Deutschlands drittgrößter Versicherer Talanx hat zu Jahresbeginn trotz einer Reihe von Großschäden überraschend viel verdient. Der Nettogewinn kletterte im ersten Quartal um 16 Prozent auf 251 Millionen Euro, wie der Konzern am Montag mitteilte. Von Reuters befragte Analysten hatten eigentlich mit einem Rückgang gerechnet. Vorstandschef Herbert Haas bleibt aber wegen des schwierigen Marktumfelds bei seiner vorsichtigen Jahresprognose, wonach der Jahresgewinn auf etwa 700 (Vorjahr: 769) Millionen Euro schrumpfen dürfte. "Angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfelds und wettbewerbsintensiver Industrie- und Rückversicherungsmärkte stehen wir weiterhin vor großen Herausforderungen", erklärte er. Noch habe der Konzern sieben Monate vor sich, da könne viel passieren.
Bei den Anlegern überwog die Zuversicht: Mit einem Plus von knapp drei Prozent setzte sich die Talanx-Aktie am Vormittag an die Spitze des Nebenwerteindex MDax.
Im Auftaktquartal stiegen zwar die gebuchten Bruttoprämien deutlich, wobei Talanx im Auslandsgeschäft auch vom schwachen Euro profitierte. Allerdings musste der Konzern mehr Großschäden schultern: 156 (41) Millionen Euro. Allein Sturm "Niklas" im März schlug mit rund 60 Millionen Euro zu Buche, hinzu kamen der Absturz des Germanwings-Flugs in den französischen Alpen und einige große Feuerschäden. Insgesamt blieben die Großschäden jedoch innerhalb des dafür veranschlagten Budgets.
Über die Tochter Hannover Rück ist Talanx auch in der Rückversicherung tätig. Hier drängen immer mehr alternative Anbieter wie Fonds gerade ins Naturkatastrophengeschäft, was zu einem Preiskampf führt. Hannover Rück kann diesem aber besser trotzen als zuletzt Marktführer Münchener Rück. Als mit die schwierigste Aufgabe betrachtet Haas die langfristige Sanierung des deutschen Privatkundengeschäfts. Hier steht eine teure Modernisierung der IT an, um Boden zur Konkurrenz gutzumachen, insbesondere in der Schaden- und Unfallversicherung.
Auf die strengere Branchenregulierung unter dem Stichwort "Solvency II" sieht sich Talanx gut vorbereitet. Das neue Kapital-Regelwerk wird in der EU im Januar 2016 eingeführt. Es zieht die mit den Kapitalanlagen der Versicherer verbundenen Risiken stärker ins Kalkül. In Kürze will Talanx sein dafür erarbeitetes internes Modell der deutschen Finanzaufsicht BaFin vorstellen. Der Chef der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA, Gabriel Bernardino, warnte die Assekuranz in einem Reuters-Interview noch einmal eindringlich davor, die neuen Modelle nutzen, um ihren Kapitalbedarf kleinzurechnen. Es dürfe nicht passieren, dass die Risikomodelle selbst in Misskredit gerieten - wie das bei den Banken passiert sei.
Reuters