Gemeinsam bringen Springer und ProSiebenSat.1 einiges auf die Waage. Obwohl Springer seine Regionalzeitungen an die Essener Funke-Gruppe ("WAZ") verkaufte, ist der Konzern nach wie vor der größte Zeitungsverlag in Deutschland - mit dem Flaggschiff "Bild" als Europas größtem Boulevardblatt und der "Welt" als einer der wenigen bundesweiten Tageszeitungen. ProSiebenSat.1 betreibt in Deutschland nach Zuschaueranteilen die drittgrößte TV-Gruppe - nach den öffentlich-rechtlichen Sendern und dem RTL-Konzern. Drei Viertel des Fernsehwerbemarktes entfallen auf die beiden TV-Konzerne, die dort etwa gleich stark sind.
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WAS SAGEN DIE KARTELLWÄCHTER?
Kommt eine Vereinbarung zustande, könnten der Verlag und die TV-Gruppe nach Einschätzung von Beobachtern ihre Kräfte bei der Expansion im zukunftsträchtigen Digitalgeschäft bündeln. Die bisherige Strategie von ProSiebenSat.1: Für Videoangebote, Online-Spiele und Shopping-Plattformen gibt das Unternehmen oft nur einen zweistelligen Millionenbetrag aus und päppelt sie mit vergünstigten TV-Werbespots, so dass sie einem Millionenpublikum bekanntwerden. Springer hat sich vor allem mit Internetportalen für Kleinanzeigen verstärkt, besonders zu den Themen Immobilien, Jobs und Autos.
Sowohl Springer als auch ProSiebenSat.1 haben in den vergangenen Jahren ihr Digitalgeschäft massiv ausgebaut und zählen zu den größten Betreibern von Internetportalen in Deutschland.Während US-Konzerne wie Google, Amazon oder Netflix ihren Einfluss bei Mediennutzern und Werbekunden ausbauen, ringen traditionelle Medienkonzerne um ihre Zukunft und um die Frage, wie sie im Internet Geld verdienen können.
An der Börse zogen die Aktien von Springer in der Spitze um 8,5 Prozent an, Anteilsscheine von ProsiebenSat.1 legten um 3,5 Prozent zu. Seit dem ersten Anlauf zu einer Fusion hat die Springer-Aktie etwa um die Hälfte zugelegt. Der Kurs der ProSieben-Titel hat sich allerdings im selben Zeitraum mehr als verdreifacht.
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GELINGT DER ZWEITE ANLAUF?
Die bedeutende Stellung beider Konzerne auf ihren traditionellen Märkten dürfte eine entscheidende Hürde sein, wenn es darum geht, die Zustimmung der Wettbewerbshüter für ein Zusammengehen zu bekommen. Einer Übernahme von ProSiebenSat.1. durch Springer hatte vor rund zehn Jahren die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) einen Riegel vorgeschoben. Zu groß wären nach ihrer Ansicht die Markmacht und die Meinungsmacht eines vereinten Konzerns gewesen.
Im vergangenen Jahr gewann der Verlag allerdings einen jahrelangen Rechtsstreit gegen die Kartellwächter vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dieses entschied, dass eine Übernahme des TV-Konzerns medienrechtlich unbedenklich gewesen. Mit dem juristischen Sieg stieß Springer die Tür für ein Zusammengehen wieder ein Stück weit auf. Dennoch dürften die regulatorischen Hürden auch für den neuen Anlauf hoch sein.
Offen blieb deshalb, wie ein Zusammengehen aussehen könnte. Der Springer-Verlag machte bereits deutlich, dass die Familie um Verlegerin Friede Springer in jedem Fall die Kontrolle behalten wolle. "Deswegen entbehren Spekulationen bezüglich der Abgabe dieser Kontrolle jeder Grundlage", teilte das Unternehmen mit. Auch eine Juniorrolle werde die Witwe des Verlagsgründers Axels Springer nicht akzepieren, sagte ein Kenner der Situation zu Reuters. "Friede Springer wird niemals die Kontrolle des Unternehmens aus der Hand geben, komme was wolle. Springer und Juniorpartner - das sind Begriffe, die sich ausschließen." Friede Springer kontrolliert fast 60 Prozent der Firmenanteile.
Der Fernsehkonzern aus Unterföhring bei München hat keine dominierenden Aktionäre mehr, seit die Finanzinvestoren KKR und Permira ihre Anteile komplett an die Börse brachten. Mit einer Marktkapitalisierung von knapp zehn Milliarden Euro wird ProSiebenSat.1 an der Börse derzeit etwa doppelt so hoch bewertet wie Springer.
Reuters