"Wir müssen im Vertrieb bissiger werden", forderte Montag, der das Diagnostik-Ressort ab Oktober selbst übernimmt. Im laufenden Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende September) werde Healthineers nur 1800 Atellica-Laborstraßen ausliefern statt der bisher in Aussicht gestellten 2200 bis 2500, räumte Montag ein. In den ersten neun Monaten haben die Techniker erst 1230 geschafft.
Mit Atellica wollte Siemens Healthineers eigentlich den Weltmarktführer Roche angreifen. Der Erlanger Konzern hatte die Diagnostik-Sparte durch Übernahmen vor allem in den USA zusammengekauft, nun sollte endlich ein Labor "aus einem Guss" auf den Markt kommen. Mit der Hoffnung auf einen Wachstumsschub hatte Siemens auch die Aktionäre beim Börsengang geködert. "Die erfolgreiche Weiterentwicklung des attraktiven Diagnostik-Geschäfts ist entscheidend, um zusätzliches Wachstum zu realisieren - dies ist wichtig für Kunden und Investoren gleichermaßen", machte Aufsichtsratschef Michael Sen am Montag Druck auf den Vorstand. Doch in den USA, wo die Sparte rund ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet, halten viele Kunden an den alten Laborstraßen fest.
KINDERKRANKHEITEN
Bis September 2020 hatte sich Healthineers die Installation von 7000 Atellica-Laboren auf die Fahnen geschrieben. Auch das werde wohl länger dauern, räumte Montag nun ein. "Die Zahl ist aber kein Selbstzweck." Dass die Systeme laufen, ist wichtig, weil der Konzern weniger mit den Geräten selbst, sondern vor allem mit den Reagenzien und anderen Verbrauchsmaterialien Geld verdient. Von den seit Oktober 2017 ausgelieferten 2230 Geräten zur Analyse von Blut- und Urin-Proben sei erst etwa die Hälfte im Betrieb, sagte Finanzvorstand Jochen Schmitz. Zuletzt habe man bei den bereits installierten Systemen "Kinderkrankheiten" behoben, weil einige davon nicht stabil liefen.
Die steigenden Anlaufkosten für Atellica belasten auch die operative Umsatzrendite des Erlanger Konzerns, die im dritten Quartal auf 15,2 (16,0) Prozent schrumpfte. Nach neun Monaten lag sie mit 16,5 Prozent deutlich unter der Zielmarke für das Gesamtjahr: Siemens Healthineers werde am unteren Ende der Spanne von 17,5 bis 18,5 (2017/18: 18,3) Prozent herauskommen, bekräftigte Schmitz. Das deckt sich mit den Expertenerwartungen.
Zugute kommt der Siemens-Tochter, dass es vor allem bei Computer- (CT) und Kernspintomografen (MRT) besser läuft als gedacht. Der Umsatz werde daher 2018/19 auf vergleichbarer Basis um mehr als 4,5 Prozent zulegen; bisher lag die Untergrenze bei vier Prozent. Nach neun Monaten stand ein Plus von fünf Prozent auf knapp 10,4 Milliarden Euro zu Buche. Der Nettogewinn lag mit 1,08 Milliarden Euro um 18 Prozent über dem Vorjahresniveau, weil Healthineers weniger für Steuern und Zinsen ausgeben muss.
Im November wollen Montag und Schmitz neue Ziele für die Jahre bis 2025 präsentieren. Für die Bildgebungs-Sparte mit MRT- und Röntgen-Geräten, die den Löwenanteil des Gewinns beisteuert, seien dann noch höhere Renditen drin als die 20 bis 22 Prozent, die Healthineers bisher in Aussicht gestellt hat. Der operativ für die Sparte zuständige Christoph Zindel(58) rückt im Oktober in den Vorstand auf, wo der Mediziner Montags Verantwortung für Bildgebung und die Therapie-Sparte übernimmt.
rtr