Für die Analysten von Credit Suisse HOLT ist die Sache klar. Zu einen der vermutlich unbeabsichtigten Folgen der qualitativen geldpolitischen Lockerungen in den USA zählen sie die deutlich auf neue Rekorde gestiegenen Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen.
Ein Trend, der sich auch in Europa (hier ist das Niveau aus dem Jahr 2007 noch nicht wieder erreicht) verstärken könnte, nachdem die EZB stärker denn je eine ebenfalls sehr expansive Geldpolitik betreibt. Machen europäische Unternehmen das nach, was ihre US-Pendants auch bei der Aufnahme von neuen Schulden vorgemacht haben, dann könnte Kapital im Volumen von 800 Milliarden Dollar an die Anleger zurückgegeben werden. Ein Betrag, der immerhin sechs Prozent der Unternehmenswerte in Europa entspricht.
Klingt lukrativ, birgt aber auch Risiken, falls die Firmen nicht mehr über genügend Kapital verfügen um über Investitionen die künftigen freien Cash Flows zu sichern. Bei so einer Konstellation besteht die Gefahr, dass die Unternehmen die hohen Gewinnwachstumserwartungen nicht werden erfüllen können. In den USA hinken die Investitionen jedenfalls noch immer dem üblichem Niveau in früheren Konjunkturzyklen hinterher.
In den USA bewegen sich die prozentualen Ausgaben für Investitionen sowie Forschung und Entwicklung gemessen an der gesamten Barmittelverwendung (Dividenden, Aktienrückkäufe, Schuldentilgung, Investitionen sowie Forschung und Entwicklung) auf 24,0 Prozent, nachdem es im Schnitt der vergangenen 20 Jahre 34,0 Prozent waren. Für Europa wird dieser Wert vom Credit Suisse HOLT-Team mit 27,0 Prozent angegeben, wobei der 20-Jahres-Durchschnitt hier auf 30,0 Prozent beziffert wird.
Auf Seite 2: Warum Dividendenjäger nicht nur auf hohe Ausschüttungen achten sollten
Weil hohe Ausschüttungen alleine nichts darüber aussagen, wie zukunftsfähig ein Unternehmen aufgestellt ist und zu hohe Ausschüttungen diese Zukunftsfähigkeit sogar gefährden können, sollten Langfristanleger auf der Suche nach interessanten Dividendentiteln auch auf andere Faktoren achten als nur rein die Höhe der Dividendenrendite. So gehen Dividendenstrategien dann mit am besten auf, wenn Gesellschaften auch ein attraktives Cash Flow Potenzial in der Form eines hohen Cash Flow Return on Investment und Wachstum aufweisen.
Basierend auf dieser Vorgabe hat das Credit Suisse HOLT-Team das intern verfolgte europäische Anlageuniversum auf Werte untersucht, die über eine ausreichende finanzielle Flexibilität verfügen, um Kapital an die Aktionäre in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufe auszuschütten. Gleichzeitig sollen diese Titel aber auch in der Lage sein Werte zu schaffen und bei denen auch noch die Bewertung stimmt. Die Top-Favoriten.
Auf Seite 3: Die Aktie mit dem Stern
Credit Suisse HOLT Europa-Favorit Nummer eins: Daimler (90,86 Euro, alle Kurs- und Bewertungsangaben beziehen sich auf den Stand vom 30.03.)
Noch einiges an Potenzial wittert Credit Suisse HOLT bei Daimler, obwohl die Aktie des DAX-Vertreters seit dem Oktober-Tief von 56 Euro bereits stark gestiegen ist. Zumindest gilt das auf Basis des nach HOLD-Modellannahmen geschätzten fairen Wertes je Aktie, denn dieser wird auf 162,45 Euro beziffert. Daran gemessen ergibt sich ein Potenzial von 79 Prozent.
