Hart wie Stahl - lange Zeit war diese Einschätzung mit Blick auf die europäischen Stahl-Aktien alles andere als zutreffend. Überkapazitäten, Miss-Management und andere Branchen-Probleme sorgten neben dem ohnehin allgemein zyklischen Charakter der Branche dafür, dass Langfrist-Anleger keinen Spaß hatten mit diesen Titeln.
Volatil dürfte es unter dem Strich auch künftig zugehen. Aber seit dem Vorjahr hat sich ein Kursaufschwung breit gemacht, der sich auch in diesem Jahr fortgesetzt hat. Einige Stahl-Aktien schnitten bisher jedenfalls besser ab, als das viele Marktteilnehmer inmitten von Brexit und den Protektionismus-Androhungen der USA erwartet haben dürften.
Die große Frage aus Anlegersicht lautet nun, ob sich der Kursschwung weiter fortsetzt oder eine Trendwende nach unten droht. Wichtig für den Richtungsentscheid dürfte auch sein, wie die Zahlen für das abgelaufene Quartal ausfallen. Die Analysten bei der US-Investmentbank Jefferies sind dabei in dieser Hinsicht relativ optimistisch. Die Ergebnisse an sich dürften zwar längst nicht mehr so gut ausfallen wie noch im ersten Quartal, doch dafür hätten sich anders als bei der Vorlage der Erstquartalsergebnisse inzwischen die volkswirtschaftlichen Perspektiven und die Aussichten für die Stahlpreise wieder etwas verbessert, heißt es in einer Studie.
Unter den von Jefferies beobachteten Stahl-Aktien aus Europa sind fünf mit einer Kaufempfehlung vorsehen. Die Kursziele dieser Titel bergen dabei ein Aufwärtspotenzial von 18 Prozent bis 38 Prozent. Auf den nachfolgenden Seiten erfahren Sie etwas mehr über die Kaufargumente von Jefferies für diese Werte.
Auf Seite 2: Aperam
Aperam (WKN: A1H5UL)
Unter den Kaufempfehlungen von Jefferies im Stahlsektor ist Aperam zu finden. Allerdings war hier Mitte Juni das Kursziel von 60,00 Euro auf 55,00 Euro gesenkt worden. Aber auch auf der tieferen Basis hat die Notierung noch immer gut 30 Prozent Luft nach oben.
Nach unten genommen hatte man damals die Kursvorgabe wegen den fallenden Preisen für Ferrochrom. Weiteren Korrekturbedarf sehen die Analysten offenbar nicht, zumindest wurden Kaufempfehlung und Kursziel in der Vorwoche unverändert gelassen.
Für das abgelaufene Quartal hat der in Luxemburg ansässige Edelstahl-Produzent auf Quartalsbasis ein unverändertes EBITDA in Aussicht gestellt sowie einen unveränderten Schuldenstand. Jefferies geht beim EBITDA von 168 Millionen Euro aus, was nach einer leichten Abwärtskorrektur um drei Prozent unter der Konsensschätzung von 173 Millionen Euro liegt.
Mit Blick auf das Gesamtjahr hat Jefferies die Schätzung für das EBITDA zuletzt von 630 Millionen auf 613 Millionen Euro gesenkt, dafür aber für 2018 von 683 Millionen auf 696 Millionen Euro angehoben. Die Konsensprognosen belaufen sich auf 615 Millionen bzw. auf 649 Millionen Euro.
Beim Gewinn je Aktie kalkuliert man für 2017 mit 4,18 Euro und für 2018 mit 4,74 Euro. Für das kommende Jahr ergibt sich damit ein KGV von geschätzten 8,9. Die Dividendenrendite für 2017 veranschlagt man auf gut 3,0 Prozent.
Charttechnik
Nach Aufnahme der Börsennotiz im Jahr 2011 gibt es bei Aperam zunächst bis Juli 2013 bis auf 7,99 Euro nach unten. Doch danach setzte ein Kursaufschwung ein, der die Notiz bis Februar 2017 auf 50,80 Euro nach oben hievte. Zuletzt hat sich dann aber ein nach wie vor intakter mittelfristiger Seitwärtstrend entfaltet.
Profil
Aperam ist ein 2011 aus einem Spin-Off von ArcelorMittal entstandener international tätiger Produzent von Edelstahl, Elektroblech und Nickellegierungen. Anwendung findet der rostfreie Stahl in der Automobilindustrie (Abgassysteme, Ausstattung und Dekoration sowie Konstruktion), im Transportwesen (Züge, Tankfahrzeuge und Container), in der Prozess- und Lebensmittelindustrie, im Bauwesen (Dächer, Fassaden oder Strukturelemente), der Gastronomie (Öfen und Spülen) und darüber hinaus in vielen weiteren Produkten wie Fahrstühlen, Kühlschränken und Heizsystemen zur Anwendung.
