Die Healthineers-Aktie war am Montag mit einem Abschlag von 5,5 Prozent einer der größten Verlierer im Nebenwerteindex MDax. Die Titel des Mutterkonzerns Siemens, der seiner Tochter mit einer milliardenschweren Brückenfinanzierung den Zukauf ermöglicht, legten dagegen um 1,6 Prozent zu.
"Die Akquisition ist ein kluger Schachzug", kommentierte Berenberg-Analyst Scott Bardo. Siemens Healthineers sei bereits Weltmarktführer bei bildgebenden Verfahren und in der Diagnostik und verstärke sich mit der Übernahmen nun in dem dritten wesentlichen Investitionsbereich von Krankenhäusern, der Strahlentherapie. "Zwar ist der Zukauf nicht billig, doch der strategische und finanzielle Sinn ist einwandfrei gegeben."
Healthineers hatte am Sonntag angekündigt, den US-Konzern Varian mit dem Einverständnis von dessen Management komplett zu übernehmen. Dafür zahlt der deutsche Medizintechnikanbieter den Varian-Aktionären einen Aufschlag von 24 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag und eine Prämie von sogar 42 Prozent auf den gewichteten Durchschnittskurs der vergangenen 30 Tage. Der Kaufpreis von 177,50 Dollar je Aktie summiert sich auf rund 16,4 Milliarden Dollar. Für den Mutterkonzern Siemens ist das der größte Zukauf in seiner Geschichte. "Die Übernahme ist einfach relativ teuer", sagt ein Händler.
Die Analysten des Wertpapierhandelshauses Alpha sahen sich gar an die milliardenschwere Übernahme des Öl- und Gasindustrieausrüsters Dresser Rand vor sechs Jahren erinnert, die sich für Siemens als Fehlschlag erwiesen hatte. "Nun bejubelt die Presse den nächsten US-Zukauf mit dummem deutschem Geld, und Analysten werden es ebenfalls tun", ätzten die Alpha-Kommentatoren. Siemens-Chef Joe Kaeser bereut den Dresser-Rand-Kauf inzwischen. Siemens hatte seinerzeit auf den Fracking-Boom in den USA gesetzt, der inzwischen abgeflaut ist.
Obwohl Siemens seiner Medizintechnik-Tochter mit deren Börsengang 2018 die Möglichkeit verschafft hatte, Übernahmen mit eigenen Aktien zu bezahlen, sollen die Varian-Aktionäre ausschließlich Bargeld bekommen. Allerdings will Healthineers neue Aktien am Markt platzieren, um mit dieser Kapitalerhöhung einen Teil des Kaufpreises aufzubringen.
Refinanziert wird der Kaufpreis zunächst aber durch eine Brückenfinanzierung von Siemens. Der Mutterkonzern will seiner Tochter "zu marktüblichen Bedingungen" insgesamt 15,2 Milliarden Euro leihen. Der Betrag entspricht 17,9 Milliarden Dollar und übertrifft damit sogar die Kaufpreissumme. Durch die Kapitalerhöhung, an der Siemens nicht teilnehmen will, sinkt der Anteil an der Medizintechniktochter von 85 Prozent auf rund 72 Prozent. Durch den Anstieg des Streubesitzes sieht sich Healthineers früher oder später als Kandidat für den Leitindex Dax.
rtr