Staatliche Anlagefonds haben eine Hauptaufgabe: Sie sollen Geld langfristig und gewinnbringend anlegen, um damit zum Beispiel Renten zu finanzieren. In den Krisen der vergangenen Jahre haben Regierungen aber verstärkt in die Kassen der Fonds gegriffen, um kurzfristige Finanzierungslücken zu stopfen oder die heimische Wirtschaft zu stabilisieren. Das birgt die Gefahr, dass dieses Geld für die eigentlich geplanten Ausgaben dann fehlt. Der politische Druck, Geld für Feuerwehr-Einsätze zur Verfügung stellen zu müssen, beeinflusst Experten zufolge zudem die Investitionsentscheidungen. Fondsmanager würden dazu verleitet, zu weniger renditeträchtigen Geldanlagen zu greifen, nur weil sich diese schneller versilbern ließen. Außerdem bergen Notverkäufe stets das Risiko eines Verlustes.

"Wie bei Individuen auch sind Ad-Hoc-Entscheidungen und ein Wechsel der Anlagestrategie auf halbem Weg das Schlechteste, was man tun kann", warnt Andrew Ang, Professor der Columbia Business School und Berater des norwegischen Staatsfonds. Häufig zahlten sich aus der Not geborene Investitionen nicht aus. Dennoch gibt es reichlich Beispiele für die in den vergangenen Jahren zugenommene Praxis, die bis in die jüngste Vergangenheit reichen.

Erst vorvergangene Woche zapfte das ölreiche Kasachstan seinen rund 71 Milliarden Dollar schweren Ölfonds an, um den strauchelnden heimischen Banken mit 5,4 Milliarden Dollar unter die Arme zu greifen. Der staatliche russische Rentenfonds sollte für die inzwischen auf Eis gelegten Hilfsgelder für die Ukraine zehn der geplanten 15 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen. Der kuwaitische Staatsfonds gab zum Jahreswechsel 2008/2009 mindestens 5,3 Millionen Dollar aus, um den Kursverfall der heimischen Aktienbörse zu bremsen. Irland genehmigte sich während der Schuldenkrise 2009 33 Milliarden Dollar aus seinem Staatsfonds und pumpte das Geld in die vor dem Kollaps stehenden Banken. Im Jahr darauf griff die Regierung in Dublin erneut in diesen Topf.

POLITISCHER DRUCK BEEINFLUSST INVESTITIONSENTSCHEIDUNGEN

"Politischer Druck, einen Teil des Kapitals zur Stabilisierung der Wirtschaft oder zur Bereitstellung von zusätzlichem Geld zu verwenden, kann die Fondsmanager dazu bringen, einen größeren Anteil des Geldes in Staatsanleihen zu stecken als zum Beispiel in Immobilien", sagt Patrick Schena, Co-Chef des Netzwerks Sovereign Wealth and Global Capital an der zur Tufts Univerity gehörenden Fletcher School.

Staatsfonds investieren einen großen Teil ihres Kapitals üblicherweise in Werte, die langfristige und kontinuierliche Einnahmen versprechen. Hierzu gehören Immobilien oder Strom- und Wasserversorger. Dem Research-Haus Preqin zufolge sind 57 Prozent aller Staatsfonds in diesem Bereich aktiv. Knapp die Hälfte investierten in sogenannte "Soziale Infrastruktur" wie Schulen oder Krankenhäuser. Diese Beteiligungen können aber nicht kurzfristig versilbert werden. Sie werden daher im Börsenjargon als "illiquide" bezeichnet. Staatsanleihen - vor allem diejenigen großer Volkswirtschaften wie den USA oder Deutschlands - gelten dagegen als "liquide", weil sie jederzeit über die Börse ge- oder verkauft werden können.

Weltweit verwalten Staatsfonds ein Vermögen von fünf Billionen Dollar. Das entspricht in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Japans oder der Marktkapitalisierung der im US-Standardwerteindex Dow Jones gelisteten 30 Unternehmen.

DIE ANZIEHUNGSKRAFT DER STAATSFONDS

Begehrlichkeiten bei der Politik wecken Staatsfonds nicht nur wegen ihrer prall gefüllten Geldbörsen, sondern auch deshalb, weil viele einen Teil ihrer Einnahmen in harten Währungen erhalten. Es handelt sich dabei meist um überschüssige Devisenreserven der Notenbanken.

Um der Versuchung entgegenzuwirken, Staatsfonds als jederzeit verfügbaren Notgroschen zu betrachten, plädiert Columbia Business School-Professor Ang für eng umrissene Mandate. Im Zweifel solle für jedes Anlageziel ein eigener Fonds aufgelegt werden. Das erschwere es, das Geld für Zwecke zu verwenden, für die es ursprünglich nicht gedacht war.

Reuters