Der wöchentliche Stimmungsbericht zeigt regelmäßig auf, welche Transaktionen kommerzielle Branchenangehöriger (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) im Vergleich zur Vorwoche getätigt haben. Die diesjährige Kursrally des Silberpreises von über sieben Prozent war vor allem durch die wachsende Zuversicht unter großen Terminspekulanten begünstigt worden.
Mit dem allgemeinen Interesse an Silber-Futures - welches man an der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) ablesen kann - ging es seit Ende Dezember allerdings signifikant bergab. Innerhalb dieses Zeitraums war nämlich ein Rückgang von 165.006 auf 157.934 Kontrakte (-4,3 Prozent) registriert worden. Dies hat der kumulierten Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Terminspekulanten jedoch nicht geschadet - im Gegenteil. Hier war ein markanter Zuwachs von 29.878 auf 45.474 Kontrakte (+52,2 Prozent) gemeldet worden, was vor allem den Großspekulanten zu verdanken war.
Diese Gruppe von Marktakteuren hat innerhalb von fünf Wochen ihr Short-Exposure massiv zurückgefahren und zugleich die Long-Seite erhöht. Bei der Netto-Long-Position der Großspekulanten (Non-Commercials) führte dies seit Ende des Jahres zu einem starken Satz nach oben, nämlich von 20.704 auf 38.588 Futures (+86,4 Prozent). Zur Erinnerung: Im Juli vergangenen Jahres war hier ein Wert von lediglich 4.245 Futures registriert worden, während Ende Oktober mit 62.445 Futures ein Mehrjahreshoch verbucht wurde. Kleinspekulanten (Non-Reportables) sind seit dem Jahreswechsel hingegen deutlich skeptischer geworden und haben ihre Netto-Long-Position seither von 9.174 auf 6.886 Kontrakte (-25,0 Prozent) gekürzt. Für den künftigen Silberpreis ist es wichtig, dass die Stimmung der spekulativen Marktakteure nicht nach unten dreht.
Auf Seite 2: Silber - auf Tuchfühlung mit der 200-Tage-Linie
Weil Silber nicht ausschließlich als Krisenwährung wahrgenommen wird, sondern mehr als zur Hälfte in diversen Industriesektoren zum Einsatz kommt, verlief der diesjährige Rebound nicht ganz so dynamisch wie bei Gold. Der Absatz von American-Eagle-Silbermünzen legte allerdings einen ausgesprochen rasanten Start ins Jahr 2016 hin. So meldete die Münzprägeanstalt US Mint für Januar einen Absatz von fast sechs Millionen Feinunzen, was dem höchsten Stand seit Januar 2013 entsprach. Damals wanderten fast 7,5 Millionen Feinunzen Silbermünzen in die Schatullen verunsicherter Anleger. Insgesamt wurde im Jahr 2015 sogar ein neuer Rekordwert in Höhe von 44,9 Millionen Unzen (2014: 44,006 Millionen) erzielt. Obwohl sich der Silberpreis innerhalb von drei Jahren mehr als halbiert hat, blieb das mit großem Abstand günstigste Edelmetall zumindest im Münzbereich weiterhin gefragt.
Aus charttechnischer Sicht gab es in der vergangenen Woche mit dem Überwinden der 100-Tage-Linie und dem Angriff auf die 200-Tage-Linie zwar ein Kaufsignal zu vermelden, von einem Trendwechselsignal sind wir aber immer noch ein gutes Stück entfernt. Zum einen müsste die 200-Tage-Linie möglichst deutlich überwunden werden, wobei deren sinkende Tendenz derzeit noch als Manko gilt. Zum anderen bewegt sich der Silberpreis weiterhin innerhalb des seit drei Jahren intakten Abwärtstrendkanals.
Hoffnung auf einen Trendwechsel dürften sich Anleger machen, wenn die oberhalb von 15 Dollar verlaufende 200-Tage-Linie sowie die hier angesiedelte obere Trendbegrenzung deutlich überschritten oder noch besser - die im Bereich von 16 Dollar vorhandene Widerstandszone signifikant überwunden wird. Sorgen wären indes berechtigt, wenn Silber wieder in Richtung Sechseinhalbjahrestief fallen sollte. Dies wurde Mitte Dezember bei 13,68 Dollar markiert. Dank der jüngsten Rally trat dieses Risiko zuletzt etwas in den Hintergrund.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.