Weitere Erzeugnisse der in Luxemburg sitzenden Firma sind Elektrobleche, die in der gesamten Energiewertschöpfungskette eingesetzt werden (Generatoren, Transformatoren und Elektromotoren) sowie verschiedene Legierungen. Neben seinem Produktangebot offeriert Aperam eigene Logistikdienstleistungen, um vor allem die Edelstahlprodukte schnell und sicher zum Kunden zu transportieren.
Auf Seite 3: SSAB
SSAB (WKN: 887029)
Die Jefferies-Kaufempfehlung für SSAB beinhaltet ein Kursziel von 50,00 schwedischen Kronen. Diese Vorgabe wurde in der Vorwoche von 45,00 Kronen angehoben. Um die neue Vorgabe zu erreichen müsste der Titel noch um knapp 19 Prozent zulegen.
Für das erste Quartal hatte SSAB überzeugende Ergebnisse vorgelegt und sich zudem positiv zu den Aussichten geäußert. Im zweiten Quartal hat man diesen Versprechen auch eingelöst, denn für diesen Zeitraum meldete man einen Anstieg beim Umsatz von 14,471 Milliarden auf 17,115 Milliarden Kronen.
Mit dem EBITDA ging es gleichzeitig von 1,509 Milliarden auf 2,167 Milliarden Kronen nach oben. Das lag über den von Jefferies für den Berichtszeitraum vorhergesagten 2,002 Milliarden Kronen, obwohl diese Erwartung kurz vor der Zahlenvorlage noch um vier Prozent angehoben worden ist und damit auch über dem Analystenkonsens lag.
Bei der Verschuldung gab SSAB für Ende Juni einen Rückgang der Nettoverschuldung gegenüber dem Jahresende von 2,149 Milliarden auf 15,738 Milliarden Kronen bekannt. Die hier erzielten Fortschritte bestärken die Jefferies-Analysten in der Erwartungshaltung, dass es für das Geschäftsjahr zur Wiederaufnahme einer Dividendenzahlung kommt. Die Schätzung für die Dividendenrendite bewegt sich bei 1,3 Prozent und für die Jahre danach geht man von steigenden Ausschüttungen aus. Das KGV für 2018 wird auf rund 16 taxiert.
Charttechnik
Den laufenden Bullenmarkt hat die Aktie von SSAB verpasst. Während die meisten Börsen haussierten, sank die eigene Notiz von April 2010 bis Januar 2016 von 135,10 Kronen auf 17,74 Kronen. Gestützt auf einen im Vorjahr ausgebildeten doppelten Boden geht es aber seit Mitte 2016 nach oben und relativ frisch markierte Jahreshoch untermauern das auf mittelfristige Sicht verbesserte Chartbild.
Profil
SSAB produziert hochfeste Stähle. Im Segment Rohstahl verfügt der schwedische Konzern über Kapazitäten zur Herstellung von rund sechs Millionen Tonnen. Nischenprodukte wie hochfeste Stähle tragen zu rund 38 Prozent zum Gesamtumsatz des Unternehmens bei. Der Fokus liegt auf der Fertigung von herkömmlichen Stahlprodukten. Zentrale Produktionsstätten befinden sich neben Schweden in China und den USA. Vermarktet werden die Stähle unter den Namen Domex, Docol, Prelaq, Hardox, Weldox, Armox und Toolox. Zielmärkte sind Skandinavien und Nordamerika.
Auf Seite 4: ArcelorMittal
ArcelorMittal (WKN: A2DRTZ)
Beim dritten europäischen Kaufkandidaten von Jefferies aus der Stahlbranche handelt es sich um ArcelorMittal. Das Kursziel beläuft sich unverändert auf 30,00 Euro. Damit die Rechnung aufgeht, müsste die Notiz immerhin um fast 38 Prozent zulegen.
Neue Impulse für den in Luxemburg beheimateten Stahlkocher dürfte es am 28. Juli mit Bekanntgabe der Quartalszahlen geben. Jefferies hat im Vorfeld die eigene Prognose für das im abgelaufenen Dreimonatszeitraum erzielte EBITDA um acht Prozent auf 2,145 Milliarden Euro gesenkt.
