Roboter, Cloud-Computing, Internet der Dinge, virtuelle Realität, Drohnen, autonomes Fahren - schon die Vielzahl an neuen Begriffen kann Schwindelgefühle auslösen. Doch für Anleger sollte sich der Kampf durch das Themendickicht lohnen, das die Technologiebranche bereithält. Denn: Neue Trends frühzeitig zu erkennen, zahlt sich an der Börse meist in klingender Münze aus. Unternehmen, die in Zukunftssegmenten gut aufgestellt sind, haben hervorragende Wachstumsaussichten.

Speziell für junge Menschen gilt längst: Ohne Technikaffinität droht im Sozialleben und bei der Karriere das Abstellgleis. Die Bedeutung der Technologie spiegelt sich längst auch an den Börsen wider. Nicht umsonst stellt der Sektor inzwischen die fünf Aktien mit dem höchsten Börsenwert weltweit. Und ein Ende des Trends ist nicht abzusehen. Der technologielastige Nasdaq Composite Index ist auf Rekordkurs eingeschwenkt. Und auch beim Stoxx Europe 600 Technology Index stehen die Zeichen nach einem Plus von 20 Prozent inzwischen auf Bullenmarkt.

Hintergrund ist ein neuer technologischer Innovationsschub, der Experten zufolge unmittelbar bevorsteht. Roboter als hilfreiche Hausgenossen für ältere Menschen oder als präzise arbeitende Chirurgen, Drohnen, die Online-Einkäufe selbstständig zum Empfänger bringen - all das ist längst keine Zukunftsmusik mehr.

Die Zukunft beginnt jetzt



Die meisten Unternehmen - auch abseits des Techsektors - müssen auf der Digitalisierungswelle mitschwimmen, sonst wird es eng. Das sehen auch viele Manager so. Fast drei Viertel aller Unternehmenslenker stimmen der Aussage zu, dass bereits die kommenden drei Jahre darüber entscheiden, wer den rasanten Transformationsprozess in der Wirtschaft überlebt und wer auf der Strecke bleibt. Laut einer KPMG-Umfrage unter rund 1300 Vorstandschefs von Unternehmen aus zehn Ländern sind sogar 95 Prozent der Meinung, dass die -bevorstehende Dreijahres-Zeitspanne für die Zukunft des eigenen Unternehmens entscheidender ist als es die zurückliegenden fünf Jahrzehnte waren.

Angelika Huber-Straßer von der Wirtschaftsprüfungs- und -beratungsfirma KPMG sagt dazu: "Vom Internet der Dinge über künstliche Intelligenz bis hin zur virtuellen Realität: Die umfassende Transformation der Wirtschaft ist in vollem Gange, und so sehen sich mehr oder weniger alle CEOs mit der Frage ,Transformation - jetzt oder nie‘ konfrontiert. Für neun von zehn Vorstandschefs in Deutschland gehört das Thema Innovation zu den Top 3 auf ihrer persönlichen Agenda." Bei all dem komme es vor allem auf Schnelligkeit an: "Nicht nur bei der Entwicklung von Innovationen, sondern auch in der Kommunikation mit Mitarbeitern und Kunden, deren Bedürfnisse sich rasant wandeln."



Für Techunternehmen, die beim Wandel mit ihren Produkten und Dienstleistungen helfen können, bedeutet das eine günstige Ausgangslage. Viele dieser Gesellschaften scheffeln bereits richtig Geld oder haben zumindest sehr gute Chancen, genau das in naher Zukunft zu tun. Schon jetzt sind die großen US-Branchenvertreter gemessen an dem im ersten Quartal erwirtschafteten freien Cashflow von 250 Milliarden Dollar spitze. Auch beim Verhältnis von freiem Cashflow zum Umsatz - im Schnitt 20,5 Prozent - kann laut der Analysten der UBS keine andere Branche mithalten. Ein Pluspunkt, der nicht nur die Kassen füllt und für finanziellen Spielraum bei Übernahmen sorgt, sondern Aktienrückkäufe und zunehmend auch Dividendenausschüttungen ermöglicht.

