"Der Jahresauftakt zeigt ein gemischtes Bild" - die ersten Worte im Quartalsbericht von Softing strotzen nicht vor Optimismus. Auch die anschließenden Ausführungen und die Zahlen stimmen eher nachdenklich. Zwar kletterten die Umsätze um rund 3,5 Prozent auf 17,9 Mio. Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern lag aber deutlich unter dem Vorjahreswert. Hier wirkte sich besonders die Verlagerung auf das weniger margenstarke Geschäft negativ aus. Grund genug für viele Aktionäre, den Verkaufsknopf zu drücken: Seit Veröffentlichung der Bilanz sackten die Papiere um rund 20 Prozent ab. Mit Kursen von elf Euro bezahlen Anleger derzeit ähnlich viel wie im Herbst 2013. Für einen Small Cap eine schwache Bilanz. Dennoch lohnt sich ein zweiter Blick.

Bereits mehrfach in den vergangenen Monaten erwies sich das Kursniveau zwischen zehn bis elf Euro als Wendepunkt. Eine Erholung ist auch jetzt möglich, gegenüber dem im März erreichten Jahreshoch gibt es den Small Cap knapp 30 Prozent günstiger. Für Schnäppchenjäger eine durchaus interessante Ausgangslage.

Wer sich fundamental der Aktie nähert, sollte ebenfalls genauer hinschauen. Die maue Entwicklung in den ersten drei Monaten ist hauptsächlich auf das Segment Industrial zurückzuführen. Besonders die schwache Nachfrage nach Automatisierungsprodukten und Kabeltestern in Nordamerika enttäuschte. Vorstandschef Wolfgang Trier hatte bereits im Geschäftsbericht 2015 gewarnt, dass die ersten sechs Monate eher schwach werden. So dürfte der US-Zukauf OLDI erst im dritten und vierten Quartal sein Hauptgeschäft erzielen. Dennoch zeigten sich Investoren verschreckt.

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Starker Wettbewerbsvorteil



An der Börse wird aber bekanntlich die Zukunft gehandelt. Trotz des verhaltenen Auftakts bekräftigte das Management das Umsatzziel von über 85 Mio. Euro bei einem bereinigten Ebit von rund 7,5 Mio. Euro. Dies würde auf eine Marge von 8,8 Prozent hinauslaufen.

Für den optimistischen Ausblick gibt es gute Gründe. Der Auftragsbestand liegt mit 9,7 Mio. Euro über dem Vorjahresniveau von 9,2 Mio. Euro. "Bei den Konzerngesellschaften in den USA gehen wir ab dem dritten Quartal 2016, aufgrund neuer Produkteinführungen und Lieferzeiten von einer Trendwende aus, wobei das 2 Quartal 2016 noch Schwächen im Markt zeigen kann. Auch in Asien rechnet Softing mit einer Verbesserung der Marktlage zum dritten Quartal 2016", heißt es im Quartalsbericht.

Mittel- bis langfristig ist Softing mit dem Fokus auf die großen Themen wie "Industrie 4.0" und autonomes Fahren sehr gut positioniert. Allerdings wird hier kurzfristig noch nicht die Kasse klingeln, erst ab 2017 dürften die Projekte wesentlich zu den Umsätzen beitragen. In den USA wird Softing im Herbst die Entwicklung einer komplett neuen Technologie einführen, die nach Meinung des Managements absehbar keiner der Wettbewerber bieten kann. Ohnehin scheint auf dem US-Markt die Talsohle bereits durchschritten, seit April verzeichnet Softing eine "deutlich verbesserte Nachfrage".

Auf ähnlich kurstreibende Meldungen können sich Aktionäre auch aus dem Bereich Automotive freuen. Mit den Produkten von Softing können Ingenieure und Werkstätten die Elektronik von PKW und LKWs bereits in der Entwicklungsphase und der Reparatur testen und Fehler so frühzeitig erkennen. Da die Lösungen nicht im Fahrzeug selbst zum Einsatz kommen, bestehen auch keine Rückruf-Risiken.

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Neue App rollt den Markt auf



In den nächsten Wochen wollen die Münchner eine Reihe umfassender Produkt- und Projektlieferungen realisieren. Bereits im zweiten Quartal wird Messtechnik mit Umsätzen im siebenstelligen Umfang ausgeliefert. Ein besonderer Höhepunkt ist die Diagnose-App "Car Asyst". Seit wenigen Wochen ist die App für den Großkunden Audi und unabhängige Kfz-Reparaturwerkstätten freigegeben. Softing rechnet hier mittelfristig mit signifikanten und wiederkehrende Erträge, avisiert werden ab dem kommenden Jahr Umsätze von mehreren Millionen Euro. Über die Abo-Funktion dürfte die App zudem dazu beitragen, dass der Umsatz geringeren Schwankungen unterliegt, was wiederum die künftige Visibilität verbessert. Softing ist bereits in Gesprächen mit anderen Herstellern, weitere Kunden könnten in den nächsten Monaten hinzukommen.

Neben den avisierten organischen Wachstumsimpulsen bleiben auch Übernahmen auf der Agenda. Aktuell werden bereits mögliche Kandidaten mit einem Umsatz von bis zu zehn Mio. Euro einer Prüfung unterzogen. Einziger möglicher Wermutstropfen: Je nach Volumen der Transaktion könnte die Finanzierung teilweise über eine Kapitalerhöhung laufen.

Wie bereits 2015 dürfte auch 2016 von großen Aufträgen in der zweiten Jahreshälfte geprägt sein. Nicht nur die typische Umsatzentwicklung spricht daher für eine Belebung, auch die geplanten Produktauslieferungen sollten den Umsatz und damit die Profitabilität treiben. Als Weltmarktführer bei Werkzeugen für das Erkennen von Fehlern in Produktionsanalagen haben sich die Bayern bereits einen guten Ruf erarbeitet. Softing ist dabei nicht nur im Automobilsegment tätigt, sondern auch in mehr als 50 Prozent aller weltweit registrierten Geräte, die in Öl- und Gasanlagen eingesetzt werden.

Auch Firmenchef Wolfang Trier ist von den Perspektiven überzeugt und kauft immer wieder Aktien. Seit September 2015 stockte der Manager sein Engagement bei Kursen von 10,05 und 10,87 Euro im Volumen von insgesamt rund 226.000 Euro auf. Anleger sollten ähnlich agieren und den Rückschlag nutzen, um sich mit einer ersten Position in Stellung zu bringen. Mit einem Stopp bei 8,50 Euro bietet die Aktie ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily.

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