Auch für das Gesamtjahr 2017 ging es mit der EBITDA-Prognose von 8,345 Milliarden auf 8,004 Milliarden Euro nach unten. Dafür hat man die Schätzung für 2018 um fünf Prozent auf 8,278 Milliarden Euro erhöht.
Die Analysten verwiesen als Pluspunkt auf die voraussichtlich in diesem Jahre starke Cash-Flow-Generierung. Denn das ermögliche es die Bilanz weiter zu entschulden und das Verhältnis von Nettoverschuldung zum EBITDA bis zum Jahresende auf das 1,2-fachen zu senken.
Das erhöhe die Chance auf eine Rückerlangung des Investment-Grade-Rating und auf der Basis dieser Annahmen sei für das Geschäftsjahr die Aufnahme einer Ausschüttung denkbar. Jefferies sieht die Dividendenrendite für das laufende Jahr bei geschätzten1,4 Prozent. Das KGV für 2018 sehen die Analysten auf aktueller Kursbasis bei unter acht.
Charttechnik
Der Performance-Nachweis von ArcelorMittal fällt ziemlich dürftig aus. Denn von Juni 2008 bis Februar 2016 sank der Kurs von146,03 Euro auf 6,10 Euro. Doch nach diesem Einbruch konnte sich die Notiz immerhin spürbar vom Rekordtief lösen. In diesem Jahr präsentiert sich der Titel sehr volatil und die Charttechnik gibt kaum verlässliche Hinweise darauf, wohin die Reise als nächstes gehen könnte.
Profil
ArcelorMittal ist das weltgrößte Stahl- und Bergbauunternehmen; es ist in über 60 Ländern präsent und industriell in mehr als 20 Ländern aufgestellt. Produziert wird für die Automobil- und Bauindustrie, den Verpackungsmarkt, den Maschinenbau und für die Haushaltsgeräteindustrie. Zu den Produkten gehören Flach- und Langstahl sowie Stahlrohr, aber auch Spezialprodukte und Edelstahl-Legierungen. ArcelorMittal ist einer der fünf weltweit größten Produzenten von Eisenerz und metallurgischer Kohle. Die Bergbautätigkeiten des Unternehmens in Nord- und Südamerika, Afrika, Europa und der GUS stellen einen wichtigen Bestandteil der Wachstumsstrategie dar.
Auf Seite 5: Voestalpine
Voestalpine (WKN: 897200)
Im Zuge einer bestätigten Kaufempfehlung hat Jefferies in der Vorwoche das Kursziel für Voestalpine von 45,00 Euro auf 50,00 Euro angehoben. Damit ergibt sich ein Kurspotenzial von 18,5 Prozent, wobei sich die Kursziel-Vorgabe im April noch bei 38,00 Euro bewegte.
Die Analysten sind für den österreichischen Stahl-Hersteller zuletzt unter anderem deshalb optimistischer geworden, weil das Unternehmen beim Kontrakt-Mix im europäischen Sektor eine führende Rolle einnehme. Zudem habe sich der Vorstand von Voestalpine jüngst auf einer Roadshow optimistisch gezeigt.
Wenn die Gesellschaft am 09. August über den Verlauf des ersten Quartals im Geschäftsjahr 2017/18 berichtet, gehen die Analysten beim Gewinn vor Steuern und Zinsen im Quartalsvergleich von einer leichten Verbesserung von drei Prozent auf 285 Millionen Euro aus. Für das Gesamtjahr rechne mit von Unternehmensseite mit einer unveränderten Einschätzung, wobei es aber im weiteren Jahresverlauf noch zu einer Anhebung der Vorhersage kommen könnte.
Für das vierte Quartal 2016/17 hatte der Stahl- und Technologiekonzern Voestalpine über gute Geschäfte berichtet. Operativ schnitt das Unternehmen dabei auf bereinigter Basis besser ab und es wurde eine erneute Dividendenerhöhung von 1,05 Euro auf 1,10 Euro je Aktie verkündet. Insgesamt stieg der Umsatz im Geschäftsjahr 2016/17 per Ende März um zwei Prozent auf 11,3 Milliarden Euro, während das Ergebnis vor Zinsen und Steuern um drei Prozent auf 840 Millionen Euro zulegte.
Das KGV taxiert Jefferies auf 11,3 für 2017 und auf 10,9 für 2018. Die Dividendenrendite schätzt man für das laufende Jahr auf 2,7 Prozent.
