Der Kern der US-Steuerreform ist die Senkung des Körperschaftssteuersatzes auf 21 von 35 Prozent. Es gibt aber auch neue Regeln für Abschreibungen, Verlustvorträge und die steuerliche Behandlung von konzerninternen Zahlungen zwischen den USA und Auslandsgesellschaften. Die Auswirkungen auf die Konzernbilanzen sind daher durchaus unterschiedlich, das gilt für die kurze und lange Frist. Es folgt eine Übersicht über die Effekte und welche Firmen davon betroffen sind:
VERLUSTVORTRÄGE SIND WENIGER WERT - HOHE ABSCHREIBUNGEN
Da die Steuerlast geringer wird, nimmt auch der Wert von Verlustvorträgen ab - in den Vorjahren angefallene Verluste, die steuerlich geltend gemacht werden können. Viele Unternehmen müssen deshalb Abschreibungen vornehmen. Das trifft insbesondere die Banken, die während der Finanzkrise hohe Verluste angehäuft haben. Die Citigroup musste mit 19 Milliarden Dollar in der Branche am meisten auf ihre Verlustvorträge abschreiben und rutschte deswegen im vierten Quartal tief in die roten Zahlen. Rivalen wie Bank of America, Morgan Stanley, JP Morgan oder die Schweizer UBS und Credit Suisse verbuchten ebenfalls Milliarden-Belastungen.
Die Deutsche Bank schrieb 1,4 Milliarden Euro auf Verlustvorträge ab, weshalb sie 2017 unter dem Strich erneut rote Zahlen auswies. Ähnlich erging es dem Autobauer General Motors, bei dem Abschreibungen von sogar 7,3 Milliarden Dollar ins Kontor schlugen. Wichtig ist jedoch, dass es eine einmalige Belastung ist, die in der Bilanz verbucht werden muss, aber keine Auswirkungen auf das Geschäft hat.
ERGEBNISBELASTUNGEN DURCH BESTEUERUNG VON AUSLANDSVERMÖGEN
Ein weiteres Element der Steuerreform ist, dass US-Firmen Vermögen, das bei Tochtergesellschaften im Ausland liegt, nun versteuern müssen, wenn auch zu einem relativ niedrigen Satz. Bisher wurden Auslandsgewinne nur besteuert, wenn sie in die USA flossen, dann allerdings mit 35 Prozent. Das führte dazu, das US-Konzerne - vor allem aus der Technologiebranche - im Ausland insgesamt mehr als drei Billionen Dollar horteten. Nun fällt auf diese Gewinne eine Einmal-Steuer von 15,5 oder acht Prozent an, je nach dem, wie liquide die Bestände sind. Wegen dieser Änderung muss etwa der iPhone-Hersteller Apple, der mit 252 Milliarden Dollar mehr Barvermögen im Ausland als jedes andere US-Unternehmen hat, 38 Milliarden Dollar Steuern zahlen. Bei Microsoft fiel im vierten Quartal unter anderem deshalb eine einmalige Steuerbelastung von 13,8 Milliarden Dollar an, beim Netzwerkausrüster Cisco 11,1 Milliarden, beim Chipriesen Intel 5,4 Milliarden, und bei Ebay 1,9 Milliarden Dollar.
Auch Banken blieben davon nicht verschont. Für die Citigroup bedeutete die neue Steuerregel eine Belastung von drei Milliarden Dollar. Bei Goldman Sachs rühren rund zwei Drittel der Belastung durch die Steuerreform von 4,4 Milliarden Dollar da her.
STEUERSENKUNG KOMMT KONZERNEN AUS ALLEN BRANCHEN ZUGUTE
Während die Sondereffekte die Bilanzen der Unternehmen kurzfristig zum Teil erheblich belasten, wirkt der eigentliche Kern der Reform - die Senkung der Körperschaftssteuer - langfristig. "Es gibt keine Zweifel, dass die Steuerpolitik von Trump sehr positive Auswirkungen auf Wachstum und Fortschritt in den Vereinigten Staaten hat", sagt SAP-Chef Bill McDermott. Schon in den Bilanzen 2017 finden sich Sondererträge aus der Steuerreform, weil die Unternehmen weniger Geld für künftig anfallende Steuern einplanen müssen. Daimler etwa bezifferte den Steuerertrag für 2017 auf rund eine Milliarde Euro, BMW mit bis zu 1,55 Milliarden. Die US-Mobilfunktochter der Deutschen Telekom, T-Mobile US, verbuchte eine Gutschrift von 2,2 Milliarden Dollar.
Die Profiteure der Steuerreform ziehen sich durch alle Branchen: Positive Effekte verbuchten der Online-Händler Amazon, der Medienkonzern Time Warner, der Mischkonzern Siemens, der Pharmakonzern Pfizer oder der österreichische Stahlkonzern Voestalpine mit seinen 47 US-Standorten. Doch der Jubel bei den europäischen Unternehmen ist nicht ungetrübt: "Wir profitieren natürlich auch, wie andere, von den niedrigen Steuern", sagte Infineon-Finanzchef Dominik Asam. Er freue sich aber nicht, weil die Reform "für die amerikanischen Wettbewerber noch viel besser ist als für uns."
ANREIZE FÜR INVESTITIONEN IN DEN USA STEIGEN
Die auf Sicht niedrigen Steuern sind ein kräftiger Anreiz für Investitionen in den USA, für amerikanische wie für ausländische Unternehmen. Positiv wirkt hier auch die für mehrere Jahre geltende neue Regelung, dass Investitionsgüter sofort in vollem Umfang abgeschrieben werden können. Das erhöht die Liquidität der Unternehmen, das Geld kann wiederum investiert werden. Einige Unternehmen haben schon konkrete Pläne: So kündigte Apple an, in den nächsten fünf Jahren in seinem Heimatland rund 30 Milliarden Dollar zu investieren, unter anderem in einen neuen Standort. Pfizer will im selben Zeitraum fünf Milliarden Dollar in die Hand nehmen, um die heimische Produktion zu stärken. Der US-Gasehersteller Praxair, der gerade den deutschen Rivalen Linde übernimmt, bläst in das gleiche Horn. Aber auch deutsche Konzerne wollen sich vermehrt in den USA engagieren, etwa Siemens oder Volkswagen. Software-AG-Finanzchef Arnd Zinnhard sagt: "Wir werden mit Sicherheit dort investieren, da die USA zum einen ein relevanter Markt und zum anderen durch die Steuergegebenheiten interessant sind." Ökonomen warnen schon vor einem Wettbewerb um Investitionen zwischen den Industrieländern.
rtr