Für den Hightechsektor in den USA ist die soeben zu Ende gegangene Berichtssaison gut verlaufen. Fast drei Viertel der Branchenvertreter übertraf die Prognosen, weshalb die Analysten ihre Schätzungen für das dritte Quartal nach oben schraubten. Selbst im wachstumsarmen Europa sehen die Konsensvorhersagen für den IT-Sektor nach einer Delle in diesem Jahr für 2017 wieder Gewinnzuwächse von fast 20 Prozent. 2018 soll es um weitere 14 Prozent nach oben gehen. Ob das eingelöst werden kann, bleibt zwar noch abzuwarten, das Marktumfeld birgt aber die dafür nötige Dynamik.

Als konkrete Beispiele für diese These taugen folgende vier Fälle:

Cisco Systems sagt für den weltweiten Cloud-Traffic von 2014 bis 2019 eine Vervierfachung von 2,1 Milliarden auf 8,6 Milliarden Terabyte voraus.

• Die Bank-of-America-Tochter Merrill Lynch sieht die Umsätze mit künstlicher Intelligenz bis 2025 von zwei Milliarden auf 127 Milliarden Dollar explodieren.

• Die Deutsche Bank zeigt in einer Studie, dass dem Halbleitermarkt für Fahrassistenzsysteme und autonomes Fahren von 2015 bis 2020 jährliche Zuwachsraten von 16 Prozent zugebilligt werden. Zwischen 2020 bis 2025 soll das Wachstum immerhin noch durchschnittlich zwölf Prozent pro Jahr betragen.

• Die Analysten der Credit Suisse glauben, dass Virtual und Augmented Reality in zehn Jahren größer sein könnte als der heutige Smartphone-Markt von rund 400 Milliarden Dollar.



Für Ulrich Kaiser, Techanalyst der Credit Suisse, untermauern diese Thesen die exzellenten Aussichten: "In einem zunehmend von gesamtwirtschaftlichen und -politischen Sorgen geprägten Umfeld favorisieren wir den IT-Sektor, der nach wie vor von äußerst positiven langfristigen Wachstumstreibern profitiert."

Wobei im Schnitt auch noch relativ vertretbare Bewertungen hinzukommen. In den USA weist der Sektor einen kleinen Abschlag zum Durchschnitt seit 1990 auf, während der S & P 500 mit einem Bewertungsaufschlag von 16 Prozent gehandelt wird, wie Kelly Bogdanov vorrechnet. Die Portfolio-Analystin von RBC Wealth Management schlussfolgert daraus: "Aus unserer Sicht machen vernünftige Bewertungen in Kombination mit attraktiven Wachstumsaussichten diesen Sektor zu einem geeigneten Kandidaten für eine Übergewichtung im Portfolio."

Die Klassiker



Als Basisinvestment für ein Zukunftsdepot bieten sich die Giganten der Branche an: Werte wie Alphabet, Amazon oder Facebook glänzen in einer wachstumsarmen Welt nicht nur durch die für die kommenden fünf Jahre prognostizierten jährlichen Gewinnsteigerungsraten von 18, 25 oder gar 50 Prozent. Was zusätzlich überzeugt, sind die aussichtsreichen Aktivitäten in mehr als nur einem Geschäftsfeld.

So setzt Facebook neben dem Stammbereich soziale Medien stark auf Virtual Reality, Amazon mischt die Welt nicht nur als Online-Versandhändler, sondern auch als Anbieter von Cloud-Diensten auf. Und Alphabet hat, wie es scheint, fast überall irgendwie die Finger mit im Spiel. Den Granden der Branche kommen dabei Plattformstrategien zugute, die es ihnen erlauben, verschiedene Geschäftsbereiche zu beackern, ohne sich dabei zu verzetteln. Auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig können auch Halbleiterunternehmen mit einem zukunftsträchtigen Produktportfolio tanzen. Sie müssen dazu nicht einmal ihre angestammte Branche verlassen, denn für Diversifikation sorgt der zunehmende Einsatz von Halbleitern in sehr vielen verschiedenen Feldern. Gut aufgestellt zu sein scheint unter anderem NXP Semiconductors. Die Niederländer haben zum einen das richtige Angebot für die Elektrifizierung des Autos, drahtlose Kommunikationsaktivitäten, elektronische Reisepässe und andere aufkommende Bereiche. Zum anderen ist der Konzern nach der Fusion mit Freescale groß genug, um den immer größeren Herausforderungen bei der Produktsicherheit gerecht zu werden.



