Ehen in Deutschland halten im Durchschnitt 14 Jahre und acht Monate. Kein Wunder, dass Banker früher gern witzelten, die Deutschen trennten sich eher von ihrem Ehepartner als von ihrer Bank. Doch die Zeiten haben sich geändert. Inzwischen macht es moderne Technik möglich, den "Bankpartner" in einer guten Viertelstunde zu wechseln - oder gar mehrgleisig zu fahren, wenn es denn beliebt. Video-Ident und vollständig digitale Kontoeröffnung ganz ohne Unterschrift machen es möglich.

Knapp 60 Prozent der Deutschen spielen laut einer repräsentativen Umfrage der Comdirect mit dem Gedanken, ihre Hauptbank zu wechseln. Doch durchgezogen hat den Schritt bisher gerade mal jeder Fünfte. Kein Wunder, war doch der Wechsel bisher mit hohem organisatorischen Aufwand verbunden. Lastschriften und Daueraufträge müssen umgestellt, der Arbeitgeber und weitere Zahlungspartner informiert werden. Außerdem scheuen offenbar auch viele den Prozess der Kontoeröffnung selbst, der bisher üblicherweise ins Postamt führte.

Bei Onlinebanken lief das Prozedere bislang meist so ab: Man gibt die persönlichen Daten in eine Onlinemaske ein, druckt den Antrag mitsamt eines Postident-Formulars aus und unterschreibt. Und dann muss man sich mit seinem Ausweis in die nächste Postfiliale bequemen und sich dort legitimieren lassen. Je nach Anfahrtsweg und Schlange im Postamt kann das dauern. So mancher potenzielle Neukunde verliert dabei die Lust.

Viel schneller geht die Kontoeröffnung inzwischen mit Video-Ident, das seit März 2014 in Deutschland durch eine Neuauslegung des Geldwäschegesetzes zulässig ist - und je nach Anbieter für neue Konten, aber auch Depots genutzt wird. Video-Ident läuft inzwischen bei Comdirect, Commerzbank, DKB, Flatex, , , , sowie - und seine Beliebtheit steigt: "Fast 40 Prozent unserer Neukunden nutzen bereits das Video-Ident-Verfahren", so DKB-Sprecherin Dana Wachholz. Die Targobank nutzt Video-Ident auch bei Anträgen auf Kurzzeitkredite. Im Lauf dieses Jahres wollen unter anderem auch Consorsbank und DAB Bank Video-Ident anbieten.

Um Video-Legitimation zu nutzen, benötigen Kunden ein paar Minuten Zeit, ihren Ausweis und einen Rechner mit Webcam und Internetzugang. Bei manchen Instituten reicht auch ein Tablet oder ein Smartphone. Für die Legitimation muss der Kunde seinen Ausweis in die Webcam halten, mehrfach drehen und wenden, um ihn technisch auf Echtheit prüfen zu lassen. Der Nachweis der Identität ist damit erledigt. Allerdings sehen etliche Institute immer noch zumindest ein gutes altes Briefchen mit händischer Unterschrift unter dem ausgedruckten Kontoeröffnungsantrag vor. Sie befürchten unter anderem, dass sonst die Schufa-Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz womöglich nicht wirksam erteilt werden kann.

Girocard kommt noch per Post



Bedenken, die die Comdirect nicht teilt: "Soweit der Antragsteller bewusst den volldigitalen, also papierlosen Kontoeröffnungsantragsprozess wählt, ist eine entsprechende elektronisch erteilte Einwilligung praxisgerecht und angemessen", sagt Sprecher Geerd Lukaßen. Bei der Comdirect und ihrer Mutter Commerzbank ist daher seit Kurzem die vollständig digitale Girokontoeröffnung möglich - ganz ohne Autogramm. Das Konto ist dann bereits nach einigen Minuten komplett einsatzfähig. Nach Durchlaufen des Video-Idents "erhält der Kunde direkt im Anschluss seine Kontonummer und kann das neue Konto damit sofort nutzen", erklärt Martin Kurz von der Commerzbank.

Und noch etwas kommt hinzu, das den Wechsel bequemer und noch schneller macht: Die Comdirect offeriert inzwischen - nach eigenen Angaben als erste Bank hierzulande - zusätzlich einen vereinfachten volldigitalen Kontowechselservice: Mit nur wenigen Klicks kann der Neukunde das alte Konto mit dem neuen verknüpfen, dann kann er sofort sämtliche Daueraufträge und Lastschriften auf das neue Konto übertragen. Außerdem übernimmt die Bank den Papierkram, um beispielsweise Arbeitgeber, Rentenversicherung oder Stromanbieter über die neuen Kontodaten zu informieren. Inzwischen läuft hier schon jede siebte Konto- und jede zehnte Depoteröffnung volldigital. Aber auf eines muss man dann doch noch ein paar Tage warten: Girocard und Kreditkarte kommen wie eh und je per Briefpost.