"Um einen reibungslosen Übergang sicherzustellen, hat der Aufsichtsrat bereits den Prozess für die Suche nach einem Nachfolger eingeleitet", teilte das im MDAX notierte Unternehmen am Sonntagabend in Göppingen mit. Vorstandschef Oliver Steil darf dagegen bleiben. Sein Vertrag werde bis Oktober 2024 verlängert.

Anleger reagierten am Montagmorgen zunächst positiv auf die Nachricht. Im frühen Handel legte die Aktie um gut 2,3 Prozent auf mehr als 14 Euro zu. Zuletzt notierte sie aber nur noch rund 0,1 Prozent höher bei 13,78 Euro und gab ihre Gewinne damit weitgehend wieder ab. In den Wochen zuvor hatte der Kurs deutlich eingebüßt: Ende September hatte ein Teamviewer-Papier noch rund 29 Euro gekostet.

Analystin Stacy Pollard von der US-Bank JPMorgan kommentierte, der Weggang Gaisers sei wohl ein gutes Zeichen. Experte Andreas Wolf von Warburg Research fügte an, dass die Änderungen im Vorstand ein kleiner erster Schritt seien, um das Vertrauen bei Investoren zurückzugewinnen. Die Prognosesenkungen im laufenden Jahr sowie der millionenschwere Sponsorvertrag mit Manchester United würden mit der Person des Finanzvorstands in Verbindung gebracht.

Die beiden Manager Steil und Gaiser waren bei Investoren zuletzt in Kritik geraten, da der Aktienkurs stark gesunken ist. Der Börsenwert des Unternehmens fiel in diesem Jahr um fast 70 Prozent auf nur noch 2,8 Milliarden Euro. Grund dafür waren unter anderem Zweifel an den Wachstumsaussichten und teure Sportsponsor-Verträge, die die Profitabilität schmälern. In der vergangenen Woche rutschte der Kurs unter die Marke von 14 Euro. Teamviewer wurde im Herbst 2019 vom Finanzinvestor Permira zu 26,25 Euro das Stück an die Börse gebracht.

Bis zum Februar dieses Jahres war der Hersteller von Fernwartungs- und Homeofficesoftware eine Erfolgsgeschichte am Kapitalmarkt. So war der Kurs im Juli 2020 befeuert von guten Geschäften infolge der Corona-Pandemie bis auf fast 55 Euro geklettert. Permira hatte den Kursanstieg immer wieder zu Anteilsverkäufen genutzt - zuletzt im Februar dieses Jahres. Damals verkaufte der Finanzinvestor 13,2 Millionen Aktien für 44,50 Euro das Stück.

Der Anteil Permiras sank damit um sieben Prozentpunkte auf rund 20 Prozent. Dieses Paket ist derzeit nur noch etwas mehr als 550 Millionen Euro wert. Der Finanzinvestor hat allerdings bereits viele Milliarden verdient. Die Einnahmen aus dem Börsengang und Aktienverkäufen summieren sich auf rund 5,4 Milliarden Euro und damit auf ein Vielfaches des Kaufpreises von 2014. Steil und Gaiser zählten unter anderem wegen des erfolgreichen Börsengangs und des Aktien-Höhenflugs bis Anfang des Jahres mit zweistelligen Millionengehältern zu den am besten verdienenden Managern Deutschlands.

Neben dem Wechsel an der Spitze des Finanzressorts will Teamviewer den Vertrieb stärken und erweitert deshalb den Vorstand. So soll es vier statt bisher drei Vorstände geben. Das zusätzliche Mitglied soll einen klaren Fokus auf den Vertrieb haben. "Der Aufsichtsrat wird den Prozess für die Suche nach einem geeigneten Kandidaten einleiten, der diesen Verantwortungsbereich im Vorstand übernimmt", hieß es in der Mitteilung.

Aufsichtsratschef Abraham Peled hofft, dass der Vorstandsumbau den Kurs wieder nach oben treiben kann. "Eine der Top-Prioritäten des Führungsteams wird es sein, das Vertrauen des Kapitalmarkts zurückzugewinnen", sagte er laut Mitteilung. Die jüngsten Entwicklungen seien sehr enttäuschend gewesen. "Aufsichtsrat und Management haben dies ausführlich analysiert und ein Maßnahmenpaket für Oliver Steil und das gesamte Führungsteam erarbeitet. Dieses legt einen klaren Fokus auf die wichtigsten strategischen Initiativen, die Anpassung der Kostenstruktur sowie die konsequente Umsetzung der Strategie."

Mit den jüngsten Entwicklungen meinte Peled vor allem das schwache dritte Quartal und die deshalb gesenkte Prognose für das laufende Jahr. Anfang Oktober musste Teamviewer die Ziele bei den Rechnungsstellungen (Billings), beim Umsatz und für die Profitabilität zusammenstreichen. Zur Jahreshälfte hatte der Vorstand des Spezialisten für Fernwartungs- und Videokonferenzsoftware noch am Ausblick festgehalten, wenn auch mit einem verhalteneren Blick auf die Wachstumspläne.

Teamviewer peilt bei den Billings im Gesamtjahr nur noch zwischen 535 Millionen Euro und 555 Millionen Euro an. Zuvor hatte das Management das untere Ende der Spanne von 585 bis 605 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Der für dieses Jahr gebuchte Umsatz dürfte 495 bis 505 Millionen Euro betragen anstatt um die 525 Millionen Euro. Der Unterschied zwischen Billings und Umsatz besteht darin, dass die Rechnungsstellungen das jeweils für die kommenden zwölf Monate in Rechnung gestellte Vertragsvolumen einbeziehen, der Umsatz aber nur die auf den Berichtszeitraum selbst entfallenden Beträge.

Auch die Profitabilität wird unter den eingetrübten Wachstumsaussichten leiden. Bei der operativen Marge gemessen am bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) senkte das Unternehmen die Zielspanne auf 44 bis 46 Prozent der Billings, nachdem der Vorstand zuletzt noch von 49 bis 51 Prozent ausgegangen war. Hier hatte Teamviewer die Anleger schon einmal in diesem Jahr verschreckt, als mit dem englischen Premier-League-Fußballclub Manchester United ein teurer Werbevertrag als Haupttrikotsponsor geschlossen wurde, was die Kosten fürs Marketing anschwellen ließ. Auch beim Mercedes-Formel-1-Team platzierte Teamviewer sein Logo.

Die Werbeausgaben sollen langfristig das Wachstum ankurbeln, schlagen aber erst einmal ins Kontor: So sackte die bereinigte operative Marge (Ebitda) im dritten Quartal auf rund 34 Prozent ab. Vor einem Jahr lag die Marge bei rund 55 Prozent. Trotz der Investitionen in die Sponsorverträge kappte Teamviewer im Oktober die mittelfristige Prognose. Aus den angepeilten eine Milliarde Euro Billings im Jahr 2023 wird nichts, nun rechnet Teamviewer für das Jahr 2022 und darüber hinaus mit Wachstum im oberen Zehnerprozentbereich. Der Umsatz dürfte ab kommendem Jahr im mittleren Zehnerprozentbereich wachsen.

dpa-AFX