Außerdem hätten die hiesigen Börsen noch Nachholbedarf im Vergleich zur Wall Street, betonte Aktienhändler Markus Huber vom Brokerhaus City of London. Der Dow Jones - und der S&P 500 -Index eilten in den vergangenen Tagen von Rekordhoch zu Rekordhoch. "Dennoch: Bis die Situation bezüglich des Brexit und dessen Folgen auf das Wachstum - nicht nur in Großbritannien, sondern in Europa und dem Rest der Welt - klarer wird, bevorzugen Anleger US-Aktien."
Der Softwareanbieter SAP verdiente im zweiten Quartal operativ 1,5 statt der von Analysten vorhergesagten 1,45 Milliarden Euro. "SAP hat gezeigt, dass die Anleger vor den Folgen des Brexit-Votums gar nicht so viel Angst haben müssen", sagte ein Börsianer. Firmenchef Bill McDermott bezeichnete seine Firma in einem Reuters-Interview sogar als Profiteur des geplanten Ausstiegs Großbritanniens aus der EU. "SAP war nie in einer besseren Position." Für die Anpassung an das neue Umfeld bräuchten Unternehmen neue Software. Die Aktien des Walldorfer Konzerns stiegen um 4,9 Prozent auf ein Acht-Monats-Hoch von 75,19 Euro.
Mit Erleichterung reagierten Investoren auf die Zwischenbilanz von Volkswagen. Die Aktien stiegen um bis zu 7,3 Prozent, da der Autobauer trotz "Dieselgate" eines der besten Quartale seiner Geschichte verbuchte. Dank einer Erholung des Geschäfts der Kernmarke VW stieg das operative Ergebnis um ein Fünftel auf 7,5 Milliarden Euro. Die für die Aufarbeitung der Affäre um manipulierte Abgaswerte bislang beiseite gelegten 16,2 Milliarden Euro seien zwar noch nicht das Ende der Fahnenstange, betonte Andrew Edwards, Chef des Brokerhauses ETX Capital. "Aber zumindest hat VW das notwendige Geld, um mit dem Problem fertig zu werden."
ASML UND MICROSOFT ÜBERRASCHEN EBENFALLS POSITIV
Neben SAP hellten auch andere Hightech-Firmen mit ihren Bilanzen die Anlegerstimmung auf: Der Chipindustrie-Ausrüster ASML verdiente im abgelaufenen Quartal mehr als von Analysten erwartet. Außerdem habe sich der Auftragseingang verdoppelt. Die Aktien der Firma stiegen an der Amsterdamer Börse um bis zu 3,7 Prozent auf ein Zwölf-Monats-Hoch von 97,98 Euro.
An der Wall Street gewannen Microsoft vorbörslich sogar 5,2 Prozent. Der weltgrößte Software-Hersteller übertraf mit einem Umsatz von 22,6 Milliarden Dollar und einem Gewinn von 3,12 Milliarden Dollar die Markterwartungen ebenfalls.
FIRMEN HEBEN PROGNOSEN AN
Stark gefragt waren auch die Papiere von Lonza, die zeitweise auf ein Rekordhoch von 183,30 Franken stiegen. Der Pharma-Zulieferer peilt dank eines Gewinnsprungs in den vergangenen Monaten nun für das Gesamtjahr einen Anstieg des Betriebsgewinns im zweistelligen Prozentbereich an.
Orpea blickt dank eines 23-prozentigen Umsatzsprungs ebenfalls optimistischer in die Zukunft. Der französische Betreiber von Kliniken und Seniorenheimen, der in Deutschland 156 Standorte unterhält, stellt für das Gesamtjahr ein Wachstum von 17,5 statt 13,7 Prozent ein Aussicht. Die Aktien stiegen daraufhin in Paris um bis zu 8,2 Prozent auf ein Rekordhoch von 80,39 Euro.