Charttechnik
Im Branchenvergleich kommt die Aktie von Voestalpine mit einer relativ guten Kursentwicklung daher. Auch aktuell sieht es charttechnisch gesehen recht konstruktiv aus. Denn die Notiz ist auf neue Mehrjahreshochs vorgedrungen, was theoretisch den Weg für weitere Avancen freigeschaufelt hat. Das Rekordhoch von 66,11 Euro aus dem Jahr 2007 ist dabei aber noch ein erhebliches Stück weit entfernt.
Profil
Die voestalpine ist ein in seinen Geschäftsbereichen weltweit führender Technologie- und Industriegüterkonzern mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Die global tätige Unternehmensgruppe verfügt über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Sie notiert seit 1995 an der Wiener Börse. Mit ihren qualitativ höchstwertigen Produkt- und Systemlösungen aus Stahl und anderen Metallen zählt sie zu den führenden Partnern der europäischen Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie weltweit der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie.
Voestalpine ist darüber hinaus Weltmarktführer in der Weichentechnologie und im Spezialschienenbereich sowie bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen. Im Geschäftsjahr 2016/17 erzielte der Konzern bei einem Umsatz von 11,3 Milliarden Euro ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 1,54 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit rund 50.000 Mitarbeiter.
Auf Seite 6: ThyssenKrupp
ThyssenKrupp (WKN: 750000)
Bei ThyssenKrupp gibt Jefferies das Kursziel mit 32,00 Euro an. Das bedeutet, die Kaufempfehlung hat theoretisch fast 25 Prozent Luft nach oben. Die aktuelle Vorgabe wurde dabei erst in der Vorwoche von 30,00 Euro angehoben.
Spannend wird es bei ThyssenKrupp am 10. August, denn da steht bei dem DAX-Mitglied die Vorlage der Ergebnisse für das abgelaufene Quartal an. Die Gesellschaft selbst hat dabei im Vorfeld sowohl im Jahresvergleich als auch gegenüber dem Vorquartal einen Anstieg beim angepassten Gewinn vor Steuern und Zinsen in Aussicht gestellt. Der freie Cash Flow dürfte auch bedingt durch die erhöhten Rohmaterialkosten aber noch relativ schwach ausfallen.
Mit Blick auf das Quartalsergebnis hat Jefferies die Schätzung für das EBITDA von 727 Millionen auf 748 Millionen Euro erhöht. Für das Gesamtjahr 2016/2017 wurde die Prognose dagegen leicht von 2,705 Milliarden auf 2,679 Milliarden Euro zurückgenommen. Für 2017/18 ging es mit der Prognose dafür von 3,172 Milliarden Euro auf 3,270 Milliarden Euro nach oben. Der Analystenkonsens rechnet mit 2,809 Milliarden bzw. mit 3,132 Milliarden Euro.
Aus einer Fusion mit dem Europageschäft von Tata Steel erhofft man sich deutlich positive Impulse, unter anderem dank Synergie-Effekte. Auch dürfte sich mittelfristig der zuletzt hohe Auftragseingang mittelfristig günstig auf die Geschäfte auswirken. Das KGV wird für 2017/18 auf gut 13 taxiert. Bei der Dividende geht man für 2016/17 von einer Ausschüttung von 0,15 Euro aus und für 2017/18 von 0,20 Euro. Daraus ergeben sich Dividendenrenditen von 0,58 Prozent und 0,78 Prozent.
Charttechnik
Der Kursverlauf bei den Aktien von ThyssenKrupp war in den vergangenen Jahren von einem häufigen Auf und Ab geprägt. Aktuell bewegt sich die Notierung dabei auf einem bereits 1999 erreichten Niveau. Seit dem ersten Quartal sieht das Chartbild aber sehr viel besser aus, denn seitdem besteht ein Aufwärtstrend. Dieser wurde mit neuen Zwischenhochs im Juli auch bereits als intakt bestätigt.
Profil
Die ThyssenKrupp AG ist ein weltweit tätiger Industriekonzern mit den Schwerpunkten Stahl, Industriegüter und Dienstleistungen. Die Gesellschaft besetzt in ihren Kernbereichen Steel, Stainless, Elevator, Technologies und Services überwiegend Top-3-Positionen in den relevanten Märkten. Das Produkt- und Leistungsspektrum reicht dabei von Flachstahl über den Handel mit Werk- und Rohstoffen bis hin zu Personenbeförderungsanlagen. Ergänzt wird das Angebot durch die Herstellung von hochwertigen Komponenten, die in den verschiedensten Fahrzeugen und Maschinen zum Einsatz kommen. Die ThyssenKrupp AG ist in über 80 Ländern mit eigenen Gesellschaften, Niederlassungen und Büros vertreten.