Premierminister Antonis Samaras sieht in der erfolgreichen Rückkehr an den freien Kapitalmarkt eine Bestätigung seiner Reformpolitik. Ein drittes Hilfsprogramm sei nun nicht mehr nötig - bisher stützte die Troika Athen mit 240 Milliarden Euro. Zurückhaltender äußerte sich die stets auf die Einhaltung der Sparauflagen drängende Bundeskanzlerin. Sie bescheinigte dem Land zwar, schon viel erreicht zu haben, aber dem griechischen Volk stünden weiterhin schwierige Zeiten bevor.
Doch können Investoren wirklich darauf bauen, dass das Land seine Defizitprobleme löst, die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärkt und seine Schulden künftig in voller Höhe bedient? Griechenland ist immerhin mit 176 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Miesen, die Bonität liegt neun Stufen unterhalb des Investment-Grade. Der Schuldenberg lässt sich kaum durch Wachstum und Steuereinnahmen abtragen.
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Zu niedrig verzinst
Von einem erneuten Schuldenschnitt wären möglicherweise auch die Besitzer des jüngst ausgegebenen Bonds betroffen. "Trotz der Tatsache, dass die neue Anleihe nach britischem Recht ausgegeben wurde, können private Gläubiger im Gegensatz zum ersten Schuldenschnitt nicht sicher sein, am Ende der Laufzeit 100 Prozent des eingesetzten Kapitals zurückzubekommen", warnt Valentin Hofstätter. Der Anleiheexperte der österreichischen Raiffeisenbank International will nicht ausschließen, dass es im Fall einer Übernahme der Regierungsverantwortung durch die aktuell oppositionelle Syriza-Partei zu einer Neuverhandlung der Schuldenkonditionen kommt. "Angesichts der Risiken ist die Griechenland-Anleihe deutlich zu niedrig verzinst", so das Urteil des Fachmanns.
Im Vergleich zu ausfallgefährdeten Anleihen erscheint der Kauf griechischer Aktien weniger riskant. Mögliche Rückschläge können wieder aufgeholt werden. Für einen Einstieg spricht auch ein Kurs-Gewinn- Verhältnis von knapp vier. Allerdings sind die Notierungen in Athen schon sehr stark gestiegen. Innerhalb eines Jahres schaffte der Leitindex ein Plus von 29 Prozent. Die Rally kann zwar noch einige Zeit anhalten, fundamental gerechtfertigt ist sie aber nicht. In diesem Jahr wird die Wirtschaft gerade mal um 0,6 Prozent zulegen.
"Wirklich besorgniserregend ist, dass der Kapitalstock Griechenlands, also Maschinen, Fabrikgebäude und technische Anlagen, die zu Produktionszwecken eingesetzt werden, rapide schmilzt. Ohne produktivitätssteigernde Investitionen wird das Land aber zunehmend verarmen", warnt Bert Van Roosebeke. Der Finanzmarktexperte vom Centrum für Europäische Politik befürchtet, dass nach der erfolgreichen Platzierung der Anleihe die Reformbereitschaft in Griechenland sinkt. Van Roosebeke: "Für die Unternehmen wird es dann aber noch schwerer, international an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen."
Auf Seite 3: Hoffnung für zwei Sorgenkinder
Hoffnung für zwei Sorgenkinder
Deutlich besser fällt die Bilanz für die Anstrengungen Portugals aus, die Krise zu meistern. Durch Lockerungen im Arbeitsrecht ist die Produktivität der Unternehmen gestiegen, die Exporte nehmen zu, die Wirtschaft wächst, immer mehr Portugiesen finden wieder einen Job. Dank der Reduzierung der Staatsausgaben geht auch das Haushaltsdefizit schneller zurück als erwartet. Als Lohn erhält Portugal seine finanzielle Autonomie zurück. Wie zuvor schon Irland wird das Land voraussichtlich im Mai den Rettungsschirm verlassen. Ministerpräsident Passos Coellho wird nicht müde zu versichern, dass er auch weiterhin auf Haushaltsdisziplin, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum konzentriert bleiben werde.
Das macht Anleiheinvestments sicherer, die Ratingagentur Fitch änderte jüngst den Ausblick für portugiesische Staatspapiere von "negativ" auf "positiv". Die neue Dynamik erhöht auch die Chance auf nachhaltige Aktiengewinne. Seit Jahresanfang legte Portugals Aktienindex PSI 20 um rund 13 Prozent zu. Von seinem Höchststand im Sommer 2007 ist er noch 80 Prozentpunkte entfernt.
Auch Matteo Renzi, mit 39 Jahren jüngster Regierungschef Italiens, ist fest entschlossen, sein Land fit zu machen. Eine radikale Wende und frischer Wind sind auch dringend notwendig. Seit der Einführung des Euro vor 15 Jahren ist die drittgrößte Volkswirtschaft der EU praktisch nicht gewachsen, die Arbeitslosigkeit liegt mit 13 Prozent auf dem höchsten Stand seit den 70er-Jahren.
Renzi will nun Arbeitnehmer entlasten, die monatlich höchstens 1500 Euro verdienen. Sie sollen im Jahr rund 1000 Euro mehr zur Verfügung haben. "Der größte Teil davon dürfte in den Konsum fließen und so für mehr Wachstum sorgen", sagt der Chefvolkswirt von Generali, Klaus Wiener. Neben den Arbeitsmarktreformen will der forsche Ministerpräsident auch die Gewerbesteuer kürzen.
Das gefällt den Investoren. Sie steigen massiv in Aktien ein. Seit Januar kletterten die Kurse an der Börse in Mailand um zwölf Prozent. Weitere Zuwächse sind drin, die operativen Gewinne der Unternehmen liegen immer noch weit unter dem Niveau von vor der Eurokrise.
Dass Renzis Reformen möglicherweise zu einer Überschreitung des Defizitziels von drei Prozent führen könnten, stört die Investoren nicht. Schlimmer wäre es, wenn seine Regierungskoalition scheitern sollte. Denn Renzi gilt vielen als die letzte Hoffnung auf Besserung.
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