Die Pressemitteilung der Anwaltskanzlei TILP macht deutlich, dass Steinhoff sich nun juristisch verantworten muss: "Heute wurde der TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH der von ihr erstrittene Vorlagebeschluss des Landgericht Frankfurt am Main (vom 16.05.2019, Az. 2-02 OH 3/19) im Zusammenhang mit den Schadensersatzklagen von Investoren gegen die Steinhoff International Holdings N.V. zugestellt. Damit ist nunmehr zwingend das Kapitalanleger-Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz vor dem Oberlandesgericht Frankfurt gegen Steinhoff eröffnet."
In dem Verfahren geht es unter anderem darum, zu klären "ob Steinhoff den Kapitalmarkt nicht beziehungsweise nicht rechtzeitig über die Bilanzunregelmäßigkeiten informiert hat und Anlegern, welche zwischen dem 7. Dezember 2015 und dem 5. Dezember 2017 Aktien erworben haben, dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet ist" so die Kanzlei.
Hintergrund: Das Unternehmen war nach der Übernahme der französischen Möbelhandelskette Conforama im Jahr 2011 hinter IKEA aus Schweden der zweitgrößte Möbelhändler Europas geworden. In Deutschland gehörten zu seinem Imperium die Poco-Möbelmärkte. Im Jahr 2016 stieg das in Frankfurt gelistete Unternehmen sogar in den MDAX auf. Das unglaublich schnelle Wachstum des Möbelhändlers hat aber auch immer Zweifel an seiner Nachhaltigkeit geweckt. Und dann wurden am 5. Dezember 2017 Unregelmäßigkeiten in der Bilanz aufgedeckt. Die Prüfungsgesellschaft Deloitte verweigerte dem Konzern das Testat für den Jahresabschluss, worauf der damalige Steinhoff-Chef Markus Jooste sofort zurücktrat. Innerhalb von 14 Tagen verlor die Aktie über 90 Prozent.
Für den Möbelhändler könnte das nun teuer werden. "Ich bin mir sicher, dass wir Steinhoff eine Vielzahl von Pflichtverletzungen erfolgreich nachweisen und den Anlegern damit zum Sieg verhelfen werden", sagt Maximilian Weiss, Rechtsanwalt der TILP Gruppe. Zwar hat Steinhoff bereits signalisiert, zu einem Vergleich mit den Geschädigten bereit zu sein, aber Weiss will möglichst viel rausholen aus dem Konzern: "Gerade jetzt ist es wichtig, den Druck auf dem Kessel zu halten, damit unsere Mandanten eine möglichst hohe Schadensersatzsumme erzielen, egal ob durch Urteil oder durch Vergleich."