"Servus München", schreit Strategievorstand Alexander Sixt und reckt die Faust in die Höhe, um die knapp 2000 Gäste in den Eisbachstudios in München zu begrüßen. Ein bisschen Lokalkolorit muss wohl sein, selbst wenn man gerade das große Ziel ausgibt, die "erste weltweit völlig integrierte Mobilitätsplattform" auszurollen. Denn am Donnerstag gab Deutschlands größter Autovermieter den Startschuss für "Sixt One", eine App, mit der Kunden Autos mieten, teilen und Taxidienste buchen können.
Das Kombiangebot soll die Eintrittsbarriere ins klassische Automietgeschäft senken. Mussten Kunden bislang zum Schalter gehen, um sich ein Fahrzeug auszuleihen, genügt heute ein Klick auf dem Smartphone. Auf diese Weise hofft Sixt seinen Kundenkreis, von bislang 20 Millionen Kunden weltweit, weiter auszubauen und sich vom Autovermieter zum globalen Mobilitätskonzern entwickeln. Bereits heute verfügt Sixt über 240.000 Fahrzeuge an 2200 Standorten weltweit.
"Es ist ein guter Tag für uns, ein schlechter für den Wettbewerb", rief Vorstandschef Erich Sixt am Donnerstagabend in die Menge, die größtenteils aus Mitarbeitern bestand, und erntete frenetischen Applaus. Ein Jahr lang hatte der Konzern an dem neuen Konzept gearbeitet, das wohl auch aus der Not geboren wurde. Bis Anfang 2018 hatte Sixt gemeinsam mit BMW das Carsharing-Angebot DriveNow betrieben. Dann schloss sich der Münchener Autobauer mit Konkurrent Daimler zusammen. Vor wenigen Tagen stellten die Konzerne ihre gemeinsame Plattform vor - allerdings gibt es noch keine gemeinsame App. Und so konnte sich Erich Sixt einige Spitzen gegen die Konkurrenz auch nicht verkneifen. Er könne sich den Namen des neuen Wettbewerbers nicht richtig merken. Sohn Alexander stellt klar, dass das Geschäftsmodell schlicht verschieden ist: "Wir stellen Autos hin, andere stellen Autos her."
Derzeit steht Sixt Carsharing nur Kunden in Berlin zur Verfügung. Allerdings soll der Ausbau rasch voranschreiten. In den nächsten Monaten will Sixt das Angebot auf weitere deutsche und europäische Großstädte ausdehnen. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist München dabei, auch Hamburg gehört wohl dazu. Mieten kann man die Fahrzeuge von wenigen Minuten bis zu 27 Tagen. Ist der Höchstbetrag für eine Stundenmiete überschritten, wechselt das System direkt zum Tagespreis. Im Stadtgebiet oder an einer Sixt Station können Kunden die Fahrzeuge dann wieder abgeben. Dass Sixt das Angebot nur langsam ausrollt, beginnend mit Berlin, passt zur DNA des Patriarchen, mit Vorsicht an neue Dinge heranzugehen. Wenn er auf etwas stolz sei, dann darauf, dass er als Unternehmer noch nie Geld verloren hat, betont Erich Sixt. "Im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern, die fast Pleite zu gehen drohen", stichelt er. Spitzbübisch fügt er hinzu, dass die neue Plattform "überspitzt gesagt, keinen einzigen Euro" gekostet habe. Denn Fuhrpark und IT-Plattform habe Sixt bereits im Portfolio. Sixt sei schon jetzt ein IT-Unternehmen mit angeschlossener Autovermietung, betont der 74-Jährige.
Einschätzung der Redaktion
Bei den Investoren kommen die Sixt-Pläne gut an. Die Aktie schoss am Vormittag um mehr als sieben Prozent nach oben. Denn selbst, wenn das neue Produkt nicht zum Wachstumstreiber wird, ist das Risiko begrenzt.
Sollte die Plattform aber durchstarten, könnten die Bayern künftig auch am Milliardenmarkt mit Fahrdienstleistungen teilhaben.
Erich Sixt ist sich jedenfalls schon Mal sicher: "Wer heute 10000 Euro in Sixt-Aktien investiert, kann sich auf die Rente freuen". Auch BÖRSE ONLINE empfiehlt die Sixt-Anteile weiter zum Kauf.
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