Tempomacher SAP



Ein deutscher Hoffnungsträger im Technologiewettlauf ist der im DAX notierte Softwarekonzern SAP mit der innovativen Plattform Hana. Hierzu hieß es zuletzt, die Kunden würden viermal schneller auf S4/Hana umsteigen als bei Vorgängerversionen der Geschäftssoftware. Wachstumstreiber ist die Cloud-Technologie. Cloud-Computing ist - kurz skizziert - die Auslagerung von Daten und Applikationen. Das bedeutet: Ein Programm wird nicht mehr auf der Festplatte eines Computers installiert, sondern in einem gesicherten Bereich im Internet auf externen Servern gespeichert - in einer sogenannten Datenwolke, oder eben Cloud. Das hat zum Beispiel den Vorteil, dass Updates nicht mehr auf jedem Rechner einzeln installiert werden müssen, sondern zentral durchgeführt werden können. Außerdem haben alle Mitarbeiter mit entsprechender Zugangsberechtigung Zugriff auf alle benötigten Daten - egal, wo in der Welt sie sich gerade auf Geschäftsreise befinden.

Deshalb ist Cloud nach wie vor ein Stichwort, an dem sich viel Wachstumsfantasie entzündet. Zu den Profiteuren zählen auch Anbieter von Rechenzentren, welche die Infrastruktur für die ausgelagerte Datenspeicherung stellen. In diesem Bereich ist der britische Data-Center-Spezialist Iomart tätig, dessen Aktie im Branchenvergleich durch besonders günstige Bewertungsparameter auffällt.

Auf Siegestour befinden sich auch Automatisierungstechniken. So kommt etwa Roboter-Chirurgie immer öfter zum Einsatz. Ein Unternehmen, das stärker in diesen Bereich vordringen will, ist der US-Konzern Medtronic, der seinen Hauptsitz inzwischen aus den Vereinigten Staaten nach Irland verlegt hat. Das belegt der jüngste Einstieg beim israelischen Wettbewerber Mazor Robotics und der Lizenzkauf zur kommerziellen Nutzung des Medizinroboters MIRO.

Weniger spektakulär als der Einsatz von Robotern im Gesundheitswesen ist das, was die ALSO Holding als IT-Großhändler macht. In Europa sind die Schweizer der drittgrößte IT-Distributor, der in seinem Onlineshop mehr als 160 000 Hard- und Softwareprodukte vertreibt. Intern vorgenommene Umbaumaßnahmen versprechen weiter steigende Gewinne und eine nachhaltige Neubewertung.



Mehr Strahlkraft als der profane Verkauf von Hard- und Software haben freilich Videospiele, die auf der neuen Virtual- oder Augmented-Reality-Technologie basieren. Das lässt sich allein an den rund 500 000 Besuchern ablesen, die zu der vom 17. bis 21. August laufenden Computer- und Videospielemesse Gamescom in Köln strömen dürften. Eines der Hauptthemen dort wird Virtual Reality sein. Welches Potenzial das birgt, deutet der Hype um den neuen Nintendo-Spielehit "Pokémon Go" an. Keine reinrassigen Player, aber mit eigenen Produkten in dem Segment aktiv, sind Sony und Samsung Electronics. Die beiden asiatischen Konglomerate sind außerdem auch in anderen Geschäftsfeldern wie Halbleiter oder Smartphones aktiv, was das Klumpenrisiko senkt. Zuletzt gestiegene Aktienkurse deuten überwundene geschäftliche Schwächeanfälle an, mit denen beide jahrelang zu kämpfen hatten.

Eher noch so etwas wie ein Geheimtipp ist ESI Group. Dahinter steckt ein französischer Anbieter von virtuellen PrototypEntwicklungslösungen für die Fertigungsindustrie. Der Kurs ist hier zwar bereits auf ein neues Hoch vorgerückt, aber die speziell im Branchenvergleich günstige Bewertung lässt auf ein unterschätztes Potenzial der angebotenen Virtual-Prototyping-Lösungen schließen.

Auch die Chinesen haben mit Alibaba ein Eisen im Feuer, das ähnlich wie der US-Konkurrent Amazon neben dem E-Commerce-Geschäft Cloud-Computing-Services und mit Alipay ein eigenes Bezahlsystem offeriert. Gelingt es dem chinesischen Unternehmen, das Konzept ähnlich erfolgreich umzusetzen, wie es der US-Konkurrent vorgemacht hat, birgt allein schon die Größe des Heimatmarkts das Potenzial, um beim Börsenwert früher oder später in die Phalanx der US-Riesen einzubrechen.