Das erscheint plausibel. Denn häufig versuchen die Mutterkonzerne sich vor allem von wachstumsschwachen und nicht rentablen Tochtergesellschaften zu trennen. Der klassische Spin-off ist dabei häufig die letzte Wahl. Diese Trennungsmethode wird in der Regel erst in Betracht gezogen, wenn alternative Formen einer Trennung - etwa der Verkauf an einen Wettbewerber oder ein Börsengang in Form eines IPO - gescheitert sind. Diese Umstände sorgen dafür, dass Spin-off-Unternehmen im Großen und Ganzen häufig mit erheblichen Bewertungsabschlägen gelistet werden.
Die empirische Kapitalmarktforschung hat sich ausführlich mit dem Renditeverhalten von Spin-offs beschäftigt. Patrick Cusatis und andere Wirtschaftswissenschaftler haben bereits in den 1990er-Jahren gezeigt, dass Spin-offs deutlich höhere Renditen aufweisen als der entsprechende breite Markt. Zudem zeigen die Forschungsergebnisse, dass Anleger eine gewisse Geduld mitbringen sollten. Denn in den ersten Handelstagen nach der Trennung weisen die Aktien von Spin-offs häufig negative Renditen auf.
Source For Alpha hat die Resultate der Wissenschaftler in einer umfangreichen Analyse für eine jüngere Stichprobe validiert. Sie basiert auf dem US-Aktienmarkt, weil dieser deutlich umfangreichere Stichproben liefert als der europäische. Die Stichprobe umfasst 316 Spin-offs, die seit 1990 in den USA durchgeführt wurden. Das Ergebnis: Im ersten Jahr nach der Abspaltung weisen die Spin-offs gegenüber dem Index S&P 500 Equal Weight eine Outperformance von 8,6 Prozent auf. Für das Folgejahr beträgt die Mehrrendite immerhin noch 4,9 Prozent. Aufgrund der hohen Turbulenzen zum Handelsstart ist die bessere Wertentwicklung nicht ab dem ersten Tag nach der Abspaltung zu erkennen. Sie beginnt etwa nach Ablauf des ersten Handelsmonats. Für die nachweisbaren Mehrrenditen zeichnen sich zwei Erklärungsansätze ab: Erstens fällt auf, dass institutionelle Investoren Spin-offs nach der Trennung tendenziell verkaufen, was kurzzeitig einen Preisrückgang auslöst. Demzufolge scheinen die neuen Aktiengesellschaften nicht gut zu den Präferenzen institutioneller Investoren zu passen. Daher müssen sie offenbar eine zusätzliche langfristige Renditeprämie bieten. Zweitens ist die Übernahmewahrscheinlichkeit für Spin-offs aufgrund ihrer fokussierten Geschäftsmodelle hoch. Dies führt zu Übernahmeprämien, ohne dass die Börse dies ausreichend antizipiert. Von den 316 Spin-offs in unserer Untersuchung wurden tatsächlich 70 in den ersten fünf Jahren nach der Abspaltung wieder übernommen. Die Übernahmewahrscheinlichkeit könnte daher einen der Renditetreiber für die hohe Outperformance der Spin-offs darstellen.
Bedeutet das, dass die Aktionäre bei der Abspaltung von Uniper auf jeden Fall zugreifen sollten? Nicht unbedingt. Was in der aggregierten Betrachtung nicht deutlich wird, sind die Renditeunterschiede innerhalb der Firmenabspaltungen. So hat eine Reihe von Spin-offs in den ersten zwei Jahren nach der Trennung mehr als 50 Prozent an Wert verloren. Im Fall Uniper kommt hinzu, dass Eon zunächst nur 53 Prozent seiner Anteile abgegeben hat. Der Rest wird potenziell in den nächsten Jahren über die Börse verkauft, was für erheblichen Verkaufsdruck zulasten der Uniper-Aktie sorgen könnte. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Spin-offs im Schnitt überdurchschnittliche Renditechancen bieten.
Christian Funke
Funke ist Vorstand und Portfoliomanager des Frankfurter Asset-Managers Source For Alpha (S4A) sowie verantwortlicher Fondsmanager für die Aktienfonds. Er promovierte am Stiftungslehrstuhl Asset Management der EBS Business School. Ziel von Source For Alpha ist es, Erkenntnisse der empirischen Kapitalmarktforschung für Kunden zu nutzen, um bei der Kapitalanlage Mehrwert zu generieren.