SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil drückte aufs Tempo: "Die SPD ist jetzt bereit für Dreier-Gespräche." Die Generalsekretäre von CDU und CSU, Paul Ziemiak und Markus Blume, betonten dagegen nach den ersten Sondierungen die inhaltliche Nähe mit den Liberalen.
FDP-Generalsekretär Volker Wissing reagierte zurückhaltend auf den SPD-Vorschlag nach Dreiergesprächen und verwies darauf, dass man möglicherweise noch vertiefende Zweier-Sondierungen brauche. "Wir haben kein Interesse an irgendeiner Hängepartie", fügte er aber hinzu. Auch die Grünen wollen laut Co-Parteichefin Annalena Baerbock erst nach ihrem ersten Gespräch mit der Union am Dienstag entscheiden, wie es weitergehen soll.
Alle Teilnehmer der Sondierungsrunden betonten die vereinbarte Vertraulichkeit der Gespräche und wollten deshalb nicht über inhaltliche Details sprechen. SPD-Generalsekretär Klingbeil betonte, dass die Sozialdemokraten eine "Koalition der Sieger" der Bundestagswahl mit FDP und Grünen wollten. CDU-Generalsekretär Ziemiak unterstrich dagegen, dass nach Meinung der Union ein Jamaika-Bündnis unter Führung der Union Deutschland am besten für die Zukunft aufstellen könne. In Umfragen präferieren die befragten Bundesbürger deutlich eine Ampel-Koalition. Wegen der rechnerischen Mehrheiten für eine Ampel- oder eine Jamaika-Koalition gelten Grüne und FDP als Königsmacher. Sie hatten sich vorige Woche bereits zwei Mal getroffen.
Alle Teilnehmer sprachen von "konstruktiven Gesprächen". FDP-Generalsekretär Wissing sagte nach den Sondierungen mit der SPD: "Klar ist, dass es Klippen gibt. Aber klar ist auch, dass wir entschlossen sind, eine Reformregierung zu bilden, die unser Land nach vorne bringt." Nach den Gesprächen mit der Union betonte er am Abend dann die deutlich größeren inhaltlichen Schnittmengen mit CDU und CSU. Grünen-Co-Chef Robert Habeck sagte seinerseits, seine Partei habe vor allem nach Dynamiken gesucht, die über Schnittmengen hinausgingen: "Gibt es die Bereitschaft, in eine Bewegung zu kommen?"
SPD WIRBT FÜR AMPEL, GRÜNE HALTEN SICH JAMAIKA OFFEN
Klingbeil sagte, man sei sich mit der FDP einig, dass es große Herausforderungen für Deutschland gebe und großen Veränderungsbedarf nach der 16-jährigen Ära unter Kanzlerin Angela Merkel bei den Themen Klimaschutz, Digitalisierung und der Modernisierung des Staates. Wissing erklärte, eine abschließende Bewertung werde man erst nach dem Ende aller bilateralen Gespräche vornehmen. Entscheidend sei, dass man letztlich notwendige Schritte zur Modernisierung in Angriff nehme - trotz der bestehenden Klippen. Dafür müsse man vertieft über die unterschiedlichen Vorstellungen sprechen. Das Gespräch sei ein Auftakt gewesen und habe dazu gedient, herauszufinden "will man zusammenarbeiten".
Die Grünen, die mehr Gemeinsamkeiten mit der SPD sehen als mit der Union, hatten am Samstag bei einem kleinen Parteitag die Weichen für die Sondierungen gestellt. Grünen-Politikerin Katharina Fegebank warnte davor, sich frühzeitig auf Scholz als Kanzler und die SPD als Regierungspartner festzulegen. Jamaika sei "auf jeden Fall noch eine Option. Und die sollten wir nicht leichtfertig aus der Hand geben", sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin der "Welt" (Montagausgabe).
PERSONALDEBATTEN IN DER UNION
Die Sondierungen der Union werden von weiteren Forderungen nach einer personellen Erneuerung der CDU überschattet. Die Kritiker von Parteichef und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet wie Norbert Röttgen oder Jens Spahn betonen dabei allerdings, dass dieser die Jamaika-Sondierung zuende führen solle. "Klar ist, dieses Wahlergebnis ist katastrophal", sagte der Chef des Arbeitnehmerflügels CDA, Karl-Josef Laumann, der "Welt am Sonntag". Für die Union könne es kein "Weiter so" geben. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Spahn trat für eine Verjüngung der Parteispitze ein und forderte einen Bundesparteitag im Januar: "Die nächste Generation nach Angela Merkel muss jetzt stärker sichtbar werden."
Es reiche nicht, nur eine Person auszuwechseln, sagte CDU-Präsidiumsmitglied Röttgen dem "Tagesspiegel" mit Blick auf Laschet. Spahn, Röttgen und Friedrich Merz - alle drei aus Nordrhein-Westfalen - gelten selbst als Anwärter auf künftige CDU-Führungspositionen in Partei und Fraktion.
FDP-Generalsekretär Wissing äußerte sich zurückhaltend zu den Personaldebatten in der Union. Auf die Frage nach der Kritik an Laschet sagte er: "Das hat keine Auswirkung auf unsere Arbeit." Die FDP mache ihre Koalitionsentscheidung von Inhalten, nicht Personen abhängig. Zuvor hatte FDP-Chef Christian Lindner allerdings in der "Bild am Sonntag" gefordert, CDU und CSU müssten klären, ob sie wirklich eine Regierung führen wollen. CSU-Generalsekretär Blume betonte, dass die CSU die Jamaika-Sondierungen ernst meine. "Das macht Lust auf mehr", sagte er nach den Gesprächen mit der FDP.
rtr