Womöglich werde es nun für junge Unternehmen schwerer, die Börse zur Finanzierung des Wachstums anzuzapfen. "Aber das Geschäftsmodell und die Märkte, auf denen wir aktiv sind, lassen sich mit diesen Fällen überhaupt nicht vergleichen."

Die Aktien des Online-Händlers Zalando und der Internet-Holding Rocket sind seit den vielbeachteten Börsengängen in der vergangenen Woche jeweils um rund 20 Prozent abgestürzt. Banker glauben, dass Tele Columbus davon nicht ganz unberührt bleiben wird: "Natürlich werden Investoren nach den Flops genauer auf die Bewertung schauen und einen etwas konservativeren Ansatz fordern", sagte ein in die Vorbereitungen involvierter Banker. Auch der Internet-Marktplatzbetreiber Scout24 (AutoScout, ImmobilienScout) will seine Börsenpläne ungeachtet der Turbulenzen um Zalando Finanzkreisen zufolge noch in dieser Woche offiziell machen.

Die Erstnotiz von Tele Columbus wird noch für diesen Monat erwartet. Einen Verkauf in letzter Minute schließt Tele Columbus aus: "Unser Weg führt ganz klar Richtung Börse. Um es deutlich zu sagen: Auf uns ist in letzter Zeit niemand zugekommen, und wir führen keine Gespräche über einen möglichen Verkauf", sagte Posnanski. Die Deutsche Telekom hatte abgewinkt.

Tele Columbus selbst will 300 Millionen Euro an der Börse einsammeln, die vornehmlich zum Abbau der Schuldenlast von rund 550 Millionen Euro verwendet werden sollen. Doch der Börsengang soll insgesamt größer ausfallen, wie Posnanski andeutet. "Es ist davon auszugehen, dass auch unsere bisherigen Eigentümer beim Börsengang Anteile abgeben werden." Damit könnten mehr als die Hälfte von Tele Columbus in Streubesitz kommen. Große Investoren verschmähen oft Emissionen mit einem Volumen von weniger als 500 Millionen Euro, weil sie eine zu geringe Liquidität im Aktienhandel fürchten.

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ZWEI FLIEGEN MIT EINER KLAPPE

Die Eigentümer von Tele Columbus sind Banken und Hedgefonds, die im Zuge der Restrukturierung 2009 Kredite in Eigenkapital getauscht hatten. Ein Verkauf an KDG war 2013 am Widerstand des Kartellamts gescheitert. Die Fonds suchen mit dem Börsengang die zweite Chance zum Ausstieg. Tele Columbus selbst kann damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn zeitgleich soll die Finanzierung auf eine neue, günstigere Basis gestellt werden - was wiederum Einfluss auf den Börsenwert haben soll, wie der Finanzchef sagte.

Mehr als 200 Millionen Euro sollen in den Abbau der Schulden fließen, der Rest in den Ausbau des eigenen Netzes. "Mit dem geplanten Börsengang bekommen wir mehr Flexibilität für unsere Wachstumsstrategie", sagte Posnanski. "Unsere versorgten Netze sind zu 54 Prozent für schnelles Breitband-Internet aufgerüstet. Mittelfristig sollen es 70 Prozent werden." Erst danach dürfen die Aktionäre auf eine Dividende hoffen. Tele Columbus versorgt 1,7 Millionen Fernseh-Haushalte, vor allem im Osten. Damit rangiert das Berliner Unternehmen unter den Kabelnetzbetreibern in Deutschland auf dem dritten Rang hinter Marktführer Kabel Deutschland (KDG) und UnityMedia.

Tele Columbus hält neben seinen Börsenplänen Ausschau nach kleineren Kabelanbietern. "Davon gibt es in Deutschland noch sehr viele. Und viele nutzen ihr Netz bislang nur für die Fernseh-Versorgung", sagte Posnanski. Für eine Übernahme der ehemaligen Schwesterfirma Primacom stiegen ebenfalls die Chancen. "Ein Zusammenschluss mit PrimaCom hätte durchaus eine gewisse Logik, war aber in der Vergangenheit nicht realisierbar", sagte der Finanzvorstand. "Ob sich nach einem Börsengang für die Zukunft neue, sinnvolle Perspektiven in dieser Richtung ergeben, müssten wir zu gegebener Zeit prüfen."

Reuters