Der deutsche Pkw- und Lkw-Bauer hat sich in den vergangenen Monaten zu einem Favoriten der Anleger gemausert. Dazu beigetragen haben die im Vorjahr deutlich gesteigerten Zahlen bei Absatz, Umsatz und operativem Gewinn. Im laufenden Jahr wird ebenfalls mit weiteren Zuwächsen gerechnet und auch für die kommenden Jahre gibt sich der Vorstand optimistisch gestimmt. Helfen wird dabei ein Spar- und Effizienzprogrammen, durch das sich das Ergebnis um rund vier Milliarden Euro verbessern soll sowie eine verbesserte Modellpalette. Konkret sollten Absatz und Umsatz um mindestens fünf Prozent zulegen, das Ergebnis um mindestens zehn Prozent. Viel wird allerdings auch davon abhängen, wie es in China laufen wird. Um die Ziele dort zu erreichen, macht die Entscheidung Sinn, zwei Drittel der dort verkauften Autos in den nächsten Jahren aus lokaler Fertigung herzustellen.
Untermauert wird der zur Schau getragene Optimismus auch durch die für 2014 beschlossene Dividendenerhöhung von 2,25 Euro auf 2,45 Euro je Aktie. Zuversichtlich geben sich auch die Analysten bei der Ratingagentur Moody´s. Sie sehen in den Effizienzmaßnahmen eine Stärkung des Kreditprofils und rechnen in den kommenden zwölf bis 18 Monaten mit einer Absatzbelebung. Zudem wird Daimler als einer der Gewinner der Euro-Schwäche eingestuft.
Das KGV für 2015 beträgt hier knapp 13 und die Dividendenrendite 2,7 Prozent. Charttechnisch bewegt sich der Titel in einem steilen kurzfristigen Aufwärtstrend, der zunächst für eine Verschnaufpause spricht. Grundsätzlich sorgt der intakte langfristige Aufwärtstrend aber für ein charttechnisch solides Fundament. Die BÖRSE ONLINE-Redaktion rät zum Kauf und taxiert das Kursziel derzeit auf 105 Euro.
Auf Seite 4: Börsen-Aktie im Schatten des Big Ben
Credit Suisse HOLT Europa-Favorit Nummer zwei: London Stock Exchange Group (24,76 britische Pfund, 33,66 Euro)
Einen deutlichen Rücksetzer musste in der Vorwoche mit der London Stock Exchange ein Credit Suisse-HOLT-Favorit hinnehmen. Die Meldung, wonach die Börse Dubai die komplette Beteiligung in Höhe von 17,4 Prozent verkauft hat, sorgte am Donnerstag bei dem Londoner Börsenbetreiber für einen Tagesverlust von 5,6 Prozent. Der langfristige charttechnische Aufwärtstrend hat deswegen aber noch keinen Schaden genommen.
Vielmehr überzeugt die London Stock Exchange mit einer viel früher aufgenommen Rekordjagd als am Gesamtmarkt, denn der britische Leitindex FTSE 100 hat es erst kürzlich geschafft, auf neue Höchststände vorzurücken. Das Chartbild sieht im Zuge der laufenden Hausse jedenfalls weiter vorteilhaft aus.
Operativ ist es dem Unternehmen im Vorjahr gelungen, den Umsatz um sieben Prozent zu erhöhen und den angepassten operativen Gewinn um acht Prozent. Geht es nach den Analysten von Barclays, dann wird sich das Ergebnis je Aktie von 2013 bis 2016 von 0,955 Pfund auf 1,418 Pfund je Aktie verbessern. Gut gelaufen ist der Titel in den vergangenen Jahren auch deshalb, weil die getätigten Zukäufe gut aufgenommen worden sind. Im M&A-Bereich steht als nächstes eine Abgabe des Bereichs Frank Russell Investment Management an. An der Börse wird hier über einen möglichen Verlaufspreis von 1,4 Milliarden Dollar spekuliert und darüber, was mit dem so eingenommenen Kapital passieren wird. Aus Anlegersicht bleibt zu hoffen, dass wie zuletzt Investitionen mit Augenmaß getätigt werden.
