Der Industriekonzern Siemens hat einen sehr guten Geschäftsbericht vorgelegt, der in allen Bereichen besser als erwartet ausgefallen ist. Der Ausblick ist ebenfalls stark. Das Management des Dax-Konzerns schlägt eine Dividendenerhöhung vor. Die Siemens-Aktie reagiert mit einem satten Kurssprung. Auch die Analysten sind angetan.
Als Nachzügler der Berichtssaison hat am Morgen Siemens seine Quartalszahlen vorgelegt. Der Konzern bekommt die schwächelnde Konjunktur offenbar kaum zu spüren. Mit einem Schlussspurt schraubte sich der Münchner Technologiekonzern im Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende September) nämlich zu einem operativen Rekordgewinn und erhöht die Dividende. Das Ergebnis aus dem Industriegeschäft schnellte um 17 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro und übersprang damit zum ersten Mal in der 175-jährigen Firmengeschichte die Zehn-Milliarden-Marke, wie der Technologiekonzern am Donnerstag vor der Bilanzpressekonferenz mitteilte. Analysten hatten Siemens im Schnitt nur 9,9 Milliarden Euro zugetraut.
Dividende steigt
Obwohl der Nettogewinn durch die Milliardenabschreibung auf die ehemalige Energietechnik-Tochter Siemens Energy auf 4,4 (Vorjahr: 6,7) Milliarden Euro einbrach, sollen die Aktionäre nach der Hauptversammlung eine um 25 Cent höhere Dividende von 4,25 Euro je Anteilsschein erhalten.
Der Konzernumsatz wuchs auf vergleichbarer Basis um acht Prozent auf 72,0 Milliarden Euro, ebenfalls stärker als gedacht. "Die hohe Nachfrage nach unseren Hardware- und Software-Angeboten hält an", erklärte Vorstandschef Roland Busch. Das gelte auch für das Geschäft mit digitalen Produkten, dem sein Augenmerk gilt. Der Umsatz in dem Bereich wuchs um 15 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro und übertraf damit die Erwartungen. Der Auftragseingang schwoll um 17 Prozent auf 89 Milliarden Euro an.
Im Schlussquartal profitierte der Konzern von einem Extra-Gewinn von 1,08 Milliarden Euro aus dem Verkauf des Brief- und Paket-Logistik-Geschäfts an den Lübecker Anlagenbauer Körber. Der endgültige Rückzug aus Russland kostete Siemens allerdings noch einmal 267 Millionen Euro. Im vierten Quartal habe man sich auch vom Finanzierungs- und Leasinggeschäft getrennt, hieß es in der Mitteilung.
Optimismus für das neue Geschäftsjahr
Auch im neuen Geschäftsjahr rechnet Siemens mit Zuwächsen – basierend auf einem Auftragsbestand von 102 Milliarden Euro. Der Umsatz dürfte 2022/23 auf vergleichbarer Basis um sechs bis neun Prozent steigen, hieß es seitens Siemens-Vorstand. Das Ergebnis je Aktie vor bestimmten Kaufpreis-Effekten soll auf 8,70 Euro bis 9,20 Euro zulegen, nach 5,47 Euro im Vorjahr. Dabei ausgeklammert sind Währungseffekte sowie Portfolio-Veränderungen. Dabei erwartet Siemens für das Geschäft mit der Digitalisierung zweistellige Wachstumsraten.Ohne die Wertberichtigung auf den 35-Prozent-Anteil an Siemens Energy infolge des Kurseinbruchs hätte Siemens schon im abgelaufenen Jahr 8,84 Euro je Aktie geschafft.
An der Börse sorgen die Siemens-News für Begeisterung. Im frühen Handel springt die Siemens-Aktie erstmals seit Ende März wieder über die Marke von 130 Euro. Bis auf 131,70 Euro zieht der Kurs im Xetra-Handel zeitweilig an – ein Tagesplus von mehr als acht Prozent. Damit ist das Dax-Schwergewicht Spitzenreiter im Leitindex.
Höhere Kursziele
Auch die Analysten sind beeindruckt von den Siemens-Zahlen. Deutsche Bank Research etwa hat die Einstufung für den Konzern auf "Buy" mit einem Kursziel von 145 Euro belassen. Analyst Gael de-Bray nannte den Ausblick der Münchner "sehr ermutigend". Im vierten Geschäftsquartal habe der Konzern die Erwartungen beim Barmittelzufluss zum zehnten Mal in Folge getoppt, hob er zudem hervor.
Das Analysehaus Jefferies bestätigt seine Einstufung für Siemens ebenfalls mit "Buy", das 12-Monats-Kursziel liegt bei 142 Euro. In allen Aspekten stark, bezeichnete Analyst Simon Toennessen den Geschäftsbericht der Münchner. Der optimistische Ausblick auf das Automatisierungsgeschäft widerspreche den Abschwungsorgen.
Noch optimistischer ist die US-Bank JPMorgan. Analyst Andrew Wilson hat ein Kursziel von 156 Euro ausgegeben und hat die Einstufung für Siemens nach Zahlen auf "Overweight" belassen. Der Technologiekonzern habe auf ganzer Breite die Erwartungen am Markt übertrumpft, schrieb er am Donnerstag-Morgen. Auch für das kommende Jahr läge der Konsens bisher nur am unteren Ende der vom Unternehmen angekündigten Bandbreite. Dies sei auch auf die überraschend guten Prognosen für jedes der Industriegeschäfte zurückzuführen.
Und die US-Investmentbank Goldman Sachs sieht Siemens sogar erst bei 162 Euro fair bewertet. Analystin Daniela Costa attestierte den Münchnern am Donnerstag in einer ersten Reaktion solide übertroffene Erwartungen im vierten Geschäftsquartal und einen ebenso guten Ausblick.
Auch BÖRSE ONLINE stuft die Siemens-Aktie als kaufenswert ein und hat ein Kursziel von 150 Euro ausgegeben.