Dazu kamen Nachholeffekte, weil Ärzte und Krankenhäuser in der ersten Phase der Pandemie weniger investiert hatten. Für 2021/22 rechnet Siemens-Healthineers-Chef Bernd Montag - den Schnelltest-Effekt herausgerechnet - mit einer Normalisierung: Das Umsatzwachstum soll mit fünf bis sieben Prozent dann nur halb so hoch ausfallen wie im vergangenen Geschäftsjahr. Der bereinigte Nettogewinn je Aktie soll aber um rund ein Fünftel steigen.
Vor allem die 16,4 Milliarden Dollar teure Übernahme des US-Krebsbehandlungs-Spezialisten Varian soll Siemens Healthineers dann auf die Sprünge helfen. 2,9 bis 3,1 Milliarden Euro Umsatz sollen die Amerikaner beisteuern, bei einer operativen Rendite von 15 bis 17 Prozent, die in einigen Jahren auf 20 Prozent und mehr steigen soll. Wann genau, will Montag am 17. November auf einem Anlegertag verraten. Er verwies auf einen Auftragseingang von mehr als 20 Milliarden Euro. "Als noch ganzheitlicheres und relevanteres Unternehmen im Gesundheitswesen gehen wir mit einem Rekord-Auftragsbestand in das neue Geschäftsjahr, für das wir eine fortgesetzt starke Geschäftsentwicklung erwarten", sagte Montag. Zugpferd soll aber zunächst die Bildgebungs-Sparte (CT, MRT, Röntgen) bleiben, deren Marge sich auf 22 bis 23 (Vorjahr: 21,1) Prozent verbessern soll.
Das Geschäft mit Corona-Tests läuft dagegen langsam aus. Im vergangenen Geschäftsjahr hatten sie allein 1,1 Milliarden Euro Umsatz und einen Nettogewinn von 340 Millionen Euro geliefert. 2021/22 rechnet Finanzvorstand Jochen Schmitz nur noch mit 200 Millionen Euro Umsatz mit den Tests, die Siemens Healthineers vor allem an staatliche Stellen geliefert hatte. Zudem bröckeln die Preise: Hatte Healthineers anfangs noch mehr als fünf Euro pro Schnelltest bekommen, geht es in Ausschreibungen derzeit um weniger als 1,50 Euro.
CORONA-BONUS FÜR DIE BELEGSCHAFT
2020/21 erreichte Siemens Healthineers zwar das obere Ende der eigenen Prognosen, blieb aber hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Der Umsatz schnellte auf vergleichbarer Basis um 19 Prozent auf 18 Milliarden Euro. Ohne Schnelltests hätte das Plus bei zwölf Prozent gelegen. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) schoss um 40 Prozent auf 3,14 Milliarden Euro nach oben, Analysten hatten dem Unternehmen im Schnitt aber 3,25 Milliarden zugetraut. Finanzvorstand Schmitz erklärte die Differenz vor allem mit Sonderboni von 56 Millionen Euro, die die Belegschaft für ihren Einsatz in der Corona-Krise bekam.
Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 1,75 Milliarden Euro, 23 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Siemens Healthineers hatte ein bereinigtes Ergebnis je Aktie von 1,95 bis 2,05 Euro prognostiziert und landete am Ende bei 2,03 Euro. Im neuen Jahr sollen 2,08 bis 2,20 Euro daraus werden. Die Dividende soll auf 85 (80) Cent erhöht werden; Analysten hatten aber im Schnitt auf 89 Cent gehofft. Die Enttäuschung über den Dax-Neuling verflog an der Börse aber schnell: Am Mittag näherte sich die Aktie mit einem Plus von 2,3 Prozent dem Rekordhoch vom August.
rtr