Der Betreiber von Mobilfunkservices hat sein Angebot um Fernsehen übers Internet erweitert. Ein neues Gesetz für Mieter kann hier für Millionen neuer Kunden sorgen. Und auch 5G kommt wohl dazu – warum bei der Freenet-Aktie jetzt fast 40 Prozent Kurschance drin sind.
Dieter Bohlen, einst Teil des Popduos Modern Talking, erfolgreicher Komponist und Musikproduzent, zudem Sprüche klopfender Juror bei "Deutschland sucht den Superstar", ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber Aufmerksamkeit erregt der Promi auf jeden Fall. Zur Zeit macht er das auf Plakatwänden für das bisher relativ unbekannte Waipu.tv. Da empfiehlt "Dieter an alle Mieter" seit dem 15. Mai den kabellosen Fernsehempfang von Waipu.tv per Datenstick. Das Gerät gibt es für rund 60 Euro und "ein Jahr Fernsehen geschenkt".
Das Testimonial Bohlen gibt es für Freenet, den Mutterkonzern von Waipu.tv, sicher nicht geschenkt, und für das massive Marketing des TV-Dienstes sind für den Rest des Jahres weitere 15 Millionen Euro von dem Mobilfunkanbieter aus Büdelsdorf eingeplant. Doch das Geld ist gut investiert, für die Gewinnung von Neukunden fürs Fernsehen via Internet gilt das Motto "Jetzt oder nie". Grund: Wie schon früher bei Strom und Gas dürfen sich Mieter in Deutschland ab 1. Juli den TV-Anbieter selbst aussuchen. Bisher mussten sie den Kabelanbieter des Vermieters akzeptieren, wenn der das so wollte, und die Gebühren dafür über die Nebenkosten der Wohnung bezahlen.
Freenet: Millionen wechselwillige TV-Kunden
Wenn sich jetzt also Millionen von Mietern aufmachen, eine neue Quelle für ihre künftige TV-Unterhaltung zu suchen, gilt das Prinzip des frühen Vogels: Je mehr Kunden Waipu in der Umstellungsphase gewinnt, desto größer ist die Chance, sie auch zu behalten, wenn der Filmgenuss nach einem Jahr kostenpflichtig wird. Dank schnellem Internet und günstigen Flatrates holen sich ohnehin schon viele TV-Konsumenten ihr Programm übers Netz, und Waipu ist mit bisher rund 1,5 Millionen Abonnenten nach eigenen Angaben "Deutschlands Marktführer für OPEN-IPTV". Allein im ersten Quartal schalteten rund 139 000 neu auf das Programm der Freenet-Tochter um, was den Gesamtumsatz um 15,6 Prozent im Jahresvergleich auf 93,4 Millionen Euro anhob. Die Ziele von Freenet sind ambitioniert: Bis Jahresende soll die Zahl der Waipu.tv-Abonnenten auf rund zwei Millionen angestiegen sein.
Damit könnte sich das bisherige Nebengeschäft IPTV schon im zweiten Halbjahr bei den Zahlen von Freenet positiv bemerkbar machen. Dazu kommt ein wachsendes cloudbasiertes Videoangebot. Die Zahl der Vertragskunden von Freenet als Mobilfunkservice-Provider sind seit 2011 beständig auf aktuell etwas mehr als sieben Millionen gestiegen, im Paket mit dem Internetfernsehen könnte die Neugewinnung noch leichter fallen. Dazu kommt, dass die Norddeutschen über ein starkes bundesweites Vetriebsnetz mit 520 eigenen Shops und rund 400 Sales-Punkten in Saturn-Media-Märkten vertreten sind. Gerüchten zufolge soll Freenet durch einen Vetrag mit Telefónica (O2) künftig auch Zugang zum 5 G-Netz anbieten können.
Im Gegensatz zu Wettbewerbern wie der Deutschen Telekom mit Magenta-TV hat Freenet den Vorteil, dass man kein eigenes Netz betreibt und Kapazitäten bei den Vertragspartnern nur nach Bedarf zukauft. Die variablen Kosten können der jeweiligen Situation angepasst werden. Gleichzeitig schafft es Freenet, seit 2021 deutlich die Verschuldung abzubauen. Für Preiskämpfe ist man also gut gerüstet.
Der Aktienkurs ist zwar recht volatil, dafür werden Anleger mit einer Dividendenrendite von mehr als sieben Prozent belohnt. Und weil diese wohl auch in den kommenden Jahren aus dem steuerlichen Einlagekonto gezahlt wird, erfolgt sie ohne Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Ein Kursziel von 35 Euro bietet fast 40 Prozent Luft nach oben.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Freenet.