Die Bewertung erscheint hier auf KGV-Basis mit einem für 2015 geschätzten Wert von rund 20 nicht gerade günstig. Doch bei Credit Suisse HOLT achtet man bei der Beurteilung eher auf den Cash Flow Return on Investment. Der gerechtfertigte Preis wird mit 45,16 Pfund angegeben. Das liegt 82,4 Prozent über dem aktuell gültigen Kurs.
Auf Seite 5: Weiss-blaue Premiummarke
Credit Suisse HOLT Europa-Favorit Nummer drei: BMW (WKN: 519 000, 118,00 Euro)
Neben Daimler wird von Credit Suisse HOLT mit BMW auch für einen weiteren deutschen Autobauer ein deutlich über den aktuellen Notierungen liegender gerechtfertigter Preis errechnet. Genannt wird dieser mit 218,05 Euro, was 84,8 Prozent über den derzeitigen Kursen liegt.
Der Dax-Vertreter war in den vergangenen Jahren so etwas wie ein Dauerbrenner am deutschen Aktienmarkt. Ähnlich wie bei Daimler scheinen die Kurse kurzfristig allerdings etwas überhitzt zu sein, was aber nichts am intakten langfristigen charttechnischen Aufwärtstrend ändert. Zudem strebt der weltgrößte Premium-Autohersteller auch in diesem Jahr solide Zuwächse bei Vorsteuergewinn, Erlöse und Absatz an.
Darüber hinaus setzen Analysten darauf, dass der Konzern mit Blick auf das dann anstehende 100-jährige Firmenjubiläum alles daran setzen wird, da ein besonders gutes Ergebnis vorzulegen. Außerdem wird zu diesem Anlass über eine Sonderausschüttung, etwa in der Form einer Sonderdividende in Höhe von einem Euro oder einen Aktienrückkauf spekuliert. Schon für 2014 wird vom Vorstand eine Erhöhung der Dividende um 30 Cent auf 2,90 Euro bei den Stammaktien und 2,92 Euro je Aktie bei den Vorzugsaktien vorgeschlagen.
Erinnert sei auch daran, dass die Ratingagentur Moody's BMW wegen einer geringeren Kostenbasis in Europa und hohem Umsatz im nicht-europäischen Ausland als Profiteur der Abwertung der europäischen Gemeinschaftswährung einstuft. Mit 5,7 Prozent plant das Unternehmen etwas höhere Kosten für Forschung und Entwicklung als zunächst veranschlagt, langfristig sollte sich der damit hoffentlich verbundene Innovationsvorsprung aber entsprechend in den Gewinnen niederschlagen.
Das KGV für 2015 beträgt gut zwölf und die Dividendenrendite für die im DAX enthaltenen Stammaktien knapp 2,5 Prozent. Die BÖRSE ONLINE-Redaktion veranschlagt das Kursziel für den mit einem Kaufvotum versehenen Titel derzeit auf 130 Euro.
Auf Seite 6: Schwedischer Industrieriese
Credit Suisse HOLT Europa-Favorit Nummer zwei: Alfa Laval (171,20 schwedische Kronen, 18,129 Euro)
In den vergangenen vier Jahren hat die Aktie von Alfa Laval nur relativ bescheidene Kursgewinne eingefahren. Doch bei Credit Suisse HOLT sieht man den gerechtfertigten Preis bei 252 Kronen, was 47,2 Prozent über dem aktuellen Kurs liegt. Diese Werte zu heben, wird der Aktie derzeit allerdings dadurch erschwert, weil der schwedische Hersteller von Produkten für die Wärmeübertragung unter der schwachen Ölpreis- und Gaspreisentwicklung leiden dürfte. Außerdem ist auch der ebenfalls belieferte Schiffssektor nicht in der allerbesten Verfassung.
