Wo man in Deutschland irgendwann hinwill, dort ist Südkorea längst angekommen. Zumindest in Sachen Internet. Dort surft man doppelt so schnell wie hierzulande. Vor Kurzem wurden flächendeckende 5G-Netze in Betrieb genommen. Auch deswegen belegt man seit Jahren einen der vordersten Plätze im Digitalierungsindex der Vereinten Nationen - Deutschland schafft da nur Rang 25.
Dass man in Sachen Technologie führend ist, sieht man auch an der Unternehmenslandschaft: Samsung Electronics ist einer der weltweit größten Hersteller von Speicherchips, Smartphones, TV-Geräten und Kühlschränken. Außerdem beliefert man - wie SK Innovation und LG Chem - Tesla und andere E-Auto-Hersteller mit Batteriezellen beziehungsweise Akkus.
Und dennoch schwächelt auch Koreas Börse. Man wird wegen der sinoamerikanischen Handelskrise "in Sippenhaft" genommen - wie auch andere Marktplätze weltweit. Zudem werden höhere Zölle für Ausfuhren in die USA befürchtet. Da lahmt dann auch die Konjunktur etwas. Zwar scheint das Wachstum mit gut zwei Prozent passabel, es ist aber so langsam wie seit dem Krisenjahr 2009 nicht mehr.
Kritisch ist in diesem Kontext auch die große Bedeutung der Chipherstellung. Wie Ökonomen der OECD meinen, ist die Wirtschaft wegen der Abhängigkeit vom Wachstum im Halbleitersektor und wenigen anderen Schlüsselbranchen anfällig für Schocks. Allein auf die Halbleiterindustrie entfielen in den zurückliegenden Jahren 80 Prozent aller Unternehmensinvestitionen und 20 Prozent aller Exporte.
Nicht ganz unschuldig an der schwächeren Konjunktur ist aber auch die linksgerichtete Regierung von Präsident Moon Jae-in. Offiziell will er zwar Deregulierung und Innovation fördern, doch viel passiert ist bisher nicht. Vielmehr hat er die Staatsausgaben erhöht: Das Personal im öffentlichen Dienst soll um 30 Prozent aufgestockt werden und der Mindestlohn bis 2022 um 50 Prozent steigen.
Mit dem Fiskalstimulus will die Regierung einer Krise vorbeugen. Allerdings wird es so für die Notenbank schwierig, trotz bereits steigender Inflation die Zinsen zu erhöhen, weil dies den Stimuluseffekt wieder dämpfen würde.
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Chancen und Risiken bei Samsung
Ganz wichtig für Südkoreas Wirtschaft ist Samsung Electronics. Mit einer Marktkapitalisierung von 198 Milliarden Euro ist es das mit Abstand größte Unternehmen des Landes. Entsprechend nimmt die Aktie im Leitindex Kospi die größte Position ein, und auch im MSCI-Welt-Leitindex für alle Schwellenländer gehört Samsung zu den Top 5 der gewichtigsten Einzelwerte.
Umso schlimmer also, wenn das Unternehmen schlechte Zahlen berichtet. Im ersten Quartal 2019 wurde 57 Prozent weniger verdient als im Vorjahr, und der Konzernumsatz ging um 14 Prozent zurück. Allerdings - und das ist der gute Aspekt der schlechten Nachricht - war dies nach einer Gewinnwarnung von den Marktteilnehmern so erwartet worden.
Das Hauptproblem für Samsung sind die sinkenden Preise für Speicherchips. Hinzu kam, dass man zuletzt auch technologische Rückschläge verkraften musste. So wurde der Start des Falt-Smartphones wegen brechender Displays verschoben. Und schließlich leidet der weltgrößte Smartphone- und Speicherchiphersteller unter der Konkurrenz chinesischer Rivalen, beispielsweise unter Huawei. Dass Huawei künftig nicht mehr mit Android versorgt werden soll, verschafft den Koreanern jetzt allerdings ganz unverhofft Luft im Konkurrenzkampf.
Und auch die fallenden Preise für Chips könnten bald der Vergangenheit angehören. Erstens ist die Etablierung des Internets der Dinge ein möglicher Treiber für den Absatz. Zweitens könnte sich die Nachfrage nach Smartphones wieder erholen, wenn der neue Mobilfunkstandard 5G großflächig auch in anderen Ländern zum Einsatz gelangt. "Unser Ziel bei 5G-Netzen ist ein Marktanteil von 20 Prozent", sagt Kim Young-ky, Vizechef von Samsungs Netzsparte.
Der Aktienkurs gibt diese Ambitionen ebenfalls wieder: Samsung notiert an der koreanischen Börse in Busan lediglich zehn Prozent unter seinem im April erreichten Zwischenhoch und hat die jüngste Korrektur passabel verdaut - zum Höchstkurs 2018 fehlen allerdings 22 Prozent.
Für Anleger ist die aktuelle Marktlage eine Herausforderung. Allerdings ist Korea mit einem durchschnittlichen KGV von 10,5 einer der günstigsten Märkte der Welt überhaupt. Positiv!