Jede Woche drückt der Haushaltsstreit das Wachstum der weltgrößten Volkswirtschaft um mindestens 0,1 Punkte. Das seien aufs Jahr hochgerechnet etwa 18,7 Milliarden Dollar, so Hepperle. "Diese Effekte werden wahrscheinlich umso größer, je länger der 'Shutdown' andauert", erklärt auch die Fondsgesellschaft DWS. Halte die Schließung der Regierungsbehörden das gesamte erste Quartal über an, könnte das Bruttoinlandsprodukt um mindestens zwei Prozent gedrückt werden.
Bereits seit dem 22. Dezember arbeiten große Teile der US-Bundesregierung nicht mehr. Einen so langen "Shutdown" gab es noch nie. Grund dafür ist, dass sich US-Präsident Donald Trump mit den oppositionellen Demokraten nicht auf einen Haushalt einigen kann. Der Republikaner beharrt auf Milliarden für eine von ihm geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko, was die Demokraten strikt ablehnen.
Der Streit bedroht vor allem den privaten Konsum, der rund 70 Prozent zur US-Wirtschaftsleistung beiträgt. Die 800.000 betroffenen Bundesbediensteten bekommen derzeit kein Geld und dürften sich daher mit ihren Ausgaben zurückhalten. Laut Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner summieren sich die ausstehenden Zahlungen auf monatlich etwa fünf Milliarden Dollar.
Einzelhändler wie Macy's und Nordstrom klagten deshalb bereits im Dezember über schleppende Geschäft. "Es wird einige Branchen geben, die nachhaltige Schäden erleiden werden, darunter Restaurantbetreiber", sagt der Chefökonom des Finanzhauses TS Lombard, Steven Blitz. Dazu gehören Ketten wie McDonald's, Chipotle und Starbucks. Analysten gehen davon aus, dass sie einmal entgangene Umsätze nicht wieder wettmachen können. Auch Einzelhändler wie Walmart oder Kroger dürften nicht unbeschadet davonkommen. Die Kunden seien "sehr nervös, wohin das führt", betont Kroger-Chef Rodney McMullen mit Blick auf den Haushaltszoff.
IMMER MEHR STAATSBEDIENSTETE MELDEN SICH KRANK
Gefahr droht aber auch von anderer Seite. So sind die Mitarbeiter der Transportation Security Administration (TSA), die für die Sicherheitskontrollen an US-Flughäfen zuständig sind, vom "Shutdown" betroffen. Sie müssen zwar auch ohne Bezahlung zum Dienst erscheinen, doch hat sich inzwischen schon jeder zehnte der mehr als 50.000 Mitarbeiter krankgemeldet. Das kann zu zahlreichen Flugausfällen führen. "Dies ist ein erhebliches wirtschaftliches Risiko für die USA, die aufgrund der Größe des Landes stark vom Luftverkehr abhängen", warnt Commerzbank-Experte Weidensteiner.
Auch könnten Unternehmen angesichts des ungewissen Ausgangs in dem Konflikt mit Investitionen zögern. "Wir hören anekdotische Berichte über Unternehmen, die beginnen, Investitionspläne wegen der Unsicherheit auf Eis zu legen", sagt die ehemalige Notenbank-Chefin Janet Yellen.
Eine längere Schließung der Regierungsbehörden könnte Gutverdiener ebenso treffen wie Arme. So sind die Essenzuschüsse für rund 40 Millionen Amerikaner vorerst nur bis Februar gesichert. Steuerzahler wiederum müssen befürchten, ihre langersehnte Steuerrückzahlung erst mit Verspätung zu bekommen.
US-NOTENBANK IM "BLINDFLUG"
Einstellen dürfte die Regierung zudem ihre regelmäßigen Zahlungen für Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte, etwa in der Rüstungs- oder Luftfahrtindustrie. "Dies ist von den größeren Firmen sicherlich zu verkraften", vermutet Weidensteiner. "Bei kleineren Zulieferern können diese Verzögerungen aber ernste Konsequenzen haben." Das sieht auch sein Kollege Hepperle so: "Problematischer wird es, wenn es infolge fehlender Gehaltszahlungen oder Aufträge zu Zahlungsausfällen oder Unternehmensinsolvenzen kommt."
Aber nicht nur die Wirtschaft leidet unter dem "Shutdown". Auch die US-Notenbank Fed klagt, dass ihr die Arbeit dadurch erschwert wird. Der einflussreiche Chef des Fed-Bezirks New York, John Williams, sagte jüngst, es fehlten wichtige Daten, auf deren Grundlage die Notenbank geldpolitische Entscheidungen treffe: Die Datenlage zwinge praktisch zu einem "Blindflug", meint Commerzbank-Ökonom Weidensteiner. Verzichten müssen die Währungshüter vorerst auf die vom Handelsministerium und den dort angeschlossenen Statistikbehörden veröffentlichten Zahlen - etwa Einzelhandelsumsätze oder Bauausgaben. Auch die Veröffentlichung der für Ende Januar vorgesehenen Daten zum Bruttoinlandsprodukt sei zumindest stark gefährdet.
rtr