Näheres zur jüngsten Geschäftsentwicklung gibt es aber erst am 23. April bei der Bekanntgabe der Zahlen für das erste Quartal. Im Vorjahr war es für den Hersteller von Produkten für die Stofftrennung, Wärmeübertragung sowie Förderung von Fluiden allerdings noch ziemlich gut gelaufen. Der Nettoumsatz verbesserte sich da von 8,609 Milliarden Kronen auf 10,775 Milliarden Kronen und der Nettogewinn kletterte von 871 Millionen Kronen auf 911 Millionen Kronen. Positiv mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr war zudem ein von 8,133 Milliarden Kronen auf 10,509 Milliarden Kronen gestiegener Auftragseingang.
Nachteilig ist dagegen, dass die mit einem geschätzten 2015er-KGV von gut 18 ausgestattete Alfa Laval nach Einschätzung der Analysten der Deutschen Bank unter den schwedischen Maschinenbauern am wenigsten von der Dollarstärke profitieren dürfte. Auch deshalb wird dem Unternehmen in diesem und im kommenden Jahr nur eine relative moderate Ergebnisverbesserung zugetraut.
Den Aktienkurs hat dies aber nicht davon abgehalten, sich von einem ab dem zweiten Quartal 2014 zu beobachtenden Schwächeanfall wieder spürbar zu erholen. Der damals aufgebaut Abwärtstrend konnte dadurch überwunden werden, zu neuen Rekorden und damit zu einem prozyklischen charttechnischen Kaufsignal hat es aber noch nicht gereicht. Der jüngste Kurs-Elan dürfte sich auch damit erklären lassen, dass der fallende Dollar trotz aller erwähnter relativer Schwäche im schwedischen Branchenvergleich den Umsatz in diesem Jahr um fast acht Prozent erhöhen dürfte.
Auf Seite 7: Französischer IT-Spezialist
Credit Suisse HOLT Europa-Favorit Nummer eins: Atos (65,10 Euro)
Noch nicht vom Fleck gekommen ist in diesem Jahr die Aktie von Atos . Insgesamt tritt der Titel dadurch schon seit November 2013 nur auf der Stelle. Die in den Jahren zuvor gegenüber dem französischen Leitindex CAC 40 demonstrierte relative Stärke hat sich bei diesem Titel in dieser Zeit damit ins Gegenteil verkehrt. Charttechnisch gesehen würde neuer Schwung auch erst dann zu erwarten, wenn es gelingt, das im März 2014 bei 70,63 Euro aufgestellte Rekordhoch zu überwinden.
Geht es nach Credit Suisse HOLT, dann ist der gerechtfertigte Wert bei 99,42 Euro zu veranschlagen und somit 52,7 Prozent über den derzeitigen Notierungen. Auch auf herkömmlicher KGV-Basis hinterlasst der französische Computerdienstleister, der Ende 2014 für gut eine Milliarde Dollar die IT-Outsourcingsparte des Technologieunternehmens Xerox erwarb, einen soliden Eindruck. Insbesondere dann, wenn die Analystenschätzungen aufgehen. Im Konsens wird beim Ergebnis je Aktie von 2014 bis 2017 mit einem Anstieg von 4,36 Euro auf 6,48 Euro gerechnet. Damit würde sich für 2017 das geschätzte KGV bei rund zehn bewegen, was als sehr moderat bezeichnet werden darf.
Im Vorjahr war es den Franzosen gelungen, den Umsatz um 5,1 Prozent auf neun Milliarden Euro zu verbessern und den Nettogewinn gleichzeitig um 8,8 Prozent auf 283 Millionen Euro zu erhöhen. Vom Vorstand wurde das als im Rahmen der Planungen bezeichnet. Die Notiz gab im Anschluss an die Ergebnisbekanntgabe allerdings etwas nach.
Zeitlich ging diese Meldung aber auch mit der Nachricht einher, dass sich die Private Equity-Gesellschaft PAI Partners im Februar unter Verweis auf die aus ihrer Sicht abgeschlossene Transformation des Unternehmens von ihrer neunprozentigen Beteiligung an Atos getrennt hat. Vielleicht hilft das dem Aktienkurs aber mittelfristig, weil dadurch von dieser Seite jetzt kein Abgabedruck mehr entstehen kann.