Anleger, Berufstätige, Familien und Ruheständler müssen sich 2020 auf neue Spielregeln einstellen. Die wichtigsten Reformen im Überblick. Von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

Soli-Zuschlag für 90 Prozent der Steuerzahler abschaffen, Finanztransaktionsteuer für Aktien­geschäfte einführen, vielen Vereinen Steuervorteile aberkennen. Olaf ­Scholz hat für 2021 große Pläne. Für 2020 hat der Finanzminister nur kleinere Steueränderungen durchgesetzt:

Bahn- und Flugtickets


Der Mehrwertsteuersatz auf Fernreisen mit der Bahn sinkt ab 1. Januar 2020 von 19 auf sieben Prozent. Bahntickets sollen dadurch um zehn Prozent billiger werden. Im Gegenzug wird die Flug­ticketabgabe ab 1. April 2020 erhöht. ­Deren Mehreinnahmen von rund 740 Millionen Euro sollen Steuermindereinnahmen aus dem Bahnverkehr ausgleichen (die Änderungen waren bei Redaktionsschluss noch nicht verabschiedet).

Dienst-Elektrofahrzeuge


Angestellte müssen den geldwerten Vorteil, der ihnen bei privater Nutzung eines elektrischen Dienstfahrzeugs entsteht, nur noch mit 0,25 Prozent statt wie bis her mit 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises monatlich versteuern. Dies gilt ab 2020 zunächst für alle E-Autos und S-Pedelecs (E-Bikes mit Trittunterstützung bis 45 km/h), die steuerrechtlich als Kraftfahrzeuge gelten. Damit auch die Nutzer herkömmlicher Fahr­räder und E-Bikes (Pedelecs mit Motor­unterstützung bis 25 km/h) profitieren, muss - analog zur 0,5-Prozent-­Regel - das Bundesfinanzministerium noch den dafür maßgeblichen Steuererlass für Diensträder anpassen.

Dienstfahrräder


Die neue 0,25-Prozent-Regel beim geldwerten Vorteil soll auch für Diensträder gelten. Angestellte, die vom Arbeitgeber ein Jobrad via Gehaltsumwandlung beziehen, können im Vergleich zum klassischen Kauf mit einer weiteren Ersparnis von durchschnittlich drei Prozentpunkten rechnen. Wer zusätzlich zum Arbeitslohn ein herkömmliches Fahrrad oder E-Bike zur Verfügung gestellt bekommt, kann langfristig planen: Die bereits geltende Steuerbefreiung für Dienstfahrräder wird über 2021 hinaus bis zum Jahresende 2030 verlängert.

Elektro-Nutzfahrzeuge


Selbstständige, die ab 2020 neue Elek­tro-Nutzfahrzeuge oder elektrisch betriebene Lastenfahrräder anschaffen, können bis zum Jahr 2030 eine Son­derabschreibung (Sonder-AfA) nutzen. Diese beträgt einmalig 50 Prozent der Anschaffungskosten und kann neben regulären AfAs genutzt werden.

Geldbußen


Selbstständige dürfen rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 gezahlte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungen von Gerichten und Behörden anderer EU-Mitgliedsstaaten nicht mehr als Betriebsausgaben absetzen.

Jobtickets


Wer im Wege der Gehaltsumwandlung vom Arbeitgeber ein Jobticket erhält, kann sich über eine Steuererleichterung freuen. Ab kommendem Jahr dürfen Unternehmen die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr übernehmen und die Kosten für den Mitarbeiter pauschal mit 25 Prozent versteuern, selbst wenn die Zahlungen des Unternehmens nicht zusätzlich zum Arbeitslohn erfolgen. Die Steuervergünstigung soll für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gelten.

Kalte Progression


Durch eine Verschiebung des Steuer­tarifs "nach rechts" greifen 2020 höhere Steuerstufen erst ab einem höheren zu versteuernden Einkommen. Dadurch wird verhindert, dass Lohnerhöhungen durch die steigende Steuerbelastung großteils aufgezehrt werden.

Kinderfreibeträge


Der Kinderfreibetrag steigt im neuen Jahr von 4.980 auf 5.172 Euro. Eltern können den Freibetrag anstelle von Kindergeldzahlungen erhalten. Das Finanzamt prüft bei Abgabe der Steuererklärung automatisch, welche Alternative fiskalisch günstiger ist. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 61 757 Euro ist dies meist der Kinderfreibetrag.

NV-Bescheinigungen


Wer als Ruheständler weniger als den Grundfreibetrag an zu versteuerndem Einkommen hat, kann sich mit einer Nichtveranlagungs-(NV-)Bescheinigung von der Abgeltungsteuer befreien lassen. Ab 2020 ist dafür die Steuer-ID obligatorisch. Andernfalls dürfen Banken den NV-Antrag nicht berücksichtigen.

Prepaidkarten


Betriebe können Gutscheine und Prepaidkarten bis zur Höhe von 44 Euro monatlich als Sachbezug steuerfrei an Mitarbeiter ausgeben. Voraussetzung: Barauszahlung und Kreditnutzung der Karte sind nicht möglich. Ab 2020 sind alle zweckgebundenen Geldleistungen via Prepaidkarte nicht mehr steuerfrei.

Steuererklärungen


Wer als Arbeitnehmer nebenberuflich Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (Anlagen "G" und "S") erzielt, darf seine Steuererklärung für das Jahr 2019 nicht mehr auf Papier abgeben, sondern muss sie zwingend elektronisch übermitteln.

Umsatzsteuer


Auf breiten öffentlichen Druck hin senkt der Gesetzgeber ab 2020 den Mehrwertsteuersatz auf Hygieneprodukte für Frauen von 19 auf sieben Prozent.

Verlustverrechnungen


Verluste aus Wertpapiergeschäften, die nicht durch Verkauf entstanden sind, sondern indem sie wertlos aus dem Depot ausgebucht oder an Dritte übertragen wurden, sollen nur noch bis zur Höhe von 10.000 Euro pro Jahr anerkannt werden. Auch Verluste aus Termingeschäften, etwa wenn eine Option verfällt, sollen nicht mehr so leicht absetzbar sein. Das Bundesfinanzministerium plant, dass die so erlittenen Miesen nur noch mit Gewinnen aus der gleichen Einkunftsart verrechenbar sind (die Änderung war bei Redaktionsschluss noch nicht verabschiedet).

Werkswohnungen


Stellen Arbeitgeber Mitarbeitern eine günstige Wohnung, müssen diese die Differenz zur ortsüblichen Miete bisher als geldwerten Vorteil versteuern. Ab 2020 gibt es einen Bewertungsabschlag: Arbeitnehmer müssen nichts versteuern, wenn die Miete mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Werts beträgt.

Wohnimmobilien


Für neu gebaute Wohnungen können Eigentümer schon seit August 2019 für begrenzte Zeit mehr Kosten abschreiben. Investoren dürfen vier Jahre lang bis zu fünf Prozent pro Jahr steuerlich als Sonderabschreibung geltend machen. Zusammen mit der linearen Abschreibung sind dies 28 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten - dreieinhalbmal so viel wie zuvor. Um den Steuerbonus zu erhalten, muss der Bauantrag für die neue Wohnung im Zeitraum 31. August 2018 bis 31. Dezember 2021 erfolgen. Begünstigt sind auch Immobilien, die der neue Wohneigentümer bis zum Ende des Jahres erwirbt, in dem sie fertiggestellt worden sind. Die Wohnung muss zusätzlich mindestens zehn Jahre dauerhaft vermietet werden. Außerdem dürfen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen. Pro Quadratmeter werden dann bis zu 2.000 Euro steuermindernd berücksichtigt.