Sie fragen, wir antworten! Die Redaktion von Euro am Sonntag beantwortet Leseranfragen zu Rechts-, Finanz- und Versicherungsthemen. Von Redaktion Euro am Sonntag
Man liest immer wieder, dass einige deutsche Unternehmen steuerfreie Dividenden aus ihren Kapitalreserven auszahlen, beispielsweise die Deutsche Telekom und die Deutsche Post. Dazu habe ich einige Fragen: Wie gelangen die ausschüttenden Aktiengesellschaften an ausreichende Mittel für die Ausschüttung aus den Kapitalrücklagen? Denn bei der Bestimmung der Herkunft der Ausschüttungsmittel hat nach Paragraf 27 Absatz 1 Satz 3 Körperschaftsteuergesetz der sogenannte ausschüttbare Gewinn immer Vorrang vor der Kapitalrücklage. Erst wenn der ausschüttbare Gewinn verwendet wurde und noch mehr ausgeschüttet werden soll, geht dies über die steuerfreie Dividende. Haben also all die Aktiengesellschaften, die steuerfreie Dividenden ausschütten, nur wenig bis gar keinen ausschüttbaren Gewinn? Und wie verhält es sich speziell mit der Deutschen Pfandbriefbank? Sie verkündete im April, für die nächsten fünf bis sieben Jahre aus den Kapitalrücklagen ausschütten zu wollen.
€uro am Sonntag:
Man kann also nicht sagen, dass alle Firmen, die Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagenkonto vornehmen, überhaupt nicht über Gewinne verfügen. Es kommt einzig darauf an, dass in der speziell für Steuerzwecke aufgestellten Bilanz rechnerisch kein ausschüttbarer Gewinn vorhanden ist. Der nach internationalen IFRS- oder deutschen handelsrechtlichen HGB-Grundsätzen aufzustellende Jahresabschluss kann von dieser Steuerbilanz aufgrund divergierender Vorschriften durchaus abweichen und Gewinne ausweisen.
Separates steuerliches Einlagenkonto
Die Ausschüttung vorhandener Gewinnreserven führt bei den Aktionären zu einer in voller Höhe abgeltungsteuerpflichtigen Dividende. Erst wenn kein ausschüttbarer Gewinn mehr vorhanden ist, darf die Gesellschaft auf ihre Kapitalreserven zurückgreifen und diese an die Aktionäre auskehren. Diese Kapitalreserven stammen aus Kapitalerhöhungen und Einzahlungen der Aktionäre aus Vorjahren beziehungsweise aus dem Emissionserlös des Börsengangs. Steuerlich werden diese Einzahlungen gesondert aufgezeichnet und in einem "steuerlichen Einlagenkonto" festgeschrieben.
Ausschüttungen aus diesem Bestand führen bei den Aktionären nicht zu abgeltungsteuerpflichtigen Dividenden. Faktisch erhalten sie nur frühere Einzahlungen in die AG zurück. Konsequenterweise werden durch die Rückzahlung der Kapitalreserven beim Aktionär die eigenen Anschaffungskosten der Aktien gemindert.
Ob die Dividenden am Ende wirklich steuerfrei kassiert werden können, hängt einzig davon ab, wann man die Aktien gekauft hat. Wer sich Deutsche Post, Deutsche Telekom und Co vor dem Jahr 2009 ins Depot gelegt hat, freut sich jetzt in der Zinsflaute über kernige und tatsächlich steuerfreie Dividenden, weil der gesamte Aktienbestand für den Fiskus unerreichbar im steuerfreien Bereich geparkt ist.
Schlechter dran sind Aktionäre, die die Bluechips erst ab 2009 erworben haben. Nach der Einführung der Abgeltungsteuer fiel die einjährige Spekulationsfrist für neu erworbene Wertpapiere weg, Kursgewinne sind seit Anfang 2009 zeitlich unbegrenzt steuerpflichtig. Da die (erst einmal) steuerfreien Dividenden vom ursprünglich gezahlten Kaufpreis für die Aktien abgezogen werden, erhalten diese Anleger genau genommen nur einen Steueraufschub bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich von ihren Aktien trennen.
Zur Deutschen Pfandbriefbank: Sie hat angekündigt, für die nächsten fünf bis sieben Jahre ausschließlich Dividenden aus dem steuerlichen Einlagenkonto zu leisten. Nach Angaben der Bank ist eine Umgruppierung im steuerlichen Kapital der Gesellschaft für die Umstellung ursächlich. Vorausgegangen waren eine eigene Überprüfung und eine entsprechende Änderung der Steuerbescheide durch das Finanzamt. Die Umgruppierung im steuerlichen Kapital sei ein rein steuerlicher Vorgang. Sie sei unabhängig von IFRS- und HGB-Bilanzen und berühre aufsichtsrechtliche Kennzahlen nicht.