Für Anfang kommenden Jahres stehen zwei neue Markteinführungen von Kundenseite an, zudem soll das erweiterte Plattformkonzept für steigende Umsätze sorgen. Aufgrund der starken Entwicklungspipeline verfüge Stratec über "ein sehr dynamisches und nachhaltiges Wachstumspotenzial", so der Konzernlenker im Gespräch mit unserer Redaktion.

BÖRSE ONLINE: Herr Wolfinger, Stratec hat gute Quartalsergebnisse vorgelegt. Die Aktie konnte anschließend zweistellig zulegen und notiert aktuell auf einem neuen Allzeithoch. Hatten Sie mit einer derart positiven Reaktion der Anleger gerechnet?


Marcus Wolfinger: Wir haben im Wesentlichen geliefert, was wir in Aussicht gestellt haben und dem Markt somit wenig Gründe geliefert, um an unseren Jahreszielen zu zweifeln. Wahrscheinlich konnten wir dadurch einige Markteilnehmer, die an der Seitenlinie standen, überzeugen.

Besonders auffällig war die deutliche Steigerung der bereinigten Ebit-Marge auf 22,1 Prozent im dritten Quartal. Was waren die Gründe für den signifikanten Anstieg der Profitabilität? Waren auch Sondereffekte dafür verantwortlich?


Wir hatten im dritten Quartal durch ein starkes Geschäft mit Verbrauchs- und Serviceteilen einen guten Produktmix und konnten bei unseren kürzlich akquirierten Tochterunternehmen weitere Integrations- und Profitabilitätsfortschritte erzielen. Zudem konnten wir im dritten Quartal Umsätze für Entwicklungsleistungen verbuchen, denen im ersten Halbjahr nur Kosten gegenüberstanden. Bei der Entwicklung der ersten neun Monate, in der wir die bereinigte Ebit-Marge um 1,3 Prozentpunkte auf 15,9 Prozent steigern konnten, sind somit keine Sondereffekte zu berücksichtigen.

Welche Erwartung haben Sie an die Ergebnisentwicklung im laufenden vierten Quartal?


Wir gehen auch für das vierte Quartal von einem anhaltenden starken Geschäft mit Serviceteilen aus und sehen uns daher voll auf Kurs, unser für das Jahr gesetztes Ziel einer bereinigten Ebit-Marge von etwa 17 Prozent zu erreichen.

Welche weiteren Markteinführungen stehen vor der Tür und welche Impulse versprechen Sie sich davon?


Hologic, einer unserer größten Kunden, hat kürzlich erst die Marktzulassung in den USA für den Panther Fusion, ein von uns entwickeltes System, erhalten. Die Stückzahlen für dieses System waren 2017 vor US-Zulassung noch gering und sollten ab 2018 deutlich steigen. Daneben erwarten wir Anfang nächsten Jahres zwei neue Markteinführungen seitens unserer Kunden sowie steigende Umsätze aus unserem erweiterten Plattformkonzept.

Die Verhandlungen über neue Entwicklungs- und Lieferverträge befinden sich in weit fortgeschrittenen Stadien. Sind diese in Ihrer neuen mittelfristigen Wachstumsprognose bereits berücksichtigt?


Wir haben derzeit eine bis zum Rand gefüllte Entwicklungspipeline und verfügen daher über ein sehr dynamisches und nachhaltiges Wachstumspotenzial. Dieses sowie auch die damit verbundenen höheren Entwicklungskosten sind in unserer mittelfristigen Prognose berücksichtigt. Die Hauptwachstumstreiber für die nächsten ein bis drei Jahre stellen aber Systeme dar, die sich bereits in einer weit fortgeschrittenen Entwicklungsphase befinden und nun von unseren Partnern Stück für Stück in die relevanten Märkte eingeführt werden.

Auf der AACC, eine der bedeutendsten Messen im Bereich Healthcare und Diagnostik, haben Sie die neu entwickelten Plattformen "KleeYa" und "Aquila" erstmals einem breiten Publikum vorgestellt. Was leisten diese Plattformen?


Bei Aquila handelt es sich um ein neuartiges Analysesystem im Bereich der Hämatologie, also im Bereich der Blutkrankheiten. KleeYa ist ein von uns entwickeltes Chemilumineszenz-Immunoassay-System der nächsten Generation. Beide Plattformen zeichnen sich durch einen hohen Automatisierungsgrad, eine hohe Flexibilität und ein innovatives Verbrauchsmaterialienkonzept aus. Bei KleeYa handelt es sich zudem um ein sogenanntes "offenes System". Das heißt, auf dieser Plattform können Tests von unterschiedlichen Diagnostikfirmen durchgeführt werden. Dies erhöht natürlich die Anzahl potenzieller Partner. Beide Plattformen werden von unserer 2016 erworbenen Tochtergesellschaft Diatron vermarktet.

Sie sprechen in Ihrer Pressemitteilung von einem positiven Feedback der Kunden. Welche Erwartungen haben Sie mittelfristig an Ihr erweitertes Plattformkonzept?


Aufgrund der bereits erwähnten hohen Anzahl an potenziellen Partnern sehen wir ein signifikantes Umsatzpotenzial für unsere neu entwickelten Plattformen. So erwarten wir allein für die KleeYa-Plattform in der Spitze Jahresumsätze nördlich der Zehn-Millionen-Euro-Marke. Da wir unsere Plattformen, anders als unsere kundenspezifischen Lösungen, an mehrere Kunden verkaufen können, sollte das erweiterte Plattformkonzept zudem helfen, unsere Kundenkonzentration in den nächsten Jahren zu senken.

Lassen Sie uns abschließend etwas weiter in die Zukunft blicken: Wo lauern mittelfristig die größten Chancen und wo die größten Risiken für das Stratec-Geschäftsmodell?


Aufgrund des demografischen Wandels, neuer Technologien bzw. Einsatzmöglichkeiten und dem Aufbau von Gesundheitssystemen in den Emerging Markets gilt die In-vitro-Diagnostik als sehr attraktiver Wachstumsmarkt. Neben diesem, für unsere Kunden relevanten Marktwachstum profitiert Stratec als OEM-Partner zudem von einem seit Jahren zunehmenden Outsourcing-Trend im Bereich von Automatisierungslösungen bei kleinen als auch großen Diagnostikunternehmen. Auf der Risikoseite ist sicherlich unsere weiterhin hohe Kundenkonzentration zu nennen, die wir aber nicht zuletzt durch die Diatron-Akquisition diversifizieren konnten. So haben wir beispielweise durch Diatron Kunden aus der Veterinärdiagnostik dazugewonnen.