Nach den verheerenden Zerstörungen durch Tief "Bernd" im Juli mussten der Versicherer und seine Rückversicherungstochter Hannover Rück zwar hohe Schäden begleichen. Allerdings holten sie sich einen Großteil von anderen Rückversicherern zurück - und kamen glimpflich davon.

Für die Talanx-Aktie ging es nach den Nachrichten dennoch abwärts. Am Vormittag büßte das Papier 1,39 Prozent auf 41,14 Euro ein und war damit zweitschwächster Titel im MDax , in den sie Ende Oktober aufgestiegen war. So sind die Zahlen der Hannover Rück bereits seit Anfang November bekannt, und auch die Gewinnerwartungen für 2021 und 2022 überraschten Experten kaum.

Für das laufende Jahr rechnet die Talanx-Führung jetzt mit einem Nettogewinn am oberen Ende der bisherigen Zielspanne von 900 bis 950 Millionen Euro. Für das kommende Jahr peilt der Vorstand einen Überschuss auf 1,05 bis 1,15 Milliarden Euro an. Das wäre der erste Milliardengewinn in der Geschichte des Konzerns. Analysten waren jedoch für beide Jahre im Schnitt bereits von Ergebnissen am oberen Ende der jeweiligen Spanne ausgegangen.

Im dritten Quartal bekam der Konzern die Flutkatastrophe infolge von Tief "Bernd" in Deutschland und Nachbarländern durchaus zu spüren. Der Überschuss sank im Vergleich zum coronageprägten Vorjahreszeitraum um neun Prozent auf 177 Millionen Euro.

Dabei beglichen Talanx und Hannover Rück bei ihren Kunden infolge der Flutkatastrophe Versicherungsschäden in Höhe von insgesamt mehr als einer Milliarde Euro. Der Talanx-Konzern ist in den von der Flut am stärksten getroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mit seiner Marke HDI stark vertreten - auch weil er mit dem Kauf des früheren Kölner Rivalen Gerling vor 15 Jahren viele Kunden in der Region übernommen hatte.

Allerdings hatten Talanx und Hannover Rück einen Großteil der Risiken bei anderen Unternehmen weltweit rückversichert, wie Finanzchef Jan Wicke in einer Telefonkonferenz erklärte. Zudem hatten sie Risiken mithilfe von Katastrophenanleihen an Anleger am Kapitalmarkt weitergereicht. Dadurch schlug die Flutkatastrophe bei dem Konzern netto nur mit 321 Millionen Euro zu Buche, davon 214 Millionen bei der Hannover Rück.

Der durchschnittliche Versicherungsschaden durch Tief "Bernd" habe alle Erwartungen übertroffen, sagte Wicke. Ihm zufolge warnen solche Starkregen-Ereignisse in den Risikokarten bisher noch zu wenig berücksichtigt. So rissen die Fluten mit ungekannter Wucht Häuser und Brücken mit. Viele Menschen kamen ums Leben.

Wer in solch gefährdeten Regionen lebe und sich gegen Elementarschäden wie Hochwasser versichern wolle, müsse mit einem deutlichen Anstieg der Prämien rechnen, sagte Wicke. Das bedeute aber nicht, dass die Prämien überall steigen würden. Kritik übte der Manager an Teilen des Wiederaufbaus in den betroffenen Regionen. So würden Baugenehmigungen auch für Bereiche erteilt, für die weitere Starkregenereignisse zu erwarten seien.

Die deutsche Versicherungsbranche will den Versicherungsschutz gegen Elementarschäden in der Gebäudeversicherung zum Standard machen. Kunden müssten diesen Vertragsbaustein dann aktiv abwählen. Allerdings braucht sie dafür eine gesetzliche Regelung. Zugleich fordert der Branchenverband GDV ein nachhaltiges Umsteuern der öffentlichen Hand, etwa durch klare Bauverbote in hochwassergefährdeten Gebieten.

Unterdessen belasteten die Folgen der Corona-Pandemie den Talanx-Konzern weiter. Hatten im Jahr 2020 noch die Schließung von Betrieben während der Corona-Lockdowns am Ergebnis gezehrt, schlagen nun die vielen Corona-Toten in mehreren Ländern teuer zu Buche. Besonders betroffen ist die Hannover Rück in den USA und Südafrika. Aber auch Talanx verzeichnete im Erstversicherungsgeschäft vor allem in Polen in diesem Jahr bereits eine steigende Zahl von Sterbefällen - und damit höhere Versicherungsleistungen.

Im kommenden Jahr will der Vorstand das Geschäft weiter ausbauen - wenn auch nicht ganz so stark wie 2021. So sollen die Bruttoprämieneinnahmen des Konzerns währungsbereinigt um einen mittleren einstelligen Prozentsatz wachsen. Für das laufende Jahr geht er von einem Plus im oberen einstelligen Prozentbereich aus, nachdem nach den ersten neun Monaten bereits ein Zuwachs von mehr als zwölf Prozent zu Buche steht.

Die Eigenkapitalrendite soll 2021 neun Prozent erreichen und 2022 auf etwa zehn Prozent steigen. Weitere Pläne für die kommenden Jahre will der Konzern zu seinem Kapitalmarkttag an diesem Mittwoch (17. November) veröffentlichen.

dpa-AFX