy wegen der Probleme der Windkraft-Tochter seine Jahresziele kassiert hatte, geht der Experte bei Siemens Gamesa von zwei Verlustjahren aus.

Der Mutterkonzern, für den der Anlagehintergrund ansonsten ordentlich aussehe, könnte auf Jahre hinaus damit beschäftigt sein, die finanziellen Auswirkungen der technischen Probleme bei Siemens Gamesa zu ergründen. Deshalb bleibe Toennessen mit Blick auf die Aktie erst einmal an der Seitenlinie.

Auch BÖRSE ONLINE rät vorerst zum Abwarten, nachdem die Siemens-Energy-Aktie am Freitag unter die Stop-Loss-Marke bei 17 Euro gefallen ist. Zumal der Mutterkonzern Siemens, von dem Siemens Energy im Herbst 2020 abgespalten wurde, noch ein Paket von 255 Millionen Aktien hält, das eigentlich in absehbarer Zeit verkauft werden sollte. Spekuliert wird nun darüber, ob Siemens die Aktien nach und nach über den Markt verkauft oder doch einen oder mehrere Abnehmer – etwa Pensions- oder Staatsfonds – dafür findet.

 

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(Mit Material von